"Ostermärsche erfolgreich beendet"
Mehr Demos und mehr Menschen als im Vorjahr - "Signal für eine andere Politik" - Friedensbewegung zufrieden
Im Folgenden dokumentieren wir Pressemitteilungen von-
der bundesweiten Infostelle Ostermarsch, Frankfurt a.M.
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dem Bundesausschuss Friedensratschlag, Kassel,
der Bonner Friedenskooperative und von
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Bernhard Nolz (für die Pädagogen für den Frieden)
Presseinformation Nr. 10
Zehntausende Menschen beteiligten sich nach den der „Infostelle Ostermarsch 2007“ vorliegenden Angaben in 84 Städten an den traditionellen Ostermärschen der Friedensbewegung. Die Organisatoren der örtlichen und regionalen Friedensinitiativen zeigten sich mit der Beteiligung vor allem jüngerer Menschen und der politischen Eindeutigkeit „bei bunter Vielfalt“ zufrieden.
Die Organisatoren verstehen die Osteraktionen als Signal für eine andere Politik. Eine „moderne Politik“, die militärische Intervention in rohstoffreichen Gebieten der Welt als Friedenspolitik ausgibt, lehnen sie ab. Angesichts einer Parlamentsmehrheit für militärische Aufrüstung und Intervention ist Widerstand gegen alles Militärische dringend geboten. Denn das Beispiel Irak zeige täglich, dass mit Krieg kein Frieden zu schaffen und mit militärischen Mitteln kein Terror zu besiegen ist. Krieg ist vielmehr die Ursache für sich steigernde Gewalt in der Welt.
Abgelehnt wurde eine deutsche Beteiligung an stattfindenden und weiteren Kriegen, die Produktion neuer kostspieliger Rüstungsprojekte für diese Kriege und der Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Verlangt wurde der Rückzug deutscher Truppen von Auslandseinsätzen, keine Tornados für Afghanistan, die Abschaffung aller Atomwaffen – insbesondere die in unserem Land lagernden - und ein Verbot des Rüstungsexports. Vorgeschlagen wurden wirksame Instrumente zur zivilen Konfliktlösung. Gefordert wurde eine politische Lösung wie eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten sowie eine Nichtangriffsgarantie der USA für den Iran.
Die Demonstranten verlangten von der Bundesregierung Rüstungsmilliarden zivilen Projekten zuzuführen, „spart endlich an der Rüstung!“, hieß es. Gefordert wurde eine aktive deutsche Rolle bei der Durchsetzung globaler Gerechtigkeit statt militärischer Vorherrschaft und der Respektierung des Völkerrechts statt weiterer Präventivkriege. Die Demonstranten wollen eine neue Politik, die auf Gerechtigkeit, Solidarität, Armutsbekämpfung und nachhaltigem Umgang mit der Natur basiert.
Demonstriert wurde an wichtigen Schaltstellen der Kriegsplanung wie dem Sitz des „Kommando Operative Führung Einsatzkräfte“ in Potsdam, der strategischen Kommandozentrale für weltweite Bundeswehr und EU – Einsätze, Calw, dem Flughafen für den strategischen Lufttransport in Leipzig-Halle und der Air Base Ramstein. Dies, um insbesondere die Ablehnung einer Militärstrategie zu verdeutlichen, die auf verfassungswidrige militärische Intervention außerhalb des Nato-Bereichs abzielt.
Der Sprecher der bundesweiten Infostelle Ostermarsch 2007, Willi van Ooyen, wies die Vorwürfe der Grünen zurück, die den Ostermarschierern eine „einseitige und pauschale Ablehnung des Militärischen“ unterstellten. Das Verhältnis zwischen Friedensbewegung und Grünen sei zerrüttet, seitdem sich die Grünen durch ihre Zustimmung zu völkerrechtswidrigen Militäreinsätzen von ihrer pazifistischen Tradition verabschiedet hätten. Van Ooyen rief die Friedensbewegung auf, die Demonstration am 2. Juni 2007 in Heiligendamm gegen den G 8 Gipfel zu unterstützen. Erforderlich seien entschiedene Schritte zur Abrüstung, zu friedlichen Lösungen politischer Krisen und zum Aufbau einer gerechten und solidarischen Welt.
Frankfurt am Main, 9. April 2007
Bundesausschusses Friedensratschlag: Erklärung zum Abschluss der Ostermärsche 2007
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Mehr Demos, mehr Menschen als im Vorjahr
- Kein Krieg gegen Iran - Auslandseinsätze beenden - Abrüsten
- Grüne Parteiführung abgewatscht
- Warmlaufen für Heiligendamm
Kassel, Ostermontag, 9. April - Zum Abschluss der diesjährigen
Ostermärsche erklärte der Sprecher des Bundesausschusses
Friedensratschlag in Kassel:
Der Ostermarschbewegung und damit der deutschen Friedensbewegung
Unzeitgemäßheit zu bescheinigen und zum weiderholten Male einen
Totenschein auszustellen, erwies sich - wieder einmal - als voreilig. Zu
den über 80 Demonstrationen, Kundgebungen, Fahrradkorsos, Wanderungen
und anderen Aktionen im ganzen Land (mehr Veranstaltungen als im
Vorjahr) kamen mehrere Zehntausend Menschen. Der Ostermarsch, 1959 in
Großbritannien erstmals veranstaltet, seit 1960 nach Deutschland
"importiert", bleibt ein zentraler Aktionsschwerpunkt der
Friedensbewegung. Er legt Zeugnis ab von der Vitalität und der
inhaltlichen Vielfalt der Friedensbewegung.
Auch wenn die Freilassung der britischen Soldaten aus dem Iran mit
großer Erleichterung aufgenommen wurde, war die Kriegsdrohung gegen den
Iran zentrales Thema bei allen Ostermärschen. Kritik wurde hierbei auch
an der deutschen Iranpolitik geübt, die sich "nur in der Kosmetik vom
harten Kurs der USA" unterscheide. Die Ostermarschierer wiedeerholten
ihre Forderzung an die Bundesregierung, die Marine von der Küste
Libanons abzuziehen. Der Sprecher des Friedensratschlags: "Es wäre
fatal, wenn sich Deutschland plötzlich inmitten eines Kriegsszenarios
wiederfände, das im Pentagon entworfen wurde."
Eine große Rolle spielte auch die Forderung nach einem sofortigen Abzug
der Bundeswehr aus Afghanistan. Die Friedensbewegung knüpfte damit an
ihre Aktivitäten gegen den Tornado-Beschluss des Bundestags an. Sie weiß
sich darin einig mit der Mehrheit der Bevölkerung, wie das letzte
Politbarometer wieder gezeigt hat.
Das dritte Thema, das bei so gut wie allen Ostermärschen zur Sprache
kam, war die Rolle der Bundeswehr und der Aufrüstung hier zu Lande und
weltweit. Der Appell aus der Friedensbewegung "Spart endlich an der
Rüstung", der den Kampf gegen die Kriegs- und Interventionspolitik mit
dem Kampf gegen die unsoziale neoliberale Wirtschafts- und Sozialpolitik
verbindet, erfährt immer größere Verbreitung und Akzeptanz in der
Bevölkerung. Unter diesen Appell wurden überall Unterschriften gesammelt.
Zwischen Empörung und Belustigung schwankte die Reaktion der
Ostermarschierer auf die Angriffe von Seiten der bündnisgrünen
Parteiführung. Den Vorwurf der Parteivorsitzenden Claudia Roth, die
Friedensbewegung lehne das "Militärische" "einseitig und pauschal" ab,
empfänden die so Gescholtenen als Auszeichnung. Denn genau darum müsse
es heute gehen: "Die Probleme dieser Welt, gleichgültig ob in
Afghanistan, Irak, Iran, Somalia oder Kongo, können nicht mit
militärischen Mitteln gelöst werden. Es bedarf stattdessen gewaltiger
ziviler, politischer, wirtschaftlicher und sozialer Anstrengungen, die
Welt vor dem Abgrund zu bewahren."
Claudia Roth hat sich mit ihrer Breitseite gegen die Friedensbewegung
genauso ins Abseits manövriert wie mit ihrer Absage an den Protesten der
globalisierungskritischen Bewegung anlässlich des G8-Gipfels im Juni in
Heiligendamm. Die Ostermärsche waren nach Ansicht des
"Friedensratschlags" gleichzeitig ein erstes Warmlaufen für die
Demonstration am 2. Juni, zu der die Friedensbewegung zusammen mit
vielen anderen Kräften aufruft.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)
Netzwerk Friedenskooperative:
Veranstalter mit Resonanz höchst zufrieden
Am Ostermontag wurden die Ostermärsche der Friedensbewegung mit
größeren Kundgebungen u.a. in Berlin, Dortmund, Frankfurt, Hamburg,
Kassel, Nürnberg und der Colbitz-Letzinger Heide (Sachsen-Anhalt)
abgeschlossen.
Die meisten der regionalen Veranstalter äu+erten sich über ihre
Aktionen höchst zufrieden. Friedens- und globalisierungskritische
Initiativen sowie Gewerkschaften und christliche Gruppen waren
beteiligt und auch die grüne Basis war trotz oder vielleicht sogar
gerade wegen der Distanzierung der Grünen-Spitze vertreten. Nach
Einschätzung des Netzwerks Friedenskooperative lag die Beteiligung
leicht über dem Vorjahr. Die Tradition der Ostermärsche und deren
Anspruch, die Diskussion um Krieg und Frieden nicht allein den
Politikern und Parteien zu überlassen, erweise sich als sehr
lebendig.
Zum formalen Beginn des Tornado-Einsatzes mit der Unterstellung an
das NATO-Kommando in Afghanistan bekräftigt die Friedenskooperative
die Kritik. "Der entgegen einer Dreiviertelmehrheit der Bevölkerung
gefasste Beschluss bedeutet die unmittelbare Beteiligung an
Bombardements, die mit gro+er Sicherheit auch viele zivile Opfer
fordern werden", erklärt der Geschäftsführer des Friedensnetzwerkes
Manfred Stenner.
Von der deutschen EU-Ratspräsidentschaft verlangen die Gruppen der
Friedensbewegung ein energischeres Engagement für Konfliktlösungen
im Nahen und Mittleren Osten, insbesondere im Schlüsselkonflikt
Israel-Palästina. Dabei müssten alle Nachbarn und Konfliktparteien –
also auch Hamas, Hisbollah, Iran und Syrien – einbezogen und ein der
früheren KSZE vergleichbarer Friedensprozess über eine "Konferenz
für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen und Mittleren Osten"
angestrebt werden.
Organisationen der Friedensbewegung haben neben ihrer Militärkritik
immer wieder umfangreiche Vorschläge zur Zivilen Konfliktbearbeitung
vorgelegt (siehe z.B. www.koop-frieden.de/irandossier.pdf).
Streit mit Grünen-Spitze geht weiter
Im Streit zwischen grünen Funktionären und der Friedensbewegung
weist das Netzwerk auch die "Nachkartereien" u.a. des Bundestags-
Fraktionsgeschäftsführers Volker Beck zurück, der Äußerungen zum
Darfur-Konflikt angefordert hatte. Zu den Massakern und
Vertreibungen im Westsudan wie in anderen Regionen habe die
Friedensbewegung sehr wohl eine Meinung und plädiere z.B. für
energischen Druck auf die Regierung in Karthum durch deren
wichtigste Wirtschaftspartner wie China. Bei den Ostermärschen sei
aber die Zuspitzung auf die fatale militärische Politik der eigenen
Regierung und ihrer Verbündeten nötig mit einer deutlichen Kritik,
die ja von Beck und seinen FraktionskollegInnen nicht geleistet
werde. Im Übrigen sei es bezüglich des Verständnisses einer
demokratischen gesellschaftlichen Auseinandersetzung schon
erstaunlich, wenn Parlamentarier den sozialen Bewegungen ihre Agenda
diktieren möchten statt auf deren Kritik an Bundestagsentscheidungen
einzugehen.
Netzwerk-Geschäftsführer Manfred Stenner sieht in der Reiberei der
Grünen-Spitze an der Friedensbewegung einen wachsenden Konflikt der
"Regierungsgrünen" mit der eigenen Basis, der sich bei den Protesten
gegen den G8-Gipfel Anfang Juni noch zuspitzen werde. So arbeite die
Grüne Jugend aktiv bei den Protestvorbereitungen mit während die
Parteivorsitzende den Demonstrationsaufruf wegen zu deutlicher
Kritik an den G8-Regierungen nicht unterstütze.
gez. Manfred Stenner
(Geschäftsführer des Netzwerk Friedenskooperative)
Pressemitteilung
09.04.07
Grüne Ostermarsch-Träume
In Zusammenhang mit den Ostermärschen hat die Grünen-Chefin Claudia Roth der Friedensbewegung "eine pauschale Ablehnung des Militärischen" vorgehalten.
Dieser Vorwurf ist berechtigt, liebe Claudia Roth, schreibt Bernhard Nolz, Aachener Friedenspreisträger, Sprecher der Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden (PPF), Vorsitzender des Bundes für Soziale Verteidigung (BSV), Geschäftsführer des Zentrums für Friedenskultur (ZFK).
Die Friedensbewegung lehnt in der Tat militärische Gewalt zur Lösung von Konflikten ab. Das macht ja gerade unsere Friedensgesinnung aus, dass sie sich grundsätzlich gegen jede militärische Gewaltaktion ausspricht und aktiv dazu beiträgt, dass gewaltfreie Methoden der Konfliktaustragung zur internationalen Routine werden können. Dann schickt man eben keine Tornados, sondern Friedensfachkräfte nach Afghanistan.
Darüber hinaus sind wir überrascht über Claudia Roths Unkenntnis. Die Zeitschriften "Friedensforum", "Wissenschaft und Frieden" und "et cetera ppf", die Informationen des Kasseler Friedensratschlages und der Kooperation für den Frieden sowie die zahlreichen Publikationen der verschiedensten Gruppen aus der Friedensbewegung enthalten regelmäßig fundierte Antworten auf die Fragen, die Claudia Roth umtreiben. Lesen muss sie die Publikationen schon selbst oder mal im Internet nachschauen.
Ehrlicherweise sollte Claudia Roth ihre verzweifelten Versuche unterlassen, der Öffentlichkeit suggerieren zu wollen, dass man sich zur Friedensbewegung rechnen kann, wenn man militärische Gewalt für akzeptabel hält. Die GRÜNEN sind seit langem zur Kriegspartei geworden. Das Abstimmungsverhalten im Bundestag zum Tornado-Einsatz spricht eine klare Sprache.
Was alle Welt weiß, und was sie schon immer wusste, dass Kriegseinsätze - ob im Irak, in Afghanistan oder in Somalia - die Konflikte nur verschärfen und nicht lösen, muss Claudia Roth offenbar noch lernen. Wir helfen ihr dabei!
Bernhard Nolz
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