"Die Bürger sollen es wissen: Es ist Krieg."
Ulrich Rodewald, Friedensrat Markgräflerland, auf dem Ostermarsch 2002 in Müllheim
Wir dokumentieren die folgende Ostermarschrede in der uns übermittelten Fassung.
Die Bürger sollen es wissen: Es ist Krieg.
In diesem Moment, da ich zu Ihnen spreche, geschieht es, dass jemand
ermordet wird.
In Palästina und Israel.
"Wir wollen nicht, dass daraus ein Weltkrieg oder ein regionaler Krieg
entsteht," sagt der israelische Aussenminister Perez. Dagegen äussert
der israelische Ministerpräsident Scharon: "Der Chef der
palästinensischen Auto-nomiebehörde ist unser Feind und der Feind der
gesamten freien Welt". Israel befinde sich im Krieg. Und Israel werde
den "totalen Krieg gegen den Terrorismus führen".
Wir sind solidarisch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Friedensbewegung in Israel und Palästina, die fordern: Frieden jetzt.
Wir sind solidarisch mit den israelischen Soldaten, die sich weigern, an
diesem Krieg teilzunehmen.
Die Bürger sollen es wissen: Auch Deutschland führt Krieg.
Heute in Afghanistan und morgen?
Die Bürger sollen es wissen: Kriege kommen nicht aus einer grauen Wolke.
Kriege werden vorbereitet. Fein säuberlich und von langer Hand.
Der Globalismus greift die Gesellschaft nunmehr an drei Fronten an.
An der ersten Front betrifft es die gesamte Menschheit: an der Front der
Wirtschaft. Sie wird beherrscht von jener Dreifaltigkeit, die als
wirkliche Achse des Bösen zu bezeichnen wäre: dem INTERNATIONALEN
WÄHRUNGSFONDS (IWF), der WELTBANK, und der WELTHANDELSORGANISATION
(WTO). Sie zwingen die Welt unter die Vorherrschaft des Profits und
richten auf dem gesamten Planeten unermesslichen Schaden an.
Die zweite Front - an der heimlich still und leise agiert wird, ist die
Ideologie. Es hat sich eine regelrechte ÜBERREDUNGSINDUSTRIE
herausgebildet, die den Bewohnern dieses Planeten weismachen soll, bei
der Globalisierung habe man nichts als das Glück der Menschheit im Sinn.
Gestützt auf der Macht der Information und mit der passiven
Komplizenschaft der Beherrschten haben die Ideologen etwas errichtet,
was man komfortablen Despotismus bezeichnen kann.
Die dritte - militärische - Front, ist neueren Datums. Eröffnet wurde sie
unmittelbar nach den traumatischen Ereignissen vom 11. September in der
Absicht, die neoliberale Globalisierung in aller Form mit einem eigenen
Sicherheitsapparat zu flankieren.
Der jüngste Krieg gegen das Taliban Regime und das Al-Qaida Netzwerk in
Afghanistan überzeugte die Regierenden in Washington, dass es nicht
sehr nützlich ist, die Hilfe der Verbündeten mehr als unbedingt nötig in
Anspruch zu nehmen. Diese Geringschätzung zeigte sich vor kurzem darin,
dass die Bush Administration ihre Alliierten nicht einmal konsultierte,
bevor sie bekannt gab, dass sie die Absicht habe, demnächst den IRAK
anzugreifen. Die Protestnoten der europäischen Staatskanzleien, ohnehin
halbherzig genug, haben die US Administration in keiner Weise
beeindruckt. Vasallen haben sich zu verbeugen. Die USA streben
inzwischen nach absoluter politischer Dominanz. Dieses Imperium strebt
danach, den Globalismus faktisch zu verwirklichen.
ALLE GEGNER DIESES PROJEKTES, ALLE DISSIDENTEN UND WIDERSTANDSKÄMPFER
MÜSSEN WISSEN, DASS SIE FORTAN AN ALLEN DREI FRONTEN BEKÄMPFT WERDEN:
WIRTSCHAFTLICH, IDEOLOGISCH UND MILITÄRISCH. DIE ZEIT DER MENSCHENRECHTE
SCHEINT VORBEI.
Dies sagt Ignacio Ramonet, Direktor der Zeitschrift Le Monde
diplomatique.
Was haben diese "grossen" Probleme mit dem kleinen Markgräflerland zu
tun?
Für den, dem diese Region Heimat ist, besitzt sie die Ausmaße der Welt.
Und mehr denn je ist diese "kleine" Welt verbunden mit der großen weiten
und mit deren Problemen.
Die Probleme, die sich für die Bürgerinnen und Bürger aus der
Durchsetzung der neoliberalen Globalisierung ergeben, machen um das
Markgräflerland keinen Bogen.
Die Bürger sollen es wissen: Wenn die Rentenfonds den privaten
Versicherungsunternehmen geopfert werden, wenn demnächst das öffentliche
Gesundheitswesen dem privaten Profit geopfert werden soll, dann hat dies
auch im Markgräflerland etwas zu tun mit der "wirklichen Achse des
Bösen: dem INTERNATIONALEN WÄHRUNGSFONDS(IWF), der WELTBANK und der
WELTHANDELSORGANISATION (WTO).
Die Bürger sollen es wissen: Wenn im Vorfeld solcher Aktionen wie der
heutigen in der Tagespresse davon gesprochen wird, dass sie ebensoviel
nützen wie eine Demonstration gegen den Abstieg des Freiburger SC oder
gegen das Wetter, dann begegnen wir hier Vertretern der
ÜBERREDUNGSINDUSTRIE, die es längst aufgegeben haben, aufzuklären.
Jeder, der die Aufrufe zu unseren heutigen Aktionen gelesen hat weiss,
es geht uns nicht darum, für den "unverzüglichen Eintritt des Friedens
auf Erden" zu demonstrieren. Uns geht es darum den Bürgerinnen und
Bürger zu sagen: Auch hier in Müllheim, in Gestalt der Deutsch-
Französischen Brigade liegen Gründe, die es so schwer machen, eine
andere Welt, eine Welt, in der Frieden möglich ist, zu bauen.
Die Bürger sollen es wissen: Die Deutsch-Französische Brigade (DFB)ist
kein Instrument der Völkerverständigung, sondern der Völkervernichtung.
Dass ergibt sich schon allein aus der Selbstdarstellung der DFB:
In Müllheim sind stationiert:
-
der Stab der Deutsch-Französischen Brigade mit der Stabskompanie
Hier finden die Planungen für künftiges Blutvergiessen und morden statt.
- das Deutsch-Französische Versorgungsbataillon
Es besteht aus vier gemischten und zwei nationalen Kompanien. Ihre
Hauptaufgabe liegt in der Versorgung und dem Transport von Ersatzteilen,
Munition und Betriebstoffen, in der sanitätsdienstlichen Versorgung der
Solda-ten und in der Materialinstandsetzung für alle Truppenteile der
Brigade.
In Donaueschingen sind stationiert:
-
das Jägerbataillon 292. Das Bataillon ist in seinen drei Kampfkompanien mit Transportpanzer
Fuchs und in der schweren Kompanie mit Waffenträgern Wiesel mit
Bordkanone 20 mm sowie mit zwei Mörserzügen ausgestattet. Durch seine
Infanteriestärke sowie durch die hohe Panzerabwehrfähigkeit ist das
Bataillon besonders geeignet Gelände zu nehmen und zu halten; seine hohe
Beweglichkeit befähigt es dazu, gemeinsam mit den anderen Verbänden der
Brigade schnell Räume zu gewinnen und zu überwachen.
-
das 110. Infanterieregiment. Dieser hochmobile, kampfkräftige Infanterieverband ist mit zahlreichen
Transportpanzern mit und ohne Panzer-abwehrlenkraketen MILAN
ausgestattet. Durch seine Infanteriestärke sowie durch die hohe
Panzerabwehrfähigkeit ist das Bataillon besonders geeignet Gelände zu
nehmen und zu halten; seine hohe Beweglichkeit befähigt es dazu,
gemeinsam mit den anderen Verbänden der Brigade schnell Räume zu
gewinnen und zu überwachen.
In Immendingen sind stationiert:
-
das 3. Husarenregiment. Mit seinen Radpanzern vom Typ AMX 10 RC, seinen
Panzerabwehrwaffensystemen verfügt es über hohe Feu-erkraft und
Beweglichkeit und ist damit einer der Hauptträger des Feuerkampfes der
Brigade.
-
die Panzerpionierkompanie 550. Mit ihrer modernen Ausstattung, wie z.B. den Panzerschnellbrücken "
Biber ", den Pionierpanzern " Dachs " und den Minenwerfern " Skorpion "
sowie mit Minenräumpanzern " Keiler " ist die Kompanie in der Lage die
Bewegung des eigenen Grossverbandes zu fördern und Bewegungen
gegnerischer Truppen durch das Anlegen von Sperren zu hemmen. Weiterhin
kann sie die Überlebensfähigkeit der eigenen Kräfte u.a. durch
Feldlagerbau erhöhen und steht für Hilfeleistungen im Katastrophenfall
bereit.
Seit 1992 in Immendingen stationiert ist die Panzerpionierkompanie 550
auf Grund ihrer umfangreichen Ausstattung die Einheit der Brigade, die
über das breiteste Einsatzspektrum verfügt.
-
das Feldartilleriebataillon 295 bildet die Steilfeuerkomponente der Brigade. Hauptauftrag des Bataillons
ist die unmittelbare Feuerunterstüt-zung der Brigade. Darüber hinaus
trägt das Bataillon mit seinen Aufklärungsradars und den
Beobachtungstrupps zur Verdichtung des Lagebilds auf der Brigadeebene
bei. Noch in diesem Jahr beginnend wird das Bataillon mit der
Panzerhaubitze 2000 ausgestattet und verfügt dann über eines der
modernsten Artilleriesysteme der Welt.
Wenn also im Zusammenhang mit der Deutsch-Französischen Brigade von
"hoher Professionalität" und "Einsatzbereitschaft" die Rede ist, dann
wird nicht gesprochen über die Bekämpfung von Hochwasser,
Feuers-brünsten oder von Hunger. Dann wird über Krieg gesprochen und
also über Töten. Wann dürfen Soldaten töten? Man kann zwar so tun,
wirklich ausweichen kann man dieser Frage allerdings nicht. Denn: "Wir
schicken Solda-ten, um sie einzusetzen!" . ( Bundeskanzler Schröder;
"Die Zeit" v. 28.02.02).
Die DFB ist der nicht der NATO, sondern der WEU unterstellt. Das
Eurokorps bildet die Eingreiftruppe für die EU und (noch) für die NATO.
Diese Eingreiftruppe, die einsatzfähig dann 60.000 Soldat/inn/en haben
soll, wird innerhalb von 60 Tagen zu Militäreinsätzen von bis zu einem
Jahr ausrücken können.
Interessant sind die Größenordnungen der bekanntgewordenen
Soldaten-Kontingente der einzelnen EU-Staaten: Österreich: 3.500,
Belgien: 1.000, Großbritannien: 12.500, Finnland: 2.000, Frankreich:
12.000, Griechenland: 3.500, Irland: 1.000, Italien: 6.000, Luxemburg:
100, Niederlande: 5.000, Portugal: 1.000, Schweden: 1.500. Dänemark
beteiligt sich erfreulicherweise nicht an der EU-Truppe. Zu diesen
Kontingenten kommen noch Beiträge aus den europäischen NATO- (aber
nicht EU-Staaten) Norwegen und Island und sämtlichen 13
EU-Beitrittskandidaten (einschließlich der Türkei) hinzu.
Deutschland stellt mit 18.000 Soldat/inn/en das mit Abstand größte
Kontingent. Um 18.000 einsatzfähige Soldat/inn/en zu haben, sind 30.000
notwendig, die extra dafür ausgebildet werden. Von den 18.000 Soldaten
kom-men 12.000 aus dem Heer. Zugesagt sind zudem 93 Kampf- , 35
Transport- und 3 Überwachungsflugzeuge, vier Kampfhubschrauber und
Einheiten der Marine.
Um es klar zu formulieren: Hier handelt es sich um eine gefährliche
europäische Interventionstruppe unter deutscher Vormachtsstellung,
zusammengestellt für Militärinterventionen (sprich Kriegseinsätze) im
Einsatzradius von 4.000 km (!) rund um die EU.
Nicht zuletzt dazu dient die beschlossene Anschaffung der
Militärtransporter AIRBUS A400M, die den Bürge-rinnen und Bürgern allein
Deutschlands wenigstens 9,5 MRD Euro kosten wird..
Wozu das ganze? Hier schliesst sich der Kreis: Den Zusammenhang zwischen
wirtschaftlicher und militärischer EU machte Staatssekretär Dr. Walther
Stützle aus dem deutschen Verteidigungsministerium auf dem Symposi-um
"Sicherheit, Menschenrechte & Stabilität in Europa und der NATO" am 28.
Juni 1999 im Haus der Industrie in Wien deutlich: "Die Sache ist
einfach: Eine Union, die sich nicht verteidigen kann, ist keine Union.
Eine harte Währung, die eine schwache Verteidigung hat, ist auf lange
Frist keine harte Währung. Daraus gilt es, die praktischen Schlüsse für
die Tagesarbeit zu ziehen, es gilt, die zwei Prozesse miteinander zu
harmonisieren und im Gleichgewicht zu halten."
Für uns aber gilt:. Die herrschende Vorstellung, Europa müsse zu einer
internationalen Handlungsfähigkeit für ein globales Sicherheitskonzept
gerüstet sein, schafft eine weltfremde Ideologie, in deren Namen sich
womög-lich sogar die USA totrüsten, von Europa zu schweigen. Tatsächlich
wird ein regionales Sicherheitskonzept benötigt. Ein schier grenzenloses
Handeln out of area bewirkt im Grunde nichts anderes als eine moderne
Kano-nenbootpolitik. In einem schiefen, aber nicht unrealistischen Bild
ausgedrückt: Die Macht dampft den Fluss hinauf, schießt ins Ufergebüsch,
ankert eine Zeitlang in einem Hafen namens Kabul und entschwindet
schließ-lich wieder flussabwärts übers Meer.(Günter Gaus)
"Wir haben lange vom Frieden geträumt und sind doch noch im Gefängnis
des Krieges. Müssen wir darauf mit Bitterkeit antworten? Gewiss nicht!
Es würde nur unsere Persönlichkeit vergiften und zerstören. Müssen wir
Kriege für Gottes Willen halten uns ihnen geduldig unterwerfen? Gewiss
nicht! Die passive Ergebung in ein ungerechtes System macht den
Unterdrückten so schlecht wie den Unterdrücker. Wir können nicht
Fruchtbareres tun, als mit mutiger Entschlossenheit aushalten, gewaltlos
gegen alle Hindernisse und Rückschläge ankämpfen.
Martin Luther King
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