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Texas liegt bei Aschaffenburg

Johannes Büttner (IG Metall) beim Ostermarsch 2002 in Aschaffenburg

Wir dokumentieren die folgende Ostermarschrede in der uns übermittelten Fassung.


Unser diesjähriger Ostermarsch hat einige Besonderheiten, die sicher auch dazu geführt haben, daß nicht so viele Teilnehmer wie es eigentliche sein könnten daran teilnahmen. Ein wichtiger Punkt war die Werbung für unsere Demonstration und Kundgebung. Hier haben wir es mit einer Einschränkung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit zu tun, die wir nicht ohne weiteres hinnehmen werden.
So wurde z.B. die Plakatierung in einem Großraum der Innenstadt von ca. 100 ha Fläche untersagt. Das ist ein Quadratkilometer! Wir fordern von der Stadt: Eine Änderung der Verordnung über das Anbringen von Anschlägen, insbesondere Plakaten etc.

Die Erlaubnis zum Aufstellen von Plakattafeln zur Werbung für politische Veranstaltungen darf nicht mit kommerzieller Werbung gleichgestellt werden. Konkret heißt das: Auch in dem Bereich von Alexandrastraße bis zur Erthalstraße und von der Weißemburger Straße bis zur mittleren Mainbrücke/Löherstraße wird politische Werbung zugelassen.
Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, politische Werbung in der Innenstadt zu verbieten.
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit gilt nicht nur 4 Wochen vor den Wahlen und es gilt auch in der Innenstadt!

Das weitere ist die Einschränkung der Demonstrationsfreiheit! Auch dieses Grundrecht ist ein hohes Gut der Demokratie!
Auch hier hat die Stadt Aschaffenburg versucht, mit bürokratischen Hemmnissen und finanziellen Belastungen die Meinungsfreiheit einzuschränken.
Die Stadt veranschlagt für die Genehmigung von Demonstrationen und Kundgebungen 100 Euro. Dies ist für lokale Initiativen und Bündnisse eine unzumutbare Belastung. Das gleiche gilt für Beschränkungen der Breite von Transparenten und der Höhe von Transparentstangen etc.. So darf ein Transparent das quer getragen wird nicht breiter als 2,50m sein. Wenn eine Transparentstange dann nur noch 1 ,50m hoch sein darf bleibt nur noch eine Transparenthöhe von 1 m übrig. Wenn es so weitergeht, wird das tragen von Buttons auch noch reglementiert!

Ebenso wird durch "Gummi-Paragraphen" der Polizei erlaubt, nach billigem Ermessen eine Demonstration aufzulösen, wenn die Lautsprecher so laut sind, daß die in den umliegenden Gebäuden und Geschäften tätige Personen "in ihrer Arbeit gestört werden".

Wir fordern von der Stadt eine Änderung der Auflagen für Kundgebungen und Demonstrationen:
Die in den zurückliegenden Jahren in Aschaffenburg anläßlich politischer Kundgebungen und Demonstrationen sowie anläßlich von Wahlkämpfen gemachten Erfahrungen können gravierende, administrative Eingriffe in das Grundrecht der Versammlungs- und Meinungsfreiheit nicht rechtfertigen. Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür.
(... außer die Stadt versucht in vorauseilendem Gehorsam im Rahmen des Otto-Schily-Kataloges alle politisch unliebsamen Demonstrationen als Sympathiekundgebungen für Terroristen umzumünzen und durch massive Einschränkungen von vorneherein unwirksam zu machen.)

Kommen wir nun zu einer lokalen Angelegenheit die jeden Friedensfreund, der hier seit Jahren politisch aktiv ist, wie Blei im Magen liegt:
Aschaffenburg, insbesondere Schweinheim ist seit Jahren der Übungsplatz für Kriegseinsätze der US.Armee!

Sie kamen als Befreier - doch nach Jahren hat sich ihr Charakter geändert!
Die Geschichte ist lang.
  • schon 1964 lief hier die erste und größte US-Luftlandeoperation mit Hubschraubern auf dem Schweinheimer Exe. Geübt wurde das Absetzen von Soldaten und Material mit 84 Hubschraubern als Vorbereitung auf den Einsatz in Südvietnam. Solche Einsätze führten dann zu Massakern an der Zivilbevölkerung wie in My Lay und anderen Orten in Vietnam.
  • 1968 donnerten wochenlang US-Phantom-Bomber über die Stadt und übten Bombenabwürfe auf den Schweinheimer Exe. Die US-Piloten übten für den tödlichen Einsatz in Nord- und Süd-Vietnam, Laos und Kambodscha. Der hundert und tausendfache Tod in Form von Napalm und Splitterbomben war dort die Folge.
  • 1984 Protestierten wir mit über 1000 Menschen an der Jägerkaserne, der heutigen Fachhochschule gegen die Nato-Nachrüstung und das Atomwaffenlager in Schweinheim. Rund 50 Atomsprengköpfe warteten dort auf den Einsatz im Fulda-Gap oder in der DDR um unsere sogenannten "Brüder und Schwestern" dort zu verstrahlen und zu befreien!
  • 1991 werden in Aschaffenburg stationierte US-Soldaten und Material, nach eingespielten Übungen in Schweinheim gegen den Irak in den Krieg geschickt. .Kein Blut für ar und .Nie wieder Krieg -habt ihr das Vergessen" war unsereLosung bei den wöchentlichen Demonstrationen und Kundgebungen. Das Öl war gesichert, Saddarn der Schlächter der Kurden, als ehemaliger Bündnisparter gegen den Iran blieb an der Macht.
  • Nach dem offiziellen Abzug der US- Truppen aus Aschaffenburg kam die heimliche Remilitarisierung des Schweinheimer Übungsgeländes und der dortigen Munitionsdepots für US- Truppen aus Babenhausen und Hanau! Es folgte der Ausbau des Trainingscamps, eine Wiedereinzäunung der Depots und die verstärkte Kontrolle und Platzverweise für Spaziergänger auf dem Exe.
  • Ab 2001 der Verdacht auf Benutzung von Uran-Munition auf dem Exe und 2002 die ersten Beweise auf Benutzung von panzerbrechender Infanteriemunition an zwei Panzerwracks die zu Übungszwecken dort herumstehen. Bis heute keine eindeutige Erklärung der US-Armee und anderer zuständiger Stellen. Gilt nun die Souveränität eines Landes, oder haben wir 57 Jahre nach Kriegsende, nachdem die Altnazis so gut wie ausgestorben sind, noch das Besatzungsstatut.
  • 2002 wird der Schweinheimer Exe zum Übungsgelände für "Fuchs"-Spürpanzer mit amerikanischer Besatzung. Es wird für den Einsatz im Irak und gegen die so genannte "Achse des Bösen" geübt! Diese Spürpanzer sind speziell gegen ABC-Waffen ausgerüstet. Das heißt auch im Falle von Atombombeneinsätzen sind sie notwendig!
Wie lange wollen wir das noch dulden?
Wir wollen, daß endlich Schluß ist mit der Kriegsvorbereitung und den Kriegsübungen der US- Truppen in Schweinheim, in Deutschland, in Europa und in der Welt!
Übt in Texas! und übt fort für den Frieden!
Wir unterstützen die Forderung nach Auflösung der US-Militärbasen und den Abzug der US- Truppen aus Deutschland.
Wir wollen kein Stützpunkt für ein neues weltweites US-Imperium sein.

Genauso wie wir nicht wollen, daß die US-Regierung durch Militärstützpunkte die Politik fremder Länder bestimmt, genau so wenig wollen wir, daß die Bundeswehr in fremde Länder eingesetzt wird. Von deutschem Boden soll nie wieder ein Krieg ausgehen, schrieben unsere Verfassungsväter und wenige Mütter ins Grundgesetz. Das gilt für deutsche Truppen wie für ausländische.

Dies ist leider vorerst ein frommer Wunsch! Denn die Bush-Regierung bereitet nicht nur einen konventionellen Weltkrieg vor - Nein, die Schwelle zum Einsatz atomarer Waffen wir überschritten!
Das US-Verteidigungsministerium will Atomwaffen zur Zerstörung unterirdischer Ziele einsetzen und der britische Verteidigungsminister beeilt sich als treuer Hund seines Herrn, den Einsatz von Atomwaffen gegen den Irak als möglich anzukündigen.
Was bisher in den USA auch unter Clinton im Geheimen vorbereitet wurde, wird jetzt unter Bush zur potentiellen akuten Bedrohung! Was ist nun das Besondere an den neuen Atomsprengsätzen?
Atomwaffen sind und bleiben Massenvernichtungswaffen. Auch kleine Atomwaffen sind in ihren Folgen nicht zu kontrollieren. Ihr Einsatz verstößt gegen jede Vorstellung von Menschlichkeit! Mit dem Einsatz von Atomwaffen, außer zu Verteidigungszwecken in Extremsituationen ist laut Gutachten des internationalen Gerichtshofes verboten und außerdem ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit!

Wir fordern die rot-grüne Regierung auf, mit diesen Personen keine gemeinsame Sache zu machen und sich von Bush und Konsorten klar zu distanzieren. Wenn Präsident Bush am 22. Mai nach Deutschland kommt muß unsere Losung lauten:

"Wir wollen Ihre Kriege nicht, Herr Präsident ...wir wollen überhaupt keinen Krieg!"


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