Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

März/April 2006

Friedensbewegung in den Medien


Zwei Tage nach der Taufe der Korvette "Braunschweig" (siehe unsere Meldung weiter unten) wurde am 21. April auf dem Flottenstützpunkt Wilhelmshaven die Fregatte "Hessen" in Dienst gestellt, eines der modernsten Kampfschiffe Europas. Taufpatin war - wie könnte es anders sein - die Frau des hessischen Ministerpräsidenten, Anke Koch. Wieder kam Kritik aus der Friedensbewegung, wie eine in vielen Zeitungen (z.B. Frankfurter Rundschau, Hessische Allgemeine) kolportierte dpa-Meldung zum Ausdruck brachte. In der FR hieß es z.B. u.a.:

(...) Der Bundesausschuss "Friedensratschlag" hat die Indienststellung der Marine-Fregatte am Freitag verurteilt. Das Schiff sei überflüssig und eine extreme Geldverschwendung, kritisierte der Sprecher des Ausschusses, Lühr Henken.
Die Fregatte sei im Zusammenhang mit den Korvetten und kleineren Kampfschiffen einer Flotte zu sehen. Mit ihren weltweiten Einsätzen könnten sie eine bedrohliche Präsenz zeigen, wodurch die Möglichkeit bestünde, wirtschaftlichen und politischen Druck auf Länder auszuüben. Die Bundesregierung betreibe damit "Kanonenbootpolitik" im Interesse der Wirtschaft. "Sie schafft sich damit Möglichkeiten, und da muss man sich fragen, warum", sagte Henken.

Aus: Frankfurter Rundschau, 22. April 2006

hr-online, die Internetseite des Hessischen Rundfunks bracht ebenfalls einen längeren Bericht über die Fregattentaufe, worin es u.a. hieß:

(...) Unter den Gästen waren auch Verteidigungsminister Franz Josef Jung und Ministerpräsident Roland Koch (beide CDU). (...)
Jung nahm die Gelegenheit war, um erneut eine Grundgesetzänderung und eine gesetzliche Regelung zum Einsatz der Bundeswehr auch auf See zu fordern. Koch sagte: "Wir brauchen eine Klarstellung im Grundgesetz. Wenn ich die Rechtsprechung ernst nehme, müsste ich Polizeihubschrauber mit Abwehrraketen ausrüsten".
Der Bundesausschuss "Friedensratschlag", ein Zusammenschluss zahlreicher Friedensinitiativen, verurteile die Inbetriebnahme der "Hessen" als extreme Geldverschwendung. Mit rund 700 Millionen Euro sei sie eine der teuersten militärischen Anschaffungen in Deutschland überhaupt, sagte ihr Sprecher Lühr Henken. Bei der Vielzahl von Überwasserkampfschiffen, allein 343 der Nato-Staaten, sei jedes zusätzliche Schiff überflüssig.

Quelle: hr-online, 21. April 2006; www.hr-online.de

Eine Pressemeldung aus der Friedensbewegung über die Taufe einer neuen Korvette der Bundesmarine hat Gefallen bei der Internetzeitung ngo-online gefunden. Sie schrieb am selben Tag u.a.:

Der Bundesausschuss Friedensratschlag kritisiert die "Taufe" eines neuen Kriegsschiffes für die deutsche Marine am Mittwoch [19. April] bei Blohm + Voss in Hamburg. Die fünf in Bau befindlichen Korvetten K 130 stellten für die deutsche Marine einen komplett neuen Schiffstyp dar. "Diese hochseegängigen Waffenträger, größenmäßig zwischen Schnellboot und Fregatte angesiedelt, wurden speziell für den Einsatz in fremden Küstengewässern konzipiert, um im Verbund mit Fregatten den Seekrieg von der Hohen See bis in die Küste hinein zu ermöglichen", schreiben Lühr Henken und Peter Strutynski vom Friedensratschlag.
(...)
Die neuen Korvetten der Braunschweig-Klasse würden unter anderem mit Marschflugkörpern ausgerüstet, die nicht nur andere Schiffe versenken, sondern auch Landziele in bis zu 200 km Entfernung zerstören könnten. Sie würden der neuen Bundeswehr-Kategorie der "Eingreifkräfte" zugeordnet. (...)
Nach Auffassung des Friedensratschlags handelt es sich bei den Korvetten "um ein neues, äußerst wirkungsvolles und aggressives Kampfmittel". Sie verkörperten wie kaum ein anderes neues Waffensystem die Umorientierung der Bundeswehr weg von der Landesverteidigung "hin zum weltweiten Einsatz". (...)

Aus: ngo-online.de. Die ganze Meldung: www.ngo-online.de
Und hier geht es zur Pressemitteilung nebst ergänzenden Informationen über die "Korvette K 130": Korvette K 130: "Ein aggressives Kampfmittel ..."

Das "Neue Deutschland" berichtete in der Printausgabe vom 20. April ausführlich über die Korvetten-Taufe. (Birgit Gärtner: Erste K 130er Korvette heißt "Braunschweig" - Bei Blohm&Voss in Hamburg – Taufe eines Kriegsschiffs neuer Generation). Der Artikel enthielt weitere Informationen, z.B.:

Am gestrigen Mittwoch wurde im Dock 5 bei Blohm&Voss in Hamburg die erste Korvette der Serie K 130 getauft. Sie wird demnächst unter dem Namen "Braunschweig" vor fremden Küsten auftauchen.
Die Korvette ist das Typschiff einer neuen Generation. Sie wird die Schnellboote der Albatros-Klasse ablösen. Doch von "Ersatz" könne keine Rede sein, meint Lühr Henken vom "Bundesausschuss Friedensratschlag". Diese hochseegängigen Waffenträger, größenmäßig zwischen Schnellboot und Fregatte angesiedelt, wurden speziell für den Einsatz in fremden Küstengewässern konzipiert.
(...)
Seit dem 19. Juli 2004 werden fünf dieser Korvetten gebaut, für die 1,2 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Zwei entstehen bei B & V, zwei auf der Lürssen-Werft in Bremen und eine bei den Nordseewerken im Emden.
(...)
Jede der drei Werften hofft auf Folgeaufträge, für die nicht nur die Bundesmarine sorgen soll. Bislang erhofft man sich Käufer in Südafrika, Malaysia, auf den Philippinen, in Chile, Polen und der Türkei. Doch Blohm & Voss mag dennoch seine Zukunft nicht mehr nur allein am Militär ausrichten. Der langjährige Geschäftsführer Gerhard Kempf bestätigte zum Abschied vor ein paar Wochen, die Werft mit ihren rund eintausend Beschäftigten habe ihr Profil neu justiert und damit Jobs gesichert. Da militärische Aufträge "nicht mehr so kontinuierlich laufen, wie wir das von früher kennen", will man sich auf das Geschäft mit großen Yachten spezialisieren.

Aus: Neues Deutschland, 20. April 2006

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Insgesamt war das Medienecho auf die Ostermärsche, auch wenn deren Teilnehmerzahlen gern klein geredet werden, enorm. Keine Zeitung, kein Rundfunksender, keine Fernsehnachrichten ohne irgendwelche Berichte über die Ostermärsche insgesamt oder über regionale/lokale Osteraktivitäten. Die Suchmaschine von http://paperball.de listet am Ostermontag (Nachmittag) 534 Meldungen über die Ostermärsche auf. Und das sind nur die Medien, die ihre Nachrichtentexte auch online zur Verfügung stellen!

Bereits eine Woche vor Ostern beginnen die Ostermärsche: Den Anfang macht seit einigen Jahren am Sonntag vor Ostern die Friedenskoordination Potsdam, so auch in diesem Jahr. Aus diesem Grund beginnt auch die Berichterstattung über den Ostermarsch früher. Zahlreiche Medien reagierten am Wochenende 8./9. April auf entsprechende Pressemitteilungen der zentralen Ostermarsch-Informationsstelle und des Bundesausschusses Friedensratschlag. Die Frankfurter Rundschau meldete („Proteste gegen einen möglichen Iran-Krieg“):


Die Ostermärsche begannen in diesem Jahr am Sonntag bereits eine Woche vor den Feiertagen mit einer Veranstaltung der Potsdamer Friedenskoordination.
Laut Übersicht des Ostermarschbüros in Frankfurt am Main sind von Gründonnerstag bis Ostermontag bundesweit fast 100 Demonstrationen und Kundgebungen geplant. Das seien weit mehr als in den vorigen Jahren. Im Mittelpunkt der Proteste stehen nach Auskunft des Bundesausschusses Friedensratschlag in Kassel ein möglicher Krieg gegen Iran, der „nicht nur von den USA, sondern auch von Deutschland und der EU als Option einkalkuliert“ werde.

Aus: Frankfurter Rundschau, 10. April 2006

Ähnlich viele Teilnehmer wie im letzten Jahr erwartet die Bonner Friedenskooperative zu den Ostermärschen 2006. Über diese Einschätzung und eine Mutmaßung des Berliner "Bewegungs-Forschers" Dieter Rucht berichtet die Frankfurter Rundschau am 13./14. April. Darin heißt es u.a.:

Allerdings seien die Ostermärsche nicht der „Zähl-Appell der Friedenbewegung“, erklärt Kritian Golla vom Netzwerk Friedenskooperative in Bonn. (...)
(...) "Der Sozialabbau ist zurzeit eine viel größere Bedrohung für unsere Gesellschaft als militärische Anshcläge", meint Golla. (...) (...) Auch heute noch seien die Ostermärsche von einem "steilen Auf und Ab" gekennzeichnet, erklärt Sozialwissenschaftler Rucht.

Frankfurter Rundschau, 13./14. April 2006

In vielen Zeitungen und anderen Medien erschienen in der Woche vor Ostern Beiträge über die bevorstehenden Ostermärsche. Sie waren manchmal mehr (Neues Deutschland, junge Welt, unsere zeit), manchmal weniger informativ (ich erspare mir hier die Nennung von Zeitungen). Auffallend war, dass fast alle Medien nur von den "traditionellen" Ostermärschen sprachen, so als gehörten sie ins Museum, und dass immer wieder die Ostermärsche mit den großen Demonstrationen der Friedensbewegung Anfang der 80er Jahre und vom Februar/März 2003 verglichen wurden. Da liegt dann eben für viele Journalisten der Schluss nahe: Die Friedensbewegung findet keine Unterstützung mehr. Hier ein Beispiel. In der Frankfurter Sonntagszeitung vom 16. April hieß es einleitend zu einem längeren Hintergrundbericht:

(...) Es war ein bewegender Moment im Herbst 1983, als unter Jubelrufen auf dem Stuttgarter Schloßplatz blaue und orangefarbene Luftballons in den Himmel aufstiegen. Die spektakulärste Aktion der Friedensbewegung war gelungen.
Mehr als 300.000 Menschen reichten sich auf der 108 Kilometer langen Strecke zwischen Stuttgart und Neu-Ulm die Hände zur damals längsten Menschenkette der Welt. Etwa 50 Sonderzüge und 2000 Autobusse brachten ganze Familien an die festgelegten Streckenabschnitte. Kinder trugen Schilder, auf denen zu lesen war: „Ich bin klein und Friede soll sein”.
Und das, obwohl damals von Auslandseinsätzen der Bundeswehr noch keine Rede war. Heute stehen deutsche Soldaten im Kosovo und in Afghanistan - und bald sollen sie auch in Kongo die Interessen der Bundesrepublik verteidigen. Wo bleibt da die Friedensbewegung? Seit dem 15. Februar 2003, als eine halbe Million Menschen in Berlin gegen den Irak-Krieg auf die Straße gegangen waren, ist es ihr nicht mehr gelungen, Massen zu mobilisieren. (...)

Aus: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 16.04.2006 ("Rente statt Frieden", von Benjamin Kleemann)

Die junge Welt (10. April) titelte dagegen "Aktuell und quicklebendig" und berichtete ausführlich über Aktivitäten und politische Inhalte der Ostermärsche. Ähnlich das "Neue Deutschland, das am selben Tag einen Ostermarschierer im Interview zu Wort kommen ließ ("Kein altbackenes Seniorentreffen"). In beiden Zeitungen erschienen im Lauf der Woche noch weitere Berichte und Ankündigungen.
Zu den Ergebnissen der Ostermärsche aus Sicht der Friedensbewegung selbst siehe die Pressemitteilungen des zentralen Ostermarschbüros, der Bonner Friedenskooperative und des Bundesausschusses Friedensratschlag, die wir hier dokumentieren: "Die Erwartungen der Veranstalter übertroffen"


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Zwei Wochen nachdem die Friedensbewegung wegen eines drohenden Panzerexportgeschäfts mit Chile an die Öffentlichkeit getreten ist (siehe weiter unten auf dieser Seite sowie die Presseerklärung im Wortlaut), findet sich in der Frankfurter Rundschau eine Meldung, wonach nun das Geschäft tatsächlich getätigt worden sei:

Deutschland will Chile 118 Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 verkaufen. Eine entsprechende Vereinbarung habe die Bundesregierung am 10. Februar geschlossen, bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Donnerstag. Zum Preis machte er keine Angaben. Deutschland lieferte bereits rund 300 Leopard-2-Panzer an die Türkei und 330 an Griechenland. Über wie viele Panzer die Bundeswehr selbst noch verfügt, wurde nicht gesagt.
Die Vereinigung "Bundesausschuss Friedensratschlag" kritisiert das Geschäft. Würde die Bundesregierung die extrem kampfstarken Panzer liefern, sei eine Rüstungsspirale in der Region zu befürchten. Mit dem Verkauf verstoße Deutschland gegen die eigenen Exportrichtlinien, Rüstungsgüter nicht in Spannungsgebiete zu liefern.

Aus: Frankfurter Rundschau, 24. März 2006

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Der von der Bundesregierung fest in Auge gefasste Bundeswehr- und EU-Einsatz im Kongo stößt auf mehr Kritik als sonst bei solchen Einsätzen üblich. Nun hat sich auch die Friedensbewegung zu Wort gemeldet und in einer ausführlichen Stellungnahme das NEIN zu einem Kongo-Einsatz begründet (hier geht es zur Erklärung des "Friedensratschlags": "Keine deutschen oder EU-Truppen in den Kongo"). ngo-online hat aus der Erklärung einen ausführlichen Bericht gemacht, der noch am selben Tag publiziert wurde; er beginnt so:

Der Kasseler Bundesausschuss Friedensratschlag wendet sich in einer Stellungnahme gegen einen Kongo-Einsatz der Bundeswehr. "Die Bundesregierung plant derzeit erstmalig in einem eigenständigen militärischen Kampfeinsatz der Europäischen Union - ohne NATO-Beteiligung - die Führung zu übernehmen", schreiben Peter Strutynski und Lühr Henken vom Friedensratschlag. Die offiziell genannten Ziele des Einsatzes - der Schutz der Wahlkommission und eine Evakuierung von Wahlbeobachtern - seien mit dem Einsatz nicht realisierbar. Die Friedensforscher vermuten ganz andere Motive für den Militäreinsatz: Es gehe um eine "Erprobung der EU-Battle-Groups" und um die "Verfolgung wirtschaftlicher Interessen" in dem rohstoffreichen Land. Jahrzehnte des Bürgerkriegs und "äußere militärische Einmischungen" hätten das Land in ein "Chaos und die Bevölkerung in immer größeres Elend" gestürzt. Dies sei ein klarer Beleg dafür, dass die Probleme des Landes "mit Militär nicht zu lösen sind". (...)

Aus: ngo-online.de

Die Resonanz in der Tagespresse blieb - wie so oft, wenn sich die Friedensbewegung zu tagespolitischen Themen zu Wort meldet - gering. Am 23. März gab es einen kleinen Artikel (aber immerhin auf Seite 1) im "Neuen Deutschland", wonach die Linksfraktion im Bundestag Kritik am Kongo-Einsatz geäußert habe. Darin heißt es u.a.:

(...) Kritik kam auch vom Bundesausschuss Friedensratschlag. Peter Strutynski warnte die Bundesregierung davor, sich im Kongo militärisch zu engagieren und forderte stattdessen mehr Anstrengungen und Mittel für eine effektivere Entwicklungshilfe, eine Initiative zur nachhaltigen Entschuldung des Landes und schärfere Kontrolle der Waffenausfuhren insbesondere bei Kleinwaffen.

Neues Deutschland, 23. März 2006

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Mit vielen Demonstrationen, Kundgebungen und anderen Veranstaltungen gedachte am 18./19. März die Friedensbewegung weltweit des Beginns des Irakkriegs vor drei Jahren. In Deutschland war neben zahlreichen Aktionen die Veröffentlichung einer großen Anzeige in überregionalen Tageszeitungen bemerkenswert (siehe hierzu: "Friedensorganisationen starten Kampagne gegen drohenden Iran-Krieg"). Die Aktivitäten schlugen sich am Wochenende in Rundfunkmeldungen und Meldungen von Nachrichtenagenturen nieder. Wir beginnen unsere Auswahl mit einer Meldung in der in Kassel erscheinenden Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen, die vor lauter Lokalpatriotismus die Leitung der Kampagne einseitig Kassel zugeschrieben hat:

Mit einem Aufruf "keinen Krieg gegen den Iran - für eine politische Lösung" haben mehr als 800 Gruppen und Persönlichkeiten vor einer drohenden Eskalation im Atomkonflikt mit Iran gewarnt. Mit Aktionen, die in zahlreichen deutschen Städten geplant sind, erinnern die Friedensgruppen zugleich an den Beginn des Irak-Krieges vor drei Jahren. Organisiert wird die Kampagne vom Bundesausschuss Friedensratschklag mit Sitz in Kassel.
Aus: Hessische Allgemeine, 18. März 2006 (Seite 1)

An der grössten Demonstration in Deutschland beteiligten sich im Berliner Bezirk Kreuzberg nach Polizeiangaben rund 700 Kriegsgegner. In München versammelten sich etwa 250 Menschen auf dem Marienplatz. In Frankfurt am Main zählte die Polizei ebenfalls rund 250 Demonstranten. Auf Bannern und Transparenten forderten sie den Abzug der US-geführten Truppen aus dem Irak und Afghanistan und warnten vor einem Krieg gegen den Iran. Ein US-Luftkrieg unter dem Vorwand der Ausschaltung möglicher Atomwaffenforschung würde einen Flächenbrand in der gesamten Region auslösen, hiess es in einer Mitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag und der Kooperation für den Frieden.
20min (Schweiz), 18. März 2006: www.20min.ch

Drei Jahre nach Beginn des Irakkriegs warnt die deutsche Friedensbewegung vor einer noch viel folgenreicheren militärischen Konfrontation des Westens mit dem Iran. Ein Angriff würde Aufruhr und Chaos in der gesamten islamischen Welt nach sich ziehen, sagte der Kasseler Friedensforscher Strutynski am Samstag gegenüber dpa. Erneute Terroranschläge in Europa seien dann wahrscheinlich. Er rechne mit einer Protestwelle, die pro-westlichen Regimes wie in Saudi-Arabien oder den Emiraten den Todesstoß versetzen werde.
hr-online, 18. März 2006

Mit einem Aufruf "Keinen Krieg gegen den Iran - für eine politische Lösung" haben mehr als 800 Gruppen und Persönlichkeiten vor einer drohenden Eskalation im Atomkonflikt mit Iran gewarnt. In dem am Freitag in Kassel veröffentlichten Text fordern die Unterzeichner die Bundesregierung auf, jeder Form von Drohung, weiterer Eskalation oder gar einer deutschen Beteiligung an militärischen Aktionen gegen Iran eine klare Absage zu erteilen. Die Friedensorganisationen fürchten nach eigenen Angaben einen US-Luftkrieg gegen Iran, der das Land unter dem Vorwand einer Ausschaltung von Atomanlagen militärisch und wirtschaftlich schwächen solle.
AFP, 17. März 2006

Die Berichte in den Montagszeitungen (20. März) über die Aktionen vom Wochenende hielten sich im Rahmen der dürftigen Agenturmeldungen. Die Frankfurter Rundschau wusste in ihrem Überblick über die weltweiten Aktionen sogar zu vermelden, dass die Proteste in diesem Jahr geringer ausfielen als am Jahrestag 2005. In der "jungen Welt" und im "Neuen Deutschland" gab es umfassendere Berichte.

(...) Auch in der Bundesrepublik haben am Samstag Tausende gegen den Irakkrieg und militärische Drohungen gegen Iran protestiert. Allein in Berlin gingen rund 1000 Menschen auf die Straße. Unter dem Motto "Gegen Krieg und Besatzung in Irak" forderten die Demonstranten unter anderem den Abzug der USA-Truppen aus Irak. Friedensgruppen hatten bundesweit zu Aktionen drei Jahre nach Beginn des Irakkrieges aufgerufen. In mehr als 20 Städten fanden Kundgebungen, Diskussionsveranstaltungen und Mahnwachen statt.
Neues Deutschland, 20. März 2006

(...) In Deutschland wurden zum dritten Jahrestag des Irak-Kriegsbeginns Proteste in rund 20 Städten gemeldet. In Berlin forderten am Samstag rund 1000 Menschen den sofortigen Abzug der Besatzungsmächte aus dem Irak und die Freiheit aller politischen Gefangenen weltweit. Obwohl der Protest völlig friedlich verlief, setzte die Polizei CS-Gas und Schlagstöcke gegen Demonstranten ein. In Duisburg demonstrierten rund 300 Anhänger linker und islamischer Gruppen. Einhellig kritisierten sie den sogenannten Karikaturenstreit und stellten ihn in einen direkten Zusammenhang mit den Kriegsvorbereitungen der westlichen Welt gegen den Iran. Der irakische Widerstand wurde als "derzeit größte Friedenskraft" gewürdigt. Der Aufstand der irakischen Bevölkerung gegen die Besatzer verhindere aktuell weitere Angriffskriege der USA, beispielsweise gegen den Iran und Syrien. In Heidelberg zogen rund 150 Demonstranten vor die US- und NATO-Hauptquartiere und forderten einen "Rückzug" der Kriegstruppen. (...)
junge Welt, 20. März 2006

Am 20. März berichtete auch ngo-online - wie gewohnt ausführlich über die Anzeigenaktion:

Nach Angaben der deutschen Friedensbewegung warnen rund 800 Gruppen und Persönlichkeiten vor einem Krieg gegen den Iran und fordern eine politische Lösung. Von der deutschen Bundesregierung erwarten sie "eine eindeutige Absage an jede Form von Drohung, weitere Eskalation und eventuelle Beteiligung der Bundesrepublik an militärischen Aktionen gegen Iran". Die Friedensorganisationen fürchten einen US-Luftkrieg, "der unter dem Vorwand der Ausschaltung möglicher Atomwaffenforschung Iran militärisch und wirtschaftlich schwächen soll und einen Regimewechsel zum Ziel hat". Dies würde nach Überzeugung des Bundesausschusses Friedensratschlag und der Kooperation für den Frieden einen Flächenbrand in der gesamten Region auslösen. (...)
www.ngo-online.de

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Am 14. März 2006 fand im EU-Parlament eine Anhörung statt, die von Mitgliedern der europäischen Linksfraktion und der Grünen anberaumt worden war. Friedensgruppen warben dafür, ein Asylrecht für Soldaten einzuführen, die sich völkerrechtswidrigen Kriegen verweigern. Die US-Friedensaktivistin Cindy Sheehan, die ursprünglich teilnehmen wollte, konnte wegen einer Verletzung durch die Polizei nicht nach Europa kommen. Im "Neuen Deutschland" fand sich über die Anhörung ein Bericht, einen Tag später zog die "junge Welt nach (während die anderen überregionalen Zeitungen nicht informierten).

(...) "Vor einigen Wochen habe ich noch in Austin, Texas, gekellnert und gestern habe ich vor dem Europarlament gesprochen – das ist eine erstaunliche Sache", berichtete gestern Benjamin Hart Viges. Er hatte sich direkt nach den Anschlägen vom 11. September 2001 aus patriotischen Gründen zum US-Militär gemeldet und gehörte dann zu den Einheiten, die Bagdad einnahmen. Nachdem er Anfang 2004 aus Irak zurückkehrte wurde er zum Kriegsdienstverweigerer.
Am Dienstag [14. März] berichtete Viges vor dem Europarlament in Straßburg von seinen Erfahrungen im Irak- Krieg und seinen Gründen, nicht mehr Soldat sein zu wollen. Viges und andere Kriegsgegner warben bei einer Anhörung im EU-Parlament, die von Mitgliedern der europäischen Linksfraktion und der Grünen anberaumt worden war, für eine EU-Resolution. In ihr sollen die Invasionen und Besetzungen von Afghanistan und Irak als völkerrechtswidrig verurteilt werden. Die europäischen Staaten, so die Forderung, sollen Standards entwickeln, um Soldaten, die sich der Teilnahme an Kriegen, die gegen internationales Recht verstoßen, widersetzen oder desertieren, Schutz gewähren.
Über 5000 Soldaten sind seit der Invasion in Irak desertiert, sagt Elsa Rasbach. "Aber wo sind diese geflüchteten Soldaten?" fragt die Aktivistin der "American Voices Abroad" (AVA), einer Vereinigung von US-Amerikanern im Ausland. (...)

Aus: Neues Deutschland, 16. März 2006

In der jungen Welt hieß es u.a.:

(...) Als letzter Zeuge sagte Major Florian Pfaff aus. Der Software-Entwickler bei der Bundeswehr hatte seinen Dienst im Frühjahr 2003 verweigert, weil er sicher war, daß seine Arbeit im Irak-Krieg genutzt werden könne. Der Verweigerung folgte die Degradierung, gegen die Pfaff erfolgreich vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig klagte. Das Gericht stellte unter anderem fest, daß der Irak-Krieg völkerrechtswidrig war und kein Bündnisfall vorgelegen habe. Folglich seien sowohl die aktive Beteiligung als auch die Duldung des US-Krieges rechtswidrig. Auf das Urteil habe die Bundeswehr, die ihre Kriegsführungsfähigkeit offenbar gefährdet sieht, mit einem »Pamphlet zum Umgang mit Soldaten, die Befehle aus Gewissensgründen verweigern« reagiert, berichtete Pfaff. Das Papier dessen Urheberschaft noch nicht vollständig geklärt sei, stelle die Argumentation des Leipziger Gerichtes auf den Kopf und sei ein klarer »Aufruf zum Rechtsbruch«, der nicht folgenlos bleiben dürfe.

Aus: junge Welt, 17. März 2006

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Zum dritten Jahrestag des Beginns des Krieges gegen Irak wird es weltweit und in Deutschland viele Veranstaltungen geben. Das "Neue Deutschland" brachte am 15. März einen Artikel, in dem eine Meldung einer "Irakkoordination" verarbeitet ist. Darin heißt es u.a.:

(...) Der Krieg in Irak sei "noch lange nicht zu Ende", heißt es etwa im Aufruf einer "Irakkoordination". Mehr als 100.000 Iraker seien "der Invasion und der Besatzung bisher zum Opfer gefallen". Die Besatzung sei, so der Aufruf, die Hauptursache für die eskalierende Gewalt. Sie sei "weder durch die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates noch durch Wahlen unter US-amerikanischem Protektorat rechtmäßig geworden". (...)
Der Aktionstag am Samstag, so ein Heidelberger Friedensbündnis, richte sich aber "auch gegen einen drohenden Krieg im Iran sowie gegen die vielfältigen sonstigen Einmischungen in die Angelegenheiten der Länder der Region, mit denen die USA, Deutschland und ihre Verbündete ihre Interessen in der arabischen Welt durchzusetzen versuchen". (...) Die Irakkoordination bezeichnet sich als "offenes Netzwerk für Gruppen und Organisationen, die sich gegen den Krieg und die Besatzung im Irak engagieren". Anstoß für die Initiative hatte im vergangenen März ein Treffen am Rande einer "Internationalen Irakkonferenz" gegeben. Den Aufruf zum Aktionstag am 18. März haben unter anderem Attac, die MLPD, Linksruck, das Gegeninformationsbüro Berlin sowie mehrere Friedensgruppen unterzeichnet. (...)

Neues Deutschland, 15. März 2006

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Der türkische Kriegsdienstverweigerer Mehmet Tarhan ist aus der Haft im Militärgefängnis Sivas entlassen worden - ein Erfolg auch der internationalen Solidaritätsbewegung. In der Frankfurter Rundschau (Hessenteil) heißt es dazu u.a.:

Als einen Erfolg der internationalen Solidaritätskampagne für den türkischen Kriegsdienstverweigerer Mehmet Tarhan sieht der Offenbacher Verein "Connection" dessen Haftentlassung. Damit sei "unsere dringendste Forderung erfüllt", erklärte Rudi Friedrich, Sprecher des Vereins ... Als nächsten Schritt müsse die Türkei nun das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung anerkennen.
(...) Tarhan war am 8. April 2005 festgenommen worden und befand sich seitdem im Militärgefängnis in Sivas, wo er mehrmals misshandelt worden sein soll. Am 10. August 2005 wurde er vo einem Militärgericht zu vier Jahren Haft verurteilt. Das war bis dahin die längste Haftstrafe, die gegen einen Kriegsdienstverweigerer in der Türkei ausgesprochen wurde. (...)
Im Oktober vergangenen Jahres war auf Kundgebungen unter anderem in Paris, Warschau, Venedig, Mailand, London, Belgrad, Philadelphia, Helsinki, Den Haag und New York sowie in Frankfurt am Main, Münster, Mainz und Berlin die Freilassung von Mehmet Tarhan gefordert worden.

Aus: Frankfurter Rundschau, 14. März 2006

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In einer Presseerklärung wendet sich der Bundesausschuss Friedensratschlag gegen den Export von Leopard-2-Panzern an Chile. Die "junge Welt" (Autor: Frank Brendle) berichtete darüber u.a.:

Die deutsche Bundesregierung bereitet nach Berichten chilenischer Zeitungen offenbar den Verkauf weiterer Leopard-II-Panzer an Chile vor, nachdem bereits vergangenes Jahr die Lieferung von 100 Panzern bewilligt worden war. Auch das renommierte Militärmagazin Janes´s Defense Weekly berichtete, das chilenische Militär wolle 200 weitere Panzer dieses Typs anschaffen. Und vor wenigen Tagen bestätigte die Schweizer Wochenzeitung (WOZ), Berlin prüfe zur Zeit die Lieferung der zweiten Tranche. Von der Bundesregierung war dafür bislang keine Bestätigung zu bekommen.
Der Bundesausschuß Friedensratschlag warnte am Montag [13.03.2006] vor diesem Waffenverkauf. Angesichts der Spannungen zwischen Chile und seinen Nachbarstaaten könnten die Panzerlieferungen eine Rüstungsspirale in dieser Region in Gang setzen. Tatsächlich haben sich die Grenzstreitigkeiten in den vergangenen Monaten verschärft. Strittig ist vor allem der Verlauf der Seegrenze zwischen Chile und Peru.
(...)
Gegen die Ausfuhr sprechen nicht nur die geltenden Rüstungsexportrichtlinien, die Waffenlieferungen in Krisen- und Spannungsgebiete untersagen. Die Entscheidung trifft letztlich der von den Regierungsparteien beherrschte Bundessicherheitsrat in geheimer Sitzung. Peter Strutynski und Lühr Henken vom Friedensratschlag lehnen diese Geheimniskrämerei ab und erheben die grundsätzliche Forderung, Debatten über Waffenexporte öffentlich im Bundestag zu führen.

Aus: junge Welt, 14. März 2006

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Die Deutsche Welle (Autorin: Sonja Lindenberg) brachte am 11. März einen längeren Hintergrundbericht über die Friedensbewegung in den USA. Auszüge:

Die Friedensbewegung in den USA könnte bald wieder zu einer politischen Macht werden. Immer mehr Amerikaner lehnen den Einsatz im Irak ab und Repressionen gegen die Aktivisten steigern nur ihre Popularität.
Sie gab der Friedensbewegung in den USA ihr Gesicht: Cindy Sheehan. Mit spektakulären Aktionen wie einem wochenlangen Sitzstreik vor der Ranch von George W. Bush in Texas im Sommer 2005 verlieh sie der Trauer und der Wut über den Verlust ihres Sohnes, der im Irakkrieg fiel, Ausdruck: In jüngster Zeit jedoch wird die als "Peace Mom" bekannt gewordene Amerikanerin immer wieder verhaftet. (...)
Sheehan, die nie lange in Polizeigewahrsam bleiben muss, sorge damit für Aufwind bei den Friedensbewegungen in den USA, sagt auch Kristian Golla vom Netzwerk Friedenskooperative. Inzwischen musste sich die Polizei sogar einmal für ihr Vorgehen gegen sie entschuldigen und zugeben, dass ihre Festnahme nicht gerechtfertigt war. Für Golla ist das ein Zeichen für die Unsicherheit in der Gesellschaft, die auch auf die Polizei überspringe. (...)
Eine Persönlichkeit wie Sheehan habe der Bewegung wieder neuen Auftrieb verliehen, denkt auch Hans-Peter Richter vom Deutschen Friedensrat. Sie habe auch das Potenzial, die in den USA eher lose organisierten Bewegungen zu vereinen. Auf nationaler Ebene sind das vor allem das Antikriegs-Bündnis A.n.s.w.e.r (Act Now to Stop War & End Racism), die Organisationen "Not in Our Name" und "United for Peace", eine Dachorganisation 70 kleiner Bürgerinitiativen und Vereine. Sheehan hat darüber hinaus gute Verbindungen zu der Gruppe "Codepink - Women for Peace".
Hinzu kommt, dass immer mehr Amerikaner den Irak-Einsatz ablehnen, sagt die Amerikanerin Elsa Rassbach von der Organisation "American Voices Abroad". Es setze sich immer mehr die Ansicht durch, dass die Truppen aus dem Irak abgezogen werden müssen. Die Sympathiewerte für Bushs Politik fallen: Nach einer jüngsten Umfrage des US-Nachrichtensenders CBS beurteilen mehr US-Bürger denn je die Amtsführung von George W. Bush als negativ. 63 Prozent gaben sogar an, dass die Ergebnisse des Irak-Krieges die Mühe nicht gelohnt hätten. Für Rassbach steht deshalb fest: "Wenn die Politik keinen Widerstand leistet, dann muss das die Öffentlichkeit tun." (...)

Quelle: DW; www.dw-world.de

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Anfang März veröffentlichte die Friedensbewegung einen Appell gegen den drohenden Iran-Krieg (siehe: "Keinen Krieg gegen den Iran - für eine politische Lösung!". Die Internetzeitung www.ngo-online.de berichtete am 8. März ausführlich darüber und schrieb u.a.:

In der deutschen Friedensbewegung geht die Furcht vor einem neuen Angriffskrieg um. "Die USA scheinen entschlossen, gegen den Iran einen Luftkrieg zu führen", schreiben die Zusammenschlüsse Kooperation für den Frieden, Netzwerk Friedenskooperative und der Bundesausschuss Friedensratschlag. Diesmal könne es Washington gelingen, die EU vor ihren Kriegskarren zu spannen, wenn sich nicht die Bürgerinnen und Bürger dagegen zur Wehr setzen. "Wir lehnen mit aller Entschiedenheit einen neuen Krieg ab. Selbst wenn Teheran Atomwaffen anstrebte, die wir ebenso ablehnen, könnte der Iran auf absehbare Zeit niemanden mit Atomwaffen bedrohen, ungeachtet aller verbaler Attacken des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad, die wir scharf verurteilen", heißt es in einem Aufruf der Friedensbewegung, der auch von den Ärzten für die Verhütung eines Atomkrieges (IPPNW) unterstützt wird. Eine friedliche politische Lösung sei "also durchaus möglich". Die Vereinigten Staaten nutzten die iranischen Atomanlagen nur als Anlass für viel weiter reichende Ziele: Der Iran solle zu einer unbedeutenden Macht zurückgebombt werden, "um Amerikas Vormachtstellung im Mittleren Osten weiter auszubauen". Deshalb sei zu befürchten, "dass außer Atomanlagen auch die Infrastruktur des Landes, wie 1991 im Irak, wichtige Versorgungseinrichtungen wie Ölraffinerien und militärische Ziele bombardiert werden sollen". (...)

Aus: www.ngo-online.de


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