Gegen transatlantischen "Schulterschluss" - für eine Politik des Friedens und der Abrüstung
Dokumentation: Pressemitteilungen von Friedens- und Umweltverbänden zum Bush-Besuch
Im Folgenden dokumentieren wir vier Presseerklärungen, die alle anlässlich des Besuchs des US-Präsidenten Bush in Deutschland am 23. Februar 2005 veröffentlicht wurden:
Velbert, 23. Februar 2005
Anlässlich des heutigen Treffens Schröder-Bush erklärt der Politische
Geschäftsführer der DFG-VK Joachim Thommes: „Der `Bush-Krieg´ in den Städten
und Dörfern des Irak fordert jeden Tag eine Vielzahl von Toten und
Verletzten. Ein Ende ist hierbei zur Zeit nicht absehbar. Krieg und Militär
im Irak lösen ganz offensichtlich keine Probleme - weder im Irak noch sonst
wo auf der Welt - sondern schaffen neue Konflikte.“ Daher fordert Thommes
ganz konkret: „Schluss mit der Militärgewalt gegen die Zivilbevölkerung
durch die sofortige Beendigung der völkerrechtswidrigen Besatzung des Irak!
Keine militärische Intervention im Iran! Bestrafung aller für Folter,
Misshandlung und Gewaltexzesse Verantwortlichen!“
An die Adresse der deutschen Bundesregierung gerichtet tritt die DFG-VK
erneut für einen längst überfälligen Paradigmenwechsel in der deutschen
Politik ein. „Es ist nicht wahr, dass die Welt durch eine militärisch
basierte europäische Gegenmacht friedlicher wird - das Gegenteil wird der
Fall sein“, so Thommes. „Der Aufbau von globalen Kriseninterventionstruppen,
die auch unabhängig von den USA eingesetzt werden können und sollen(!), ist
der falsche Weg und löst keines der drängenden Probleme der
Weltgemeinschaft.“
Die DFG-VK stellt sich daher hinter die Forderungen des Mainzer
Aktionsbündnisses `Not welcome Mr. Bush´ und ermuntert die Regierung, sich
endlich mit der Friedensbewegung in einen offenen und öffentlichen Dialog
über die Ziele und Methoden deutscher „Sicherheits“politik einzulassen.
„Der neue Weg führt schrittweise weg von einer militärisch basierten
Politik - hin zu einer wirklichen Friedenspolitik, welche Kriegsursachen
erkennt und Konflikte zivil bearbeiten hilft. Sicherheit gegen Terror bietet
im Wesentlichen nur ein ehrlicher und konstruktiver nicht-militärischer
Einsatz gegen die wirklichen Kriegsursachen. Krieg gegen den Terror ist
Schwachsinn!“, konstatiert Thommes. Deshalb tritt die DFG-VK ein:
-
Für eine gleichberechtigte wirtschaftliche, soziale und nachhaltige
Entwicklung
- Für ein ziviles und soziales Europa, gegen die Verpflichtung zur
Aufrüstung in der EU-Verfassung
- Für die Anerkennung und Bekämpfung der Ursachen von Terrorismus, wie:
Armut, Perspektivlosigkeit, Ausbeutung, Ungerechtigkeit und ökologischer
Raubbau
Europäische Politik muss Friedenspolitik sein - Abrüstung statt Sozialabbau!
Eine friedliche Welt ist möglich.
Die Waffen nieder, MR. Bush! - Schritte zur Abrüstung, Herr Schröder!
Joachim Thommes
Politischer Geschäftsführer der DFG-VK
Greenpeace-Protest in Mainz:
Schlauchbootfahrer demonstrierten unter Staats-Limousine
Mainz, 23. 2. 2005 - Gegen die Atomwaffenpolitik von US-Praesident
George W. Bush haben Greenpeace-Aktivisten heute Vormittag
anlaesslich seines Besuchs in Mainz protestiert. Zwei
Schlauchbootfahrer fuhren bis unter die Theodor-Heuss-Bruecke und
entrollten dort ein Banner mit der Aufschrift: "No nuclear weapons
in the USA and elsewhere - No more wars, Mr. Bush! - Greenpeace". Zur
gleichen Zeit fuhr die Stretch-Limousine mit den
US-amerikanischen Flaggen an der Motorhaube ueber die Bruecke
Richtung Mainzer Schloss. Am Hauptbahnhof entrollten Kletterer in
grosser Hoehe ein vier mal zehn Meter grosses Banner mit der gleichen
Botschaft.
Die Demonstranten warnten damit vor der Gefahr, dass die USA mit
der einseitigen Durchsetzung ihrer Interessen die neuen Verhandlungen
ueber den Atomwaffensperrvertrag zum Scheitern bringen und ein
neues atomares Wettruesten anheizen. "Die Sicherheitspolitik von Bush
ist scheinheilig", sagt Greenpeace-Abruestungsexperte Wolfgang
Lohbeck in Mainz. "Er brandmarkt Staaten, die sich trotz des
Sperrvertrags Atomwaffen beschaffen. Dabei verschweigt er den Kern
des weltweiten Sicherheitsproblems - die fehlende Abruestung der
Atommaechte. Denn die USA haben sich in dem Vertrag ebenfalls
verpflichtet. Sie muessen ihre Atomwaffen verringern, lehnen dies aber
inzwischen ab. Dies ist ein Spiel mit der nuklearen Katastrophe."
Angesichts dieser Gefahr sind die Verhandlungen, die im Mai in New
York beginnen, von ausserordentlicher Bedeutung.
Die USA brechen mit ihrer Weigerung, ihr Atomwaffenarsenal abzuruesten,
den auch von ihnen unterzeichneten Atomwaffensperrvertrag zur
Verhinderung und Verbreitung von Atomwaffen, "Non Proliferation
reaty", NPT). Darin haben sich im Jahr 1970 Staaten ohne Atomwaffen
verpflichtet, auf diese zu verzichten. Die offiziellen fuenf
Atommaechte USA, Russland, Grossbritannien, Frankreich und China
sollen dagegen ihre Arsenale schrittweise abbauen. "Doch die
Realitaet sieht anders aus: Inzwischen werden einseitig
'Schurkenstaaten' der Weiterverbreitung oder Beschaffung von Atomwaffen
bezichtigt und geraten ins Fadenkreuz von Kriegsszenarien", so Lohbeck.
Die Verpflichtungen der USA und der anderen Atommaechte spielen keine
Rolle mehr.
"Das Beispiel Nordkorea zeigt, dass die aggressive Politik
der Bush-Regierung die Weiterverbreitung geradezu anheizt: Wer keine
Atomwaffen hat, wird angegriffen, wer noch keine hat, wird mit Krieg
bedroht. Nur wer sie hat, wird verschont. Das ist derzeit die
unverantwortliche Botschaft der USA an atomare Schwellenlaender",
erklaert Lohbeck.
Auch die Bundesregierung ist in dieser Frage gefordert. Angesichts
neuer Erkenntnisse ueber die in Deutschland gelagerten
US-Atomwaffen hat Greenpeace Aussenminister Joschka Fischer und
Bundeskanzler Gerhard Schroeder aufgefordert, sich fuer den Abzug
dieser Bedrohung von deutschem Boden einzusetzen. Wie letzte
Woche bekannt wurde, lagern 150 Wasserstoffbomben in
Deutschland, 480 in Europa - dreimal so viele wie bislang angenommen.
Marion Struck-Garbe
Greenpeace e.V.
"Friedensratschlag" zum Bush-Besuch - Presseerklärung
Kassel, 22. Februar – US-Präsident George W. Bush hat auf seiner
Europa-Tour seine erste Visitenkarte in Brüssel abgegeben. In einer Rede
im Hotel "Concert Noble" hat er vor geladenen Gästen aus NATO und EU
wiederholt, was zu den Grundpfeilern der amerikanischen Außenpolitik
gehört: Der Kampf gegen den Terror werde als weltweiter Krieg geführt,
die USA fahren fort, den Nahen und Mittleren Osten sowie Zentralasien
nach ihren Vorstellungen neu zu ordnen, Iran und Syrien werden ultimativ
aufgefordert, ihre Atomwaffenprogramme bzw. ihre "Unterstützung" des
internationalen Terrorismus einzustellen und der Export von "Demokratie
und Freiheit" ("spreading liberty") wird weltweit voran getrieben.
Unter transatlantischer Partnerschaft versteht Bush die bedingungslose
Unterstützung der europäischen NATO- und EU-Regierungen für sein
Programm. "Our alliance is determined to defend our security", sagte
Bush gestern und meint damit den militärischen Schulterschluss mit
Europa im Anti-Terror-Krieg.
Es ist beschämend, dass die Regierungschefs der EU ihrem Gast nicht
widersprechen. Im Gegenteil: Sie kuschen und machen sich überall zum
Erfüllungsgehilfen der US-Regierung.
-
Auch ehemalige Gegner des Irakkriegs wie Deutschland akzeptieren die
durch den Bruch des Völkerrechts geschaffenen Tatsachen des
Besatzungsregimes und beteiligen sich an dessen Aufrechterhaltung
- Die EU tut alles, um ihre militärischen Kapazitäten auszubauen –
angeblich für den "Krieg gegen den Terror"
- Die EU hat sich eine Sicherheitsstrategie gegeben, nach der
Präventivkriege nicht ausgeschlossen werden
- Deutschland und andere NATO-Staaten verstärken ihre militärische
Präsenz z.B. in Afghanistan, um die überstrapazierten US-Truppen zu
entlasten.
Das alles ist keine "Partnerschaft", sondern Komplizenschaft.
US-Präsident Bush wird die Wahrheit über seinen katastrophalen und
gefährlichen Kriegskurs nicht aus dem Mund der Regierenden erfahren.
Deshalb ist die Friedensbewegung gezwungen, stellvertretend für die –
nach neuesten Umfragen 80-prozentige - Mehrheit der Bevölkerung, die
diesen Kurs ablehnt, heute und morgen auf die Straße zu gehen. In über
50 Städten in Deutschland finden am Dienstag Protestkundgebungen,
Demonstrationen oder andere Aktionen statt; am Mittwoch werden Tausende
in Mainz zeigen, was sie von der Bush-Politik und der EU-Kumpanei
halten. Die Wahrheit über diese Politik liegt auf der Straße und nicht
in den Salons der Diplomaten.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)
Demonstrationen der Friedensbewegung einig mit Protesten in USA
PE Friedenskooperative zum USA-EU-Gipfel und Demo Mainz
Die Mainzer Großdemonstration ist nach den letzten Gesprächen
zwischen Veranstaltern, Polizei und Ordnungsamt gesichert.
Beanstandete rigorose Auflagen wurden von den Behörden
zurückgenommen. Befürchtet werden weiterhin Behinderungen und
Verspätungen bei der Anreise zur Demonstration, die mittags in der
Mainzer Innenstadt startet.
Die Demonstrationen der Friedensbewegung in Brüssel, Mainz und mehr
als 60 weiteren deutschen Orten (und letzten Samstag in Rom)
wollen die USA daran erinnern, dass der bisherige Kriegskurs ihres
Präsidenten in Europa abgelehnt und die angekündigte "Verbreitung
der Freiheit" in der Welt als Bedrohung empfunden wird. Friedens-
und globalisierungskritische Gruppen sehen sich hier einig mit
vielen ebenso denkenden Menschen in den USA. Sie wollen sich am
"transatlantischen Dialog" beteiligen und setzen dabei andere
Akzente als die in Brüssel versammelten EU-Regierungschefs und
Kanzler Schröder in Mainz.
Der neue Tonfall gegenüber Europa ändert nicht den politischen und
militärischen Kurs der Supermacht USA. Die US-Regierung will
schlicht "burden sharing" – politisch, finanziell und militärisch.
Vor der von Präsident Bush beschworenen "neuen Ära der
transatlantischen Einigkeit" kann nur gewarnt werden. Sie bedeutet
verstärktes militärisches Engagement in Irak, Afghanistan und
anderen Schauplätzen des "Kriegs gegen den Terror" sowie Kumpanei
bei der Destabilisierung unerwünschter Regime wie des Iran oder
Syriens. Präsident Bush ist weiterhin nicht als der "gefährdetste"
(Einsatzleitung der Polizei) sondern als der gefährlichste Mann
der Welt anzusehen, dessen Politik einen Flächenbrand im Nahen
und Mittleren Osten zu bewirken droht.
Während die US-Regierung möchte, dass USA und Europa künftig "mit
einer Stimme" (der us-amerikanischen) sprechen, setzen die EU-
Regierungen eigene wirtschafts- und machtpolitische Interessen
dagegen. Soweit gibt es deutliche Differenzen beim Gipfeltreffen EU-
USA, die sich z.B. auf Rüstungsexporte nach China, den "richtigen"
Umgang mit dem Iran wie auch die Rolle der amerikanisch dominierten
NATO erstrecken.
Kanzler Schröder liegt mit seiner Relativierung der NATO zwar richtig:
die NATO ist so gut wie tot. Motiv bei ihm und anderen EU-Chefs ist aber
die Stärkung eigener militärischer EU-Fähigkeiten in Konkurrenz zur
USA. Die Friedensbewegung dagegen sieht die Chancen für einen
positiven Einfluss der Europäischen Union nicht in eigener
Aufrüstung sondern konsequenter Stärkung der friedenspolitischen
Kapazitäten ziviler Konfliktbearbeitung und fairer Kooperation mit
den Ländern des Südens und der arabisch-islamischen Welt. Ein in
diesem Sinne starkes Europa könnte im transatlantischen Dialog die
USA beeinflussen, den Weg zurück in die UN-Institutionen und die
Achtung internationalen Rechts zu finden.
Zu befürchten ist, dass der Kanzler dem US-Präsidenten umfangreiche
Konzessionen für den militärischen "Krieg gegen Terror", Bundeswehr-
Engagement in Afghanistan und für (wenn nicht im) Irak machen wird,
um so das Plazet für den Wunsch auf einen ständigen deutschen Sitz
im UN-Sicherheitsrat zu erhalten. Schröder bringt die Bundesrepublik
so auf die Rutschbahn in den Kombattanten-Status bei jetzigen und
künftigen völkerrechtswidrigen US-Kriegen.
Manfred Stenner
Geschäftsführer des Netzwerk Friedenskooperative
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