Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Bergbau und Erdölförderung bedrohen indigene Territorien

Bei einem Treffen in Washington wurden Erfolge und Herausforderungen beim Kampf um den Erhalt von Ökosystemen bilanziert

Von Michelle Tullo, Washington *

Indigene aus Afrika, Asien, Australien sowie Amerika sehen sich bei ihrem Kampf um den Erhalt von Wäldern und Ökosystemen zunehmender Gewalt von Seiten der Bergbaufirmen ausgesetzt.

»Der Kampf, den Chico Mendes begonnen hat, ist durch seinen Tod nicht beendet worden – im Gegenteil.« Die Meinung des UN-Menschenrechts- und Umweltberaters John Knox erfuhr beim Treffen von Indigenen aus Afrika, Asien, Australien sowie Nord- und Lateinamerika in Washington großen Zuspruch. Doch nach wie vor würden Aktivisten, die sein Vermächtnis angetreten hätten, ihr Leben verlieren, so Knox. Aktivisten wie der Brasilianer Chico Mendes, dem Kautschukzapfer und Gewerkschafter, der 1988 vor seinem Haus in Xapuri im amazonischen Bundesstaat Acre kaltblütig von einem gedungenen Mörder hingerichtet wurde.

Wie aus einem 2012 veröffentlichten Bericht der Organisation Global Witness hervorgeht, sind in den vorangegangenen zehn Jahren mindestens 711 Aktivisten, Journalisten und Angehörige indigener Gemeinschaften bei der Verteidigung von Landrechten getötet worden.

Die Teilnehmer des Treffens »Chico Vive« (Chico lebt) konnten aber auch über Erfolge berichten. »2002 wollte ein argentinisches Erdölunternehmen in unserem Gebiet Bohrungen vornehmen. Einige unserer Mitglieder leisteten Widerstand und kamen ins Gefängnis. Wir wehrten uns gegen die Inhaftierungen und bekamen vor dem Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof Recht«, sagte Franco Viteri, Vorsitzender der Vereinigung indigener Völker des ecuadorianischen Amazonasgebietes. »Unsere Stadt konnte daraufhin ihr Land zurückfordern und die Erdölfirma fernhalten.«

Angesichts der Umweltzerstörung durch die Ölförderung im Norden Ecuadors lassen indigene Gemeinschaften im Süden des Landes nicht von der Verteidigung ihrer Territorien ab. Viteri berichtete, dass einige diesen Kampf nun schon seit einem Vierteljahrhundert mit Erfolg führten. Er sei aber noch längst nicht zu Ende, vor allem deshalb, weil die Regierung in Quito ständig ihre Haltung ändere.

Viele andere Teilnehmer der Konferenz sprachen von negativen Auswirkungen des Bergbaus und anderer Aktivitäten zur Erschließung des Landes auf indigenen Territorien. »Wir werden von der Öl- und Gasindustrie, dem Bergbau, der Forst- und Landwirtschaft und Staudämmen heimgesucht«, erklärte Chief Liz Logan aus der Gemeinde Fort Nelson First Nation in British Columbia in Kanada.

»Auf unserem Territorium können wir derzeit kein Wasser trinken, weil es durch die Öl- und Gasindustrie verseucht worden ist. Die Krebsfälle in unserer Gemeinschaft nehmen sprunghaft zu. Doch niemand will sich darum kümmern, weil dies ja zu der Erkenntnis führen könnte, dass die Bergbauunternehmen uns und das Vieh krank machen.« Logan beschrieb die Bemühungen zum Schutz der Gemeinde als »kleinen Tanz«. Wenn sich die Regierung nicht an Abmachungen halte, müsse sie vor Gericht gebracht werden. Und es müsse dafür gesorgt werden, dass die Regierung den Anordnungen der Richter tatsächlich Folge leiste.

Viele Diskussionsbeiträge haben verdeutlicht, dass es eine offensichtliche Verbindung zwischen den Landkonflikten und dem globalen Klimawandel gibt. »Meiner Gemeinschaft gehören Kleinbauern und Hirten an, die von ihrem Vieh und ihrem Weideland abhängig sind«, sagte Godfrey Massay vom Institut für Landrechte in Tansania. »Diese Menschen werden ständig von Großinvestoren bedroht, die ihnen ihr Land wegnehmen wollen. Noch mehr wird ihre Existenz allerdings durch den Klimawandel gefährdet.«

Aktivisten wie Viteri aus Ecuador sind fest entschlossen, die Wälder auch weiterhin zu verteidigen. »Wir gehen achtsam mit ihnen um, sie geben uns alles: Leben, Schatten, Nahrungsmittel und Wasser«, betonte er. »Sie machen uns reich, auch wenn diese Art des Reichtums ein anderer ist. Das ist der Grund, warum wir kämpfen.« IPS/nd

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 15. April 2014


Zurück zur Erdöl- und Erdgas-Seite

Zur Erdöl- und Erdgas-Seite (Beiträge vor 2014)

Zur Rohstoff-/Ressourcen-Seite

Zur Rohstoff-/Ressourcen-Seite (Beiträge vor 2014)

Zurück zur Homepage