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Riskante Gasförderung unter Druck

Koalitions- und Oppositionspolitiker streiten im Bundestag über Fracking-Gesetzespaket

Von Aert van Riel *

Die vorgesehenen Reglungen zu Fracking sind heftig umstritten. Denn die Technologie kann der Umwelt schwere Schäden zufügen.

Fracking ist ein heikles Thema für die Bundesregierung. Gegen die Erdöl- und Erdgasförderung gibt es nicht nur in der Bevölkerung, in der Opposition und in Umweltorganisationen große Bedenken. Auch in den Koalitionsparteien und in den Ländern wurden zuletzt kritische Stimmen laut. Deswegen ist Umweltministerin Barbara Hendricks offen für Änderungen. Bei der ersten Beratung im Bundestag machte die SPD-Politikerin am Donnerstag deutlich, dass sie sich eine Verschärfung des Gesetzes vorstellen kann. Allerdings wurde sie diesbezüglich nicht deutlicher. Umstritten ist etwa eine Kommission, die Anträge auf Probebohrungen und kommerzielle Projekte bewerten soll. Einige Sozialdemokraten wollen stattdessen den Bundestag in diesen Fragen mitbestimmen lassen.

Hendricks betonte, dass es bisher keine gesetzliche Regelung zu Fracking gebe. Die schwarz-rote Koalition will dies durch einige Auflagen ändern. Beim Fracking wird mit Quarzsand und Chemikalien vermischtes Wasser unter hohem Druck in Schiefergestein gepresst, mit Hilfe von Querbohrungen wird das Gestein großflächig aufgebrochen, damit das Gas entweichen kann. Die unkonventionelle Gasförderung aus Gesteinsschichten soll zunächst erprobt werden. Ab 2019 könnte eine kommerzielle Förderung möglich werden. In Gebieten, in denen Trinkwasser gewonnen wird oder Naturschutzzonen eingerichtet sind, soll ein Fracking-Verbot gelten. Die Länder können das Verbot auf Mineralwasservorkommen und Wasserentnahmestellen für die Herstellung von Getränken erweitern.

Außerhalb dieser Gebiete werden oberhalb von 3000 Metern Tiefe Vorhaben im Schiefer- und Kohleflözgestein grundsätzlich verboten. Diese Grenze gilt aber nicht bei Erlaubnis von Probebohrungen. Ein Unternehmen kann bei den zuständigen Berg- und Umweltbehörden im jeweiligen Bundesland einen Antrag auf Probebohrung stellen. Die Behörden können Fracking zulassen, wenn die umstrittene Expertenkommission dies als unbedenklich einstuft.

Die Linksfraktion forderte ein Verbot von Fracking ohne Ausnahmen. Ihr Abgeordneter Hubertus Zdebel monierte, dass Fracking eine Gefahr für Mensch und Natur sei. Das Grund- und Trinkwasser werde durch Chemikalien, aufsteigendes Methan und Lagerstättenwasser verunreinigt. Der LINKE-Umweltpolitiker sprach sich stattdessen für einen Ausbau der regenerativen Energien aus.

Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. Er verwies auf die USA, wo die Technik zum Sinken der Energiepreise geführt hatte. Nun klagen US-Amerikaner in der Nähe von Fracking-Standorten über verseuchtes Wasser und verpestete Luft. »Man muss kein Prophet sein, um zu sehen, dass die USA diesen kurzfristigen Gasboom noch teuer bezahlen«, sagte Krischer. Dort müsse man im wörtlichen Sinne den Giftmix ausbaden oder im schlimmsten Falle austrinken.

Hendricks hat bislang behauptet, man könne Fracking nicht komplett verbieten, weil die Technologie noch gar nicht ausreichend erforscht sei. Dagegen verwies die Linksfraktion auf eine Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages aus dem Jahr 2011. Darin heißt es: »Ein Verbotsgesetz könnte aber auch gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber zur Eindämmung aus seiner Sicht bestehender Risiken des Fracking ein Verbot zum Schutz von Mensch und Umwelt für erforderlich hielte.«

Am Freitag wird auch der Bundesrat Stellung zu dem Gesetzentwurf nehmen. Es ist möglich, dass es daraufhin zu Nachbesserungen durch die Koalition kommt. Letztlich ist das Gesetz zwar nicht zustimmungspflichtig, die Länder können aber durch Anrufung des Vermittlungsausschusses weitere Änderungen erzwingen.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 8. Mai 2015

Hier geht es zur entsprechenden Bundestagssitzung (Livestream):






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