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OPEC drosselt Ölförderung

Die Ergebnisse der OPEC-Sonderkonferenz in Wien [am 24. Oktober] wurden weltweit mit stockendem Herzen erwartet

Von Oleg Mitjajew *

Das ist durchaus nachvollziehbar: das mächtige Kartell, das 40 Prozent der weltweiten Erdölförderung kontrolliert, war erstmals in den letzten zwei Jahren in Begriff, die Fördermengen ernsthaft zu reduzieren. Und es geschah genau das, was man befürchtet hatte: ab dem 1. November reduzieren die OPEC-Staaten ihre Erdölförderung um 1,5 Millionen Barrel pro Tag.

Noch vor einigen Monaten war so eine Entwicklung kaum vorstellbar: Die Nachfrage war enorm, der Bedarf an fossilen Brennstoffen wuchs bereits seit sechs Jahren, so dass die Preise ebenfalls nur eine Richtung kannten - nach oben. In den letzten zwei Jahren haben die Preise für das „Schwarze Gold“ überhaupt einmalige Spitzen erreicht.

Unter diesen Umständen haben die OPEC-Staaten einfach keinen Grund, ihre Fördermengen zu reduzieren, ganz im Gegenteil, sie nutzten ihre Förderkapazitäten maximal, die schwarzen Fontänen sprudelten wie noch nie. Die Preise aber kletterten ungeachtet dessen immer höher. Doch die überhöhten Erdölpreise haben direkt auch deren Talfahrt bewirkt: Die Wirtschaften der westlichen Staaten waren nicht mehr in der Lage, die Erdölpreise zu bezahlen, das Wachstumstempo verlangsamte sich, und nun schlittert der Westen volle Kanne in eine globale Rezession.

Laut Information der Internationalen Energieagentur der OECD (IEA), die die Interessen westlicher Staaten vertritt, würde die Nachfrage nach Erdölprodukten am Jahresende auf 2,2 Prozent gesunken sein. Diese Tendenz würde sich auch im kommenden Jahr bemerkbar machen. Die Hoffnung, die sich auf die aufstrebenden Industriestaaten wie Indien und China, die in den vergangenen Jahren maßgeblich zur Erhöhung der Erdölpreise beigetragen haben, richtet, bleibt gering. Die allgemeine Verlangsamung des Wirtschaftswachstumstempos ist auch in diesen Ländern eingetreten.

Im vergangenen Monat haben die OPEC-Länder bereits die halbherzig gefasste Entscheidung getroffen, die Fördermengen zu begrenzen. Die Führung des Kartells hat die Mitgliedstaaten gebeten, ihre Fördermengen mit den vorgegebenen Quoten in Übereinstimmung zu bringen, denn schon damals förderten die OPEC-Länder 0,5 Millionen Barrel Erdöl mehr, als die geltende Quotenregelung (nicht mehr als insgesamt 28,8 Millionen Barrel täglich) es vorsah. Doch nicht umsonst sagt man - keine halben Sachen! Diese Regelung half nicht. Im Vergleich zu den sommerlichen Höchstpreisen (pro Faß Erdöl bezahlte man damals fast 150 US-Dollar) fielen sie dann auf den jetzigen Tiefststand von 75 US-Dollar und weniger.

Gerade deswegen hatten die OPEC-Länder beschlossen, am 24. Oktober in Wien eine Sonderkonferenz einzuberufen. Die „heißen Köpfe“ aus Venezuela und Iran schlugen darüber hinaus vor, die Erdölförderung drastisch um zwei bis 2,5 Millionen Barrel je Tag zu reduzieren. Doch die Konsensentscheidung des Kartells fiel allerdings viel bescheidener aus - die tägliche Fördermenge soll um 1,5 Millionen Barrel gedrosselt werden. So bekommt das Kartell genug Handlungsspielraum.

Für Dezember ist ein weiteres Treffen der OPEC-Staaten geplant. Das Ziel des Treffens ist die weitere Drosselung der Ölförderung, in der Zwischenzeit aber soll die Lage auf dem Markt aufmerksam verfolgt und analysiert werden.

Die Lage verspricht für die Erdölförderstaaten in der Tat wenig Gutes. Unmittelbar nach der Entscheidung der OPEC-Staaten vom 24. Oktober fiel der Preis für das US-Öl der Marke WTI um vier auf 63 US-Dollar je Barrel. Der Grund dafür ist nicht klar. Vielleicht halten die Erdölverkäufer die beschlossene Reduzierung für nicht ausreichend, vielleicht aber hat das verlangsamte Wirtschaftswachstum alle Bemühungen zunichte gemacht... Wer weiß?

Wie auch immer, eine weitere Reduzierung der Ölfördermengen ist mehr als wahrscheinlich. Die russische Regierung wird diese Reduzierung mit großer Hoffnung erwarten, denn laut Finanzminister Alexej Kudrin würde nur der Preis für das Erdöl der Sorte URALS von mindestens 70 US-Dollar je Faß es erlauben, den Haushalt für das Jahr 2009 einzubringen. Derzeit kostet das amerikanische WTI-Öl 63 US-Dollar je Barrel, fürs URALS zahlt man weniger als 60 US-Dollar.

Falls aber Russlands Staatshaushalt dank der Bemühungen der OPEC-Staaten doch nicht aus den Fugen geraten wird, müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass das Zeitalter ständig wachsender Erdölpreise sich seinem Ende zuneigt. Es ist höchste Zeit, Russland endlich vom Öltropf zu nehmen.

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.

* Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 24. Oktober 2008; http://de.rian.ru


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