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Globaler Protest gegen Fracking

Aktivisten in 30 Ländern warnen vor Trinkwasserverseuchung und beschleunigtem Klimawandel

Von Jürgen Heiser *

Am »Global Frackdown Day« fanden am Samstag weltweit Protestaktionen in mehr als 250 Orten in 30 Ländern statt. Gegner der umstrittenen Schiefergas-Förderungsmethode mobilisieren international seit Jahren zum 19. Oktober, um deren Gefahren ins öffentliche Bewußtsein zu bringen und ihr Verbot durchzusetzen. Beim Fracking wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien mit hohem Druck in Schiefergestein gepreßt wird, um Risse zu erzeugen und eine höhere Durchlässigkeit aus Gas- und Ölvorkommen hin zur Bohrstelle zu erreichen. Befürchtete Folgen sind die Verseuchung des Trinkwassers und eine Beschleunigung des Klimawandels. In bestimmten geologischen Formationen könnten auch Erdbeben ausgelöst werden, so die Frackinggegner.

Eine der größten Demonstrationen mit über 1000 Teilnehmern fand in Rumänien statt. Mit Billigung der Bukarester Regierung will der US-Energiekonzern Chevron nahe der Ortschaft Pungesti schon bald mit der hydraulischen Frakturierung beginnen. In Südafrika, Australien, Großbritannien, in Nordirland, Irland, Frankreich, Belgien und weiteren europäischen Ländern trugen besorgte Bürger ihren Protest auf die Straße. Adressaten waren überall Ministerien und Firmen, die bereits mit der Schiefergas-Förderungsmethode befaßt sind oder ihre künftige Verwendung planen. Auch in Bolivien, Argentinien, Mexiko und Kanada, vor allem aber in den USA fanden zahlreiche Kundgebungen und Demonstrationen statt.

Washington forciert Fracking aus strategischen Gründen, um Ölförderausfälle in Irak und Libyen aufzufangen. Die US-Energiebehörde geht davon aus, daß die Vereinigten Staaten in diesem Jahr erstmals mehr Öl fördern als importieren werden. Bei vielen Protesten von San Francisco bis New York brachten die Teilnehmer ihre Solidarität mit dem Widerstand der Elsipogtog First Nation im kanadischen New Brunswick zum Ausdruck. Die dem Großen Rat des Mi’kmaq-Stammes angehörenden indianischen Aktivisten wehren sich gemeinsam mit kanadischen Umweltschützern friedlich gegen Versuche der SWN Resources Canada, einer Tochter der texanischen Southwestern Energy Company, ein großes Gebiet nahe dem Ort Rexton für das dort geplante Erdölfracking geologisch zu erkunden. Eine wachsende Zahl der 65000 Einwohner des Areals blockiert bereits seit Beginn vergangener Woche die Anlieferung dabei benötigter technischer Gerätschaften. Dazu wurde eine Landstraße durch gefällte Bäume und von den Aktivisten abgeriegelt. Die in Kampfausrüstung angerückte Royal Canadian Mounted Police (RCP) verhielt sich zunächst defensiv, ging aber am Freitag gewaltsam gegen die Demonstranten vor, räumte Straßensperren und nahm 40 Personen fest. Daraufhin kam es zu militanten Aktionen der Frackinggegner, bei denen fünf Polizeiwagen in Brand gesetzt wurden. Am Wochenende zog sich die Polizei zunächst in ihre Aufmarschstellungen zurück.

Die Elsipogtog-Aktivisten in New Brunswick verlangen, daß die Festgenommenen freigelassen und die kanadische Regierung mit ihnen für New Brunswick eine Vereinbarung abschließt, wie sie im August 2010 bereits mit der Mi’kmaq Nation in der Provinz Nova Scotia unterzeichnet wurde. Danach dürfen dort keinerlei Frackingerkundungen ohne Einwilligung der Bewohner vorgenommen werden. Wie die US-Umweltschutzorganisation »Environment America« in einem Anfang Oktober veröffentlichten Bericht nachweist, ist Fracking »höchst umweltschädlich«. Als Folge der Technologie sei demnach eine steigende Zahl von dokumentierten Erkrankungen zu verzeichnen. Außer Krebs würden giftige Substanzen in den Frackingchemikalien und den entstehenden Abwässern auch »hormonelle Veränderungen, neurologische Probleme und Probleme des Immunsystems« im menschlichen Organismus bewirken.

www.globalfrackdown.org

* Aus: junge Welt, Montag, 21. Oktober 2013


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