Steuergeld für BP und Co
Umweltschützer kritisieren staatliche Milliardenstützung fossiler Energieträger. Nach dem G-20-Gipfel scheint Ende der Kohlesubvention in Sicht
Von Stephen Leahy, IPS *
Internationale Umweltorganisationen dringen seit langem auf einen Abbau
staatlicher Subventionen für fossile Brennstoffe. Daß arme oder nahezu
bankrotte Länder Steuergelder in Milliardenhöhe in einen hochprofitablen
Wirtschaftsbereich pumpen, sei »absoluter Wahnsinn«, argumentieren sie.
Diese Meinung scheint sich nun auch bei den 20 wichtigsten Industrie-
und Schwellenländern durchzusetzen. Zum Abschluß ihres Gipfeltreffens in
Toronto hatten sie am 27. Juni erklärt, die hohen Zuschüsse für
Energieträger wie Kohle, Erdöl und -gas müßten gekürzt oder ganz
abgeschafft werden. Auf dieses Ziel will unter Führung Neuseelands auch
ein Zusammenschluß von Nicht-G-20-Mitgliedern namens »Friends of Fossile
Fuel Subsidy Reform« (Freunde einer Reform für den Ersatz fossiler
Brennstoffe) hinarbeiten.
Milliardenzuschüsse
Mark Halle vom Europa-Büro des Internationalen Instituts für Nachhaltige
Entwicklung (IISD) in Genf äußerte sich in dieser Hinsicht zufrieden
über das Ergebnis der Beratungen in Toronto. Die Staatengemeinschaft
scheine endlich dazu bereit zu sein, die Subventionen auslaufen zu
lassen, sagte er. »In einer Zeit, in der Haushaltsdefizite abgebaut
werden müssen, kann man nicht wegschauen, wenn weltweit jährlich 700
Milliarden bis 800 Milliarden US-Dollar ausgegeben werden, um etwa die
Benzinpreise niedrig zu halten.«
Nach konservativen Schätzungen, die auf Untersuchungen der Global
Subsidies Initiative des IISD beruhten, erhielten die Produzenten
täglich öffentliche Zuschüsse von mindestens zwei Milliarden US-Dollar,
erklärte Halle. Damit würden Anstrengungen zu einer effizienteren
Energienutzung unterlaufen. Alternative Energien hätten unter diesen
Umständen keine Chance, konkurrenzfähig zu werden.
Während Halle optimistisch ist, daß sich der Energiesektor in absehbarer
Zeit verändern wird, reagieren andere Subventionsgegner eher skeptisch.
Sie erinnern daran, daß die G20 und die Gruppe der acht größten
Industriestaaten (G8) ihre Zusagen häufig nicht eingehalten hätten.
Nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko hätte man von der
Staatengemeinschaft größere Visionen und mehr Mut erwartet, kommentierte
Darek Urbaniak von der Umweltgruppe Freunde der Erde den Ausgang des
G-20-Gipfels. Er erinnerte daran, daß der für das Ölleck verantwortliche
Konzern BP von den USA und Großbritannien subventioniert wird.
Verheerende Folgen
Urbaniak kritisisierte, daß die nationalen Regierungen weiterhin einen
großen Spielraum im Umgang mit fossilen Brennstoffen hätten. Jeder Staat
könne nach seinen eigenen Interessen entscheiden, welcher Energieträger
für ihn verzichtbar sei, sagte er. Australien schütze beispielsweise
seine Kohle- und Kanada seine Teersandindustrie. Nach Ansicht von
Urbaniak ist dies ebenso schlimm wie das von BP verursachte
Umweltdesaster. Die Folgen würden jedoch erst nach und nach sichtbar.
Laut Albert Koehl von der kanadischen Organisation »Ecojustice« hat die
Regierung des Landes in den vergangenen zwei Jahren genausoviel Geld für
Öl- und Gassubventionen wie für Klimaschutzprogramme ausgegeben. Die
Steuerzahler dürften sich nicht darüber freuen, daß das staatliche
Engagement gegen den Klimawandel durch die hohen Subventionen praktisch
zunichte gemacht werde, sagte er. Kanada investiere zur Zeit Milliarden
Dollar in die Entwicklung neuer Techniken zur CO2-Abscheidung und
-Speicherung (CCS), erklärte Koehl. Nutznießer seien die Produzenten
fossiler Brennstoffe, vor allem die Unternehmen, die in der Provinz
Alberta Öl aus Teersand gewännen. Die Förderung der CCS-Technik sei ein
neuer Weg, um Öl- und Gasproduzenten beträchtliche Zuschüsse
zuzuschieben. Während Industriestaaten der Ölbranche finanziell unter
die Arme greifen, um die Produktionskosten niedrig zu halten, stellen
Entwicklungsländer Geld bereit, um die Verbraucherpreise zu begrenzen.
Experten kritisieren, daß in beiden Fällen der Konsum fossiler Energien
gefördert und der Ölpreis weiter in die Höhe getrieben wird.
US-Präsident Barack Obama habe die Subventionen allerdings schon beim
G-20-Gipfel in Pittsburgh im vergangenen Herbst auf den Prüfstand
gestellt, sagte Halle. Um ihr hohes Staatsdefizit in den Griff zu
bekommen, wollten die USA Zuschüsse im Umfang von drei bis vier
Milliarden Dollar einsparen. Laut dem IISD-Experten bemühen sich auch
China, Malaysia und Indien um einen Subventionsabbau im Energiebereich.
Dennoch werde auch weiterhin argumentiert, daß die Zuschüsse dazu
bestimmt seien, der armen Bevölkerung Heizöl zu moderaten Preisen bieten
zu können. Von den Subventionen profitierten aber vor allem die
Autobesitzer, die der gesellschaftlichen Mittelschicht angehörten.
* Aus: junge Welt, 2. Juli 2010
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