Zahl der kriegerischen Konflikte erneut leicht rückläufig
Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Hamburg
Pressemitteilung 17.12.2008
Nach Untersuchungen der Hamburger Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung
(AKUF) hielt der generelle Trend der letzten Jahre zu weltweit weniger Kriegen und
bewaffneten Konflikten auch 2008 an. Gegenüber dem Vorjahr verringerte sich deren Zahl
nochmals um zwei auf nunmehr 40. Damit befindet sich diese Zahl auf dem niedrigsten
Stand seit 1993.
Im Gegensatz zu früheren Jahren, in denen sich hinter kleineren Veränderungen in der
Gesamtzahl häufig ein größerer Austausch an beendeten und neu begonnenen
kriegerischen Konflikten verbarg, eskalierte 2008 kein neuer Konflikt. Und folglich wurden im
Vergleich zu 2007 zwei Kriege bzw. bewaffnete Konflikte beendet.
Nicht mehr kriegerisch ausgetragen wurde der Konflikt um die Unabhängigkeit Westpapuas
von Indonesien, der bereits 1963 begonnen hatte und in den letzten Jahren nur noch mit
geringer Intensität ausgetragen wurde. Ebenfalls beendet wurden die Auseinandersetzungen
zwischen libanesischen Sicherheitskräften und der islamistischen Gruppierung Fatah al-
Islam, die zwischen Mai und September 2007 zu einem lokal begrenzten Krieg um das
palästinensische Flüchtlingslager Nahr al-Bared im Norden des Libanon eskaliert waren. Drei
Kriege des Jahres 2007 wurden 2008 nur noch als bewaffnete Konflikte eingestuft. Dabei
handelt es sich um die Kämpfe in der Zentralafrikanischen Republik und in Tripura im
Nordosten Indiens sowie um die Auseinandersetzungen zwischen den beiden
bedeutendsten palästinensischen Gruppen Hamas und Fatah.
Allerdings verlief die Entwicklung 2008 nicht uneingeschränkt positiv.
Vom bewaffneten
Konflikt eskalierten die Auseinandersetzungen in der georgischen Region Südossetien im
August zum Krieg zwischen Georgien und Russland. Auch einige Kriege wurden 2008
zumindest zeitweise mit größerer Intensität geführt als noch ein Jahr zuvor. Dazu zählten
insbesondere der in Afghanistan, wo das in den letzten Jahren zu beobachtende Erstarken
der Taliban anhielt und mit einer Intensivierung und Ausbreitung des Krieges im Land
einherging; im Sudan drangen Rebellen aus Darfur kurzzeitig bis in Vororte der Hauptstadt
Khartum vor. Nachdem in Somalia die islamistischen Gruppen Ende 2007 von ihrer
faktischen Herrschaft vor allem auch durch das Eingreifen Äthiopiens vertrieben worden
waren, gelang es ihnen 2008, weite Teile des Landes wieder unter ihre Kontrolle zu bringen.
Auf Sri Lanka strebte die Regierung nach Erfolgen gegen die tamilischen Rebellen einen
endgültigen militärischen Sieg an. Und im Osten der Demokratischen Republik Kongo
eskalierten in den letzten Wochen die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen.
Die von organisierten Kämpfen zahlenmäßig am stärksten betroffene Weltregion war nach
wie vor Asien mit 15 kriegerischen Konflikten. Von diesen entfielen allein sechs auf Indien
und drei auf Pakistan. Es folgten der Vordere und Mittlere Orient mit 12 und Afrika mit 11
Kriegen und bewaffneten Konflikten. In Lateinamerika waren zwei kriegerische Auseinandersetzungen
zu verzeichnen.
Der generelle Trend der letzten Jahre bedeutet allerdings nicht, dass die Welt friedlicher
geworden wäre. Auch 2008 waren eine ganze Reihe von gewaltsam ausgetragenen
Konflikten zu beobachten, die nicht als Kriege oder bewaffnete Konflikte zu bezeichnen sind.
Dazu gehörten unter anderem die Auseinandersetzungen in den ersten beiden Monaten des
Jahres nach den Wahlen in Kenia, die Zusammenstöße zwischen Anhängern von Regierung
und Opposition in Bolivien im September sowie die Anschläge in Bombay am 26. November
2008.
Die kriegerischen Konflikte im Jahr 2008
Region/Land | Beginn | Einstufung 2008 |
Asien | | |
Indien (Assam) | 1990 | Krieg |
Indien (Kaschmir) | 1990 | Krieg |
Indien (Manipur) | 2003 | Krieg |
Indien (Nagas) | 1969 | Bewaffneter Konflikt |
Indien (Naxaliten) | 1997 | Krieg |
Indien (Tripura) | 1999 | Bewaffneter Konflikt |
Myanmar (Karen u.a. Minderheiten) | 1948 | Krieg |
Osttimor | 2006 | Bewaffneter Konflikt |
Pakistan (Belutschistan) | 2005 | Krieg |
Pakistan (Islamisten) | 2007 | Krieg |
Pakistan (Sunniten/Schiiten) | 2001 | Bewaffneter Konflikt |
Philippinen (Mindanao) | 1970 | Krieg |
Philippinen (NPA) | 1970 | Krieg |
Sri Lanka (Tamilen) | 2005 | Krieg |
Thailand (Südthailand) | 2004 | Krieg |
Vorderer und Mittlerer Orient | | |
Afghanistan (Warlords) | 1978 | Bewaffneter Konflikt |
Afghanistan (Taliban) | 2001 | Krieg |
Algerien | 1992 | Krieg |
Georgien (Abchasien) | 2006 | Bewaffneter Konflikt |
Georgien (Südossetien) | 2008 * | Krieg |
Irak | 1998 | Krieg |
Iran (Kurden) | 2005 | Bewaffneter Konflikt |
Israel (Palästina) | 2000 | Krieg |
Jemen | 2004 | Krieg |
Palästina | 2007 | Bewaffneter Konflikt |
Russland (Tschetschenien) | 1999 | Krieg |
Türkei (Kurden) | 2004 | Krieg |
Afrika | | |
Äthiopien (Ogaden) | 2007 | Bewaffneter Konflikt |
Burundi | 1993 | Bewaffneter Konflikt |
Kongo-Kinshasa (Ostkongo) | 2005 | Krieg |
Mali (Tuareg) | 2007 | Bewaffneter Konflikt |
Niger (Tuareg) | 2007 | Bewaffneter Konflikt |
Nigeria (Nigerdelta) | 2003 | Bewaffneter Konflikt |
Senegal (Casamance) | 1990 | Bewaffneter Konflikt |
Somalia | 1988 | Krieg |
Sudan (Darfur) | 2003 | Krieg |
Tschad | 2006 | Krieg |
Zentralafrikanische Republik | 2006 | Bewaffneter Konflikt |
Süd- und Mittelamerika
|
Kolumbien (ELN) | 1965 | Bewaffneter Konflikt |
Kolumbien (FARC) | 1964 | Krieg |
* bis 2007 bewaffneter Konflikt
Quelle: www.akuf.de
Zurück zur Seite "Kriege, Neue Kriege"
Zur Seite "Kriege, Geschichte des Krieges"
Zurück zur Homepage