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"Leopard" und "Leclerc" jetzt Freunde

Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann will Fusion mit bisherigem Konkurrenten aus Frankreich *

Die Eigentümerfamilie der deutschen Panzerbauers Krauss-Maffei Wegmann (KMW) hat offenbar genug von Exportrestriktionen und schlappem Absatz ihres Hauptprodukts. Jetzt plant man ein Zusammengehen mit dem bisherigen französischen Konkurrenten Nexter. Am Dienstag hatten beide in Paris eine Grundsatzerklärung für einen Zusammenschluß bis 2015 unterzeichnet, teilten die Firmen mit. Es ist oder wäre eine der größten Rüstungsfusionen in der jüngeren Vergangenheit. KMW baut u.a. zusammen mit dem heimischen Rüstungskonzern Rheinmetall (dessen neuer Cheflobbyist jetzt Ex-FDP-Entwicklungsminister Dirk Niebel ist) den »Leopard 2«. Der gilt unter deutschen Militaristen als bester Kampfpanzer der Welt. Es mangelt auch nicht an Abnehmern für das monströse Kriegsgerät, allerdings gehört die Mehrzahl der potentiellen Interessenten zumindest zu den Wackelkandidaten – unter dem Blickwinkel der Bestimmungen des Kriegswaffenkontrollgesetzes.

Nur die »Guten« dürfen bekanntlich den »Leo« haben. Doch auf dem eingehegten »Markt«, also NATO-Staaten und deren zertifizierte Partner und Verbündete, kann und will man sich derzeit keine neuen Panzerkorps anschaffen. Momentan wird im EU-Teil der NATO Steuergeld nicht gerade mit vollen Händen in Richtung der Rüstungskonzerne geworfen. Zudem gibt es heftige Konkurrenz – gerade bei den Panzern. US-Amerikaner, Briten, Franzosen und Deutsche sind der festen Überzeugung, genau das Vehikel aus ihrer landeseigenen Produktion ist das beste. Und weil die USA notfalls Geld drucken, es von ihren Partnern per Gerichtsverfügungen holen und zudem auch immer mal ein paar zerschossene Gerätschaften vorweisen können, profitieren deren Konzerne immer noch am meisten am Kriegsgeschäft. Für die maßgeblichen KMW-Eigentümer, eine Mischung aus Erben diverser Industrieller wie etwa der Familie Bode, der früher Wegmann gehörte, scheinen neben den Export­restriktionen und der harten Konkurrenz auch die neuen Töne von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel Anlaß für die Flucht in französische Arme gewesen zu sein. Gabriel will angeblich die deutschen Rüstungsexporte noch stärker beschränken.

Nexter ist in Staatsbesitz. Dessen Aushängeschild, der Panzer »Leclerc«, war zuletzt bei einem Geschäft mit dem Ölscheichtum Katar KMW unterlegen. Jetzt will man gemeinsam ran. Durch den Zusammenschluß mit KMW entsteht ein Rüstungskonzern mit etwa zwei Milliarden Euro Jahresumsatz und 6000 Mitarbeitern. Deutschland und Frankreich hatten im Juni 2012 ein Abkommen über eine komplexe Rüstungskooperation unterzeichnet. Da wundert es nicht, wenn die Unternehmen jetzt loslegen: »Nexter, KMW und ihre Eigentümer bewerten ihren Schritt als entscheidend für die Konsolidierung der wehrtechnischen Industrie Europas«, lobten sich die neuen Partner.

* Aus: junge Welt, Donnerstag 3. Juli 2014

Wie die FAZ den bevorstehenden Zusammenschluss sieht

Unter dem Titel "Panzerschmiede nach Vorbild von Airbus entsteht" veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung einen Hintergrundartikel von Ulrich Friese und Rüdiger Köhn. Darin werden die Motive und die innere Logik des geplanten Zusammenschlusses der deutschen und französischen Panzerschmieden ausgeleuchtet. Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Nexter sollen in einer gemeinsame Holding zusammengeführt werden, "um die Produktion von Panzern und Kanonen zu bündeln, gemeinsam zu steuern und global zu vermarkten". Am Ende stünde wohl eine Fusion beider Unternehmen. Damit habe sich das früher angedachte Projekt eines Zusammenschlusses von KMW mit Rheinmetall wohl erledigt.

Auszug aus dem FAZ-Artikel:

Kommt der Pakt zwischen Nexter und KMW zustande, wäre das eine industriepolitische Zäsur in der Rüstungsbranche. Denn der deutsch-französische Verbund soll den Nukleus für eine möglichst umfassende Konsolidierung in der europäischen Panzerindustrie bilden. Mit KMW und Nexter verbünden sich zunächst die letzten beiden Unternehmen, die ausschließlich vom Verkauf schweren Kriegsgerätes leben. (...)

Der geplante Pakt zwischen KMW und Nexter erfolgt in einer Zeit, in der die Rüstungsetats der westlichen Nato-Länder schrumpfen. So fielen bei KMW jüngst Aufträge von langjährigen Großkunden wie Spanien oder Griechenland weg, auch die Bundeswehr kürzt seit langem Bestellungen. Erschwerend kommt hinzu, dass bei westlichen Streitkräften die einst zur Abwehr einer sowjetischen Invasion konstruierten Waffen heute kaum mehr gefragt sind. Der Umsatz von KMW sackte seit 2008 von 1,4 Milliarden Euro zwischenzeitlich auf rund 800 Millionen Euro ab. Doch angesichts eines hohen Auftragsbestandes von etwa 4 Milliarden Euro sei die Beschäftigung in den Werken in München und Kassel für die Dauer der Aufträge bis 2018 gesichert, sagte Frank Haun, der Vorstandsvorsitzende von KMW dieser Zeitung. (...)

Für den Vorstandschef Haun sind Zusammenschlüsse solchen Kalibers seit Jahren überfällig: „Die militärische Vielstaaterei in Europa wird immer absurder“, sagt er. Angesichts knapper Budgets könne sich kein EU- oder Nato-Land mehr den Luxus von nationalen Waffensystemen leisten. Wenn es keinen Vorstoß der Politiker oder des Militärs zu mehr Konsolidierung gebe, müssten nach seiner Ansicht die Ausrüster der Streitkräfte aktiv werden. (...)

Zitiert auz FAZ-online, 1. Juli 2014




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