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Kriegsschiffe für die Beschäftigung

ThyssenKrupp sucht Käufer für Blohm + Voss-Werft in Hamburg

Von Hermannus Pfeiffer, Hamburg *

Die traditionsreiche maritime Rüstungsschmiede Blohm + Voss in Hamburg steht zum Verkauf. Der ThyssenKrupp-Konzern verhandelt mit ausländischen Investoren. Das geht aus einer Erklärung der Betriebsräte der Werft hervor. Danach führt der Thyssen-Vorstand zur Zeit »Sondierungsgespräche« mit Interessenten.

Blohm + Voss blickt auf eine bewegte Militärgeschichte zurück. Im Februar 1939 lief das imposante Schlachtschiff »Bismarck« unter den Augen Adolf Hitlers vom Stapel in die Elbe. Der heutige Eigentümer ThyssenKrupp warb kürzlich auf seiner Internetseite mit dem Schlachtschiff für sich und seine Werften. Zuletzt wurde die Korvette »K 130« auf der Elbinsel Steinwerder gebaut. Das Hightech-Kriegsschiff soll im Herbst erstmals eingesetzt werden.

Die Betriebsräte von Blohm + Voss weisen in ihrer Erklärung darauf hin, dass bei einem Verkauf an einen ausländischen Investor sicherzustellen sei, dass die beiden Mega-Fregatten »F 125« für die Marine bei Blohm + Voss gebaut werden können. Sie könnten nach Auffassung der Betriebsräte »Beschäftigung sichern«.

Die Arbeitnehmervertreter seien bisher über den oder die Gesprächspartner der Geschäftsführung jedoch nicht informiert, sagte Herbert Oetting, Betriebsratsvorsitzender der Blohm + Voss-Werft, einer lokalen Zeitung. Es soll sich um einen Ausländer, jedoch »um keinen Russen« handeln. Oetting dazu: »Wir fordern, dass Beratungen mit den Betriebsräten und der IG Metall aufgenommen werden.«

Für die Hansestadt ist die Nachricht ein Schreck. Die über 130 Jahre alte Werft Blohm + Voss gilt als einer der wichtigsten Industrie-Standbeine der Region. Jachten für russische Milliardäre gehören ebenso zu ihrem Programm wie die Schnellreparatur von Schiffen, die in einem chinesischen Hafen festliegen. Unmittelbar betroffen von einem Verkauf wären rund 1700 Beschäftigte, die zur Werftenholding ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) gehören.

Erst 2005 war Blohm + Voss in die TKMS integriert worden. Zur Holding gehören auch die Kieler HDW und die Nordseewerke in Emden. Mit starker Unterstützung der Bundesregierung von Ex-Kanzler Gerhard Schröder wurde unter dem Dach des Stahlkonzerns ThyssenKrupp ein deutscher Werftenriese geformt und damit der US-amerikanische Investor One Equity Partners (OEP) ausgebootet. OEP hielt zeitweilig die Sperrminorität bei ThyssenKrupp-Marine. Seither gibt es Pläne, die Thyssen-Werften vor allem mit den französischen Staatswerften zu einer europäischen Superwerft nach dem Vorbild des deutsch-französischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS/Airbus zusammenzuschmieden.

Die Sondierungsgespräche stehen nach Informationen des Neuen Deutschland noch am Anfang. Der Ausgang der Gespräche scheint derzeit völlig offen.

* Aus: Neues Deutschland, 14. August 2009


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