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Erst Panzer nach Griechenland...

...und dann in die Türkei?

Rüstungsexporte aus Deutschland laufen wie geschmiert. Im vergangenen Jahr schob sich die Bundesrepublik wieder auf Platz Drei der Waffen exportierenden Länder und auch in diesem Jahr füllen sich die Auftragsbücher der Rüstungskonzerne.

Einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen zufolge hat die Bundesregierung bereits im April 2000 eine grundsätzliche Deckungszusage für Hermes-Bürgschaften gegeben, falls Griechenland Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 kaufen möchte. Die Bürgschaft sollte bis zu einer Höhe von 3,989 Milliarden DM gehen. Diese Angaben wurden im Verteidigungsministerium im Grundsatz bestätigt, wenn auch über die Höhe der Bürgschaft Stillschweigen herrschte. Griechenland wollte ursprünglich offenbar 450 Panzer kaufen, hat aber wegen Finanzknappheit die Bestellung auf 250 Stück reduziert - schließlich will Griechenland stärker in die Luft- und Seestreitkräfte investieren. Das deutsche Unternehmen Krauss-Maffei Wegmann konkurrierte mit britischen, französischen und US-amerikanischen Anbietern, die aber offensichtlich aus dem Feld geschlagen wurden. Wie aus Berlin weiter verlautete, müsse mit der Panzerlieferung an Griechenland auch nicht der Bundessicherheitsrat befasst werden. Denn nach den überarbeiteten rüstungspolitisachen Grundsätzen der Regierung sind nach Auffassung des Ministeriums Rüstungsverkäufe an NATO-Partner im Regelfall zu genehmigen. Kompliziert werde aber die Situation durch die Spannungen zwischen den NATO-Partnern Griechenland und Türkei.

Auch wenn es der Bundesregierung momentan nicht ins Konzept passt: Mit einer Zusage an Griechenland könnte in der Koalition neuer Streit entstehen. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, findet es denn auch "sicherheitspolitisch unklug, einen NATO-Partner in dieser Region aufzurüsten". Mit der Bürgschaft für Athen setze man sich nämlich unter "Zugzwang", denn auch die Türkei gehöre zur NATO und möchte Leopard-Panzer in Deutschland bestellen. Sollte die Bundesregierung für den Fall des Zustandekommens des Panzerdeals mit der Türkei Bürgschaften in Aussicht gestellt haben, so betreibe sie ein "gefährliches Spiel", fügte Angelika Beer hinzu.

Damit hat sie sicher nicht Unrecht. Schon melden sich CDU-Politiker zu Wort, die gleiches Recht für alle NATO-Mitglieder, also auch für die Türkei, verlangen. Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Paul Breuer, hat die deutsche Regierung aufgefordert, nicht nur Griechenland, sondern auch der Türkei auf Wunsch den Kampfpanzer Leopard II A5 zu liefern. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Mittwoch (23.08.2000) betonte Breuer, sonst würde sich die Regierung international völlig unglaubwürdig machen und "gleichzeitig Misstrauen in der NATO" säen.

Die Solidarität des Bündnisses verlange eine Gleichbehandlung Griechenlands und der Türkei beim Panzer-Export. Alles andere sei nicht nachvollziehbar und würde nur Streit in der NATO auslösen, meint Breuer. Die Begründung der Regierung, der Türkei den Leopard-Panzer wegen Menschenrechtsverletzungen vorzuenthalten, nannte er "höchst problematisch". Die schweren Kampfpanzer könnten wegen des unwegsamen Geländes im Südosten der Türkei nicht gegen Stellungen militanter Kurden eingesetzt werden. Außerdem gebe es keine NATO-Partner zweiter Klasse - auch wenn "die rot-grünen Ideologen" die Türkei ins NATO-Abseits stellen wollten. Gleichzeitig behandle die Bundesregierung die Türkei als EU-Anwärter. Das alles passe nicht zusammen, kritisierte der CDU-Politiker.

Da haben wir's also! Der Panzerdeal mit der Türkei ist längst nicht vom Tisch. Anders lautende Meldungen - wir haben darüber berichtet - waren Zweckpropaganda und dienten mehr der Beruhigung des Koalitionsklimas und der Ablenkung der Friedensbewegung. Für letztere bleibt es also dabei: Gegen die Panzerexporte muss weiter gekämpft werden, ja, dabei muss sogar noch ein Zahn zugelegt werden. Unterschriftenlisten sind hier zu haben. Der Antikriegstag mit seinen Hunderten von Aktionen kann genutzt werden, um noch viele Untzerschriften zu sammeln. Und am 23. September geht es nach Berlin, um anlässlich der vielfältigen außerparlamentarischen Aktionen zur Halbzeitbilanz der Bundesregierung den Widerstand gegen die Panzerlieferung deutlich zu machen.

Quellen: Süddeutsche Zeitung, Der Standard, Der Tagesspiegel, alle vom 23.08.2000

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