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Rüstungskonzern baut ab

Geschäftsführung von EADS kündigt vor europäischen Betriebsräten Streichung von 5800 Stellen an

Von Jörg Meyer *

Besonders die Rüstung sollte es hart treffen. Am Montag stellte die EADS-Geschäftsführung ihr Umbauprogramm für den Rüstungs-, Luft- und Raumfahrtkonzern vor.

EADS wird Airbus – und streicht europaweit tausende Stellen. Was sich in den letzten Monaten bereits ankündigte, drückte der Chef des internationalen europäischen Rüstungs-, Luft- und Raumfahrtkonzerns, Tom Enders, nun auch in Zahlen aus. Am Nachmittag stellte das Management den europäischen Betriebsräten die Kürzungspläne vor.

5800 Stellen werden im Rüstungsbereich gestrichen, teilte die französische Gewerkschaft Force Ouvirère mit. Die französische Tageszeitung »Le Figaro« schrieb, in Deutschland würden 2440 Stellen gestrichen, 1440 in Frankreich (davon 360 Zeitverträge), 660 in Großbritannien und 560 in Spanien. Der Konzern plane laut AFP zudem den Verkauf des Standortes in Unterschleißheim. Insgesamt 4500 Festangestellte und 1300 Beschäftigte mit Zeitverträgen verlieren ihre Jobs.

Neben den Stellenstreichungen will EADS, der ab Januar Airbus heißt, den Konzern radikal umbauen. Die zivil-militärische Raumfahrtsparte Astrium, der Bereich Airbus Military und die Rüstungsfirma Cassidian sollen zur neuen Airbus Defence & Space mit Hauptsitz in Ottobrunn bei München zusammenfassen. Die zivile Airbus-Flugzeugproduktion erhält einen neuen Hauptsitz in Toulouse in Südfrankreich, das Hauptquartier in Paris soll dem Vernehmen nach verkauft werden. Überdies soll verstärkt in Fabriken in China investiert werden. Als dritter Geschäftsbereich bleibt der zivile und militärische Hubschrauberbau, der ebenfalls von Franzosen geleitet werden soll.

Mit dem Umbauprogramm »reagiert der Konzern auf das veränderte Marktumfeld, das von stagnierenden oder sogar schrumpfenden Verteidigungsbudgets in der westlichen Welt geprägt ist«, schrieb EADS in einer Mitteilung im Juli. Konkret: Waffen und Wehrtechnik sind schwerer an den Mann und an die Frau zu bringen, deshalb wird auf das Zugpferd Airbus gesetzt.

Die Rüstungsindustrie ist auch in der Gewerkschaft ein immer wieder umstrittenes Feld. Auf der einen Seite stehen tausende von hoch qualifizierten Beschäftigten, auf der anderen Seite die Satzung der IG Metall, nach der sich die größte Einzelgewerkschaft der Welt explizit für »Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung« einsetzt.

Kritiker vermissen seit Jahren Forderungen der IG Metall nach einer Verstärkung der Konversionsbemühungen, der Überführung von militärischer Produktion in die zivile.

Für Lilo Rademacher, 2. Bevollmächtigte der IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben, beinhaltet der Umbau von EADS zu Airbus auch »eine Chance im Sinne der Konversion«. In Friedrichshafen liegen mit Cassidian und Astrium zwei Standorte mit über 2500 Beschäftigten. »Wir waren früher in der Debatte stärker«, sagte sie gegenüber »nd«. Im Jahr 1983 wollte die IG Metall noch gegen den NATO-Nachrüstungsbeschluss streiken.

»Wenn alles boomt, werden keine Alternativen diskutiert«, sagt Rademacher. Die Renditepläne des Konzerns nannte sie »total unrealistisch«. Nicht einmal im zivilen Flugzeugbau, der fast 80 Prozent des Umsatzes einbringt, würden die angestrebten zehn Prozent erreicht. Beim jetzt anstehenden Stellenabbau fordert Rademacher insbesondere keine betriebsbedingten Kündigungen und kein Nachlassen bei den Investitionen »und zwar in zivile Produkte«.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 10. Dezember 2013


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