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Irakkrieg: Shock and Awe - Angst und Entsetzen

Intelligente Waffen oder einfach nur Horror-Waffen? Kommentar und Übersicht

"Shock and Awe" heißt die neue Strategie der US-Militärs, die im Irakkrieg angewandt werden soll. Übersetzt wird das mit "Angst und Entsetzen" oder mit "Schock und Ehrfurcht", oder mit "Schock und Lähmung" - gemeint ist aber immer dasselbe. Durch eine überlegene massive Bombardierung sollen der militärische Gegner und die Zivilbevölkerung gleich zu Beginn des Krieges eingeschüchtert und zermürbt werden. Es ist eine Strategie des Terrors.
In der Schweizer Wochenzeitung WoZ haben wir hierzu einen interessanten Artikel gefunden ("Angst und Entsetzen"), der im Folgenden dokumentiert wird. Im Anschluss daran folgte eine Übersicht über einige Waffen, die in diesem Krieg eingesetzt werden: "Horror"-Waffen!



Von Tobias Gasser

Ein Tomahawk-Marschflugkörper (cruise missile) zischt über Bagdads Vorortquartiere. Die Kamera des digitalen Systems des Tomahawk schiesst ein Foto der Häuserreihen und gleicht es mit dem im Computer gespeicherten Bild ab. Das System meldet: Der Marschflugkörper ist auf dem richtigen Weg. Noch einen Schwenk um das Hotel Palestine, und schon liegt das Ziel offen da. 1 300 000 US-Dollar gehen zusammen mit Saddam Husseins Geheimdienstgebäude in die Luft.

Damit will man zuhause technische Überlegenheit demonstrieren. Den KriegskritikerInnen soll ein technisch «sauber» und präzis geführter Krieg mit wenig Verlusten unter der Bevölkerung präsentiert werden. Im Leitbild «Joint Vision 2020» der US-Streitkräfte steht: «Wenn unsere Armee schneller, tödlicher und präziser sein soll, dann müssen wir neue militärische Fähigkeiten entwickeln und dahingehend investieren.» Ein Kind dieser Vision 2020 ist die von Boeing entwickelte Joint Direct Attack Munition (JDAM). Sie verspricht, aus «dummen» Bomben «intelligente» zu machen. Ungelenkte, frei fallende Bomben erhalten ein Elektronikkorsett mit Gleitsystem. Mittels GPS-Satellitendaten soll die Bombe das richtige Ziel finden. Fünfzig Prozent aller abgeworfenen JDAMs treffen im Umkreis von dreizehn Metern ins geplante Ziel. Die anderen fünfzig Prozent fliegen darüber hinaus und können somit zivile Einrichtungen treffen. Neben den GPS-gesteuerten JDAMs werden auch die lasergelenkten Paveway-Bomben auf feste Stellungen und Gebäude angesetzt. Mit beweglichen Zielen wie Panzern oder Truppen hingegen haben sie Mühe. Traditionelle Flächenbombardierungen mit Streumunition sind da effektiver.

Im Golfkrieg von 1991 war die MK-20 Rockeye die am meisten eingesetzte Streubombe der US-Luftwaffe – mit verheerenden Folgen, wie Human Rights Watch kürzlich dokumentierte: Mehr als 4000 Personen starben oder verunfallten wegen der zurückgebliebenen Blindgänger. Während des wenige Wochen dauernden Krieges wurden Kuweit und der Irak mit zwanzig Millionen Geschossen der minenähnlichen Streubomben aus der Luft überzogen, schätzt die US-amerikanische Menschenrechtsorganisation. Von Artillerie, Mehrfachraketenwerfern und Panzerhaubitzen verschossene Streumunition fügte weitere dreissig Millionen «Bomblets» hinzu. Die Blindgängerraten für Streumunition betragen zwischen fünf und dreissig Prozent. Bis heute wurden in Kuweit über hundert Tonnen Streumunitionsrückstände aufgespürt und zerstört. Immer noch finden kuweitische Minenräumer jährlich mehr als 2000 Blindgänger.

Auch bei der Weiterentwicklung von Streubomben steht «Intelligenz» oben auf der Liste. Die Tochtergeschosse werden mit Infrarot- und Spektralsensoren bestückt, die selbständig Panzer und Fahrzeuge aufspüren sollen. «Die Absicht ist, die Wirkung auf militärische Ziele zu maximieren, aber Kollateralschäden zu minimieren», will Scott Swift, Captain der US Navy, gegenüber dem Fernsehnetzwerk «ABC News» glauben machen. Auch wenn vermehrt Präzisionswaffen eingesetzt werden – ohne gute Aufklärung und Informationsbeschaffung nützen auch die teuersten Lenkwaffen nichts. In Afghanistan verliessen sich die US-Amerikaner auf dubiose Informanten und schossen mit Präzisionswaffen auf ZivilistInnen.

Neben dem Trend «Präzisionskampf» kommt nun die «Effektorientierung» («Joint Vision 2020») dazu. Das heisst mehr Schläge und härtere Schläge, ganz im Sinne der «Schock und Entsetzen»-Strategie der Militärplaner um General Richard Myers und Pentagon-Chef Donald Rumsfeld. Ausgeburten dieses Denkens sind die mehrere Tonnen schweren Daisy Cutter- und Mother of all Bombs-Bomben, die mit ihrer Rauchentwicklung wie bei einem Atompilz Furcht verbreiten. Bei der Explosion töten sie im Umkreis von hunderten von Metern durch Überdruck und Sauerstoffentzug alle Lebewesen. Piers Wood von «GlobalSecurity.org», einem amerikanischen sicherheitspolitischen Thinktank, beschreibt es gegenüber «Cox News Service» so: «Das ganze Ding ist eingebettet in die Psychologie von Angst und Terror.» Diese Terrorstrategie stehe nicht im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht, sagen KritikerInnen. Das erste Zusatzprotokoll der Genfer Konventionen verbietet den Krieg führenden Staaten, die Bevölkerung zu terrorisieren. Prinzipien des humanitären Völkerrechtes wie Verhältnismässigkeit, kein übermässiges Leid und keine unterschiedslose Wirkung zu verursachen, können mit diesen Waffen nicht eingehalten werden.

Aus: WoZ 27. März 2003A

Schock und Horror

Im Folgenden eine Auswahl der von der US-Armee eingesetzten Waffen und der von ihnen erzielten Wirkung, die vielfach der von Massenvernichtungswaffen nahe kommt. (Quelle: Freitag 14, 28.03.2003)

Zur Raubtierjagd entwickelt - M- 16 Gewehr
Die Waffe verursacht schwerere Verletzungen als andere Gewehre, das kleinere Kaliber - es wurde aus einer Jagdkugel zur Raubtierjagd entwickelt - dringt langsamer in den Körper ein und gibt deshalb mehr Energie in der Wunde ab. Die Entwicklung des M-16 Gewehrs geht noch auf den Vietnam-Krieg zurück - ein schwer verwundeter Gegner könnte im Dschungel nur schlecht oder gar nicht versorgt werden, meinten die Erfinder in den USA.

In den Gräben pulverisiert - Raketenwerfer MLAS
Wie schon während des Golfkrieges 1991 setzt die US-Armee wieder auf ihre Artillerie, besonders Raketenwerfer, die eine Feuerkraft von 30 schweren Kanonen haben. Jede Salve von zwölf Raketen zerlegt sich über dem Ziel in 8.000 Einzelgeschosse. Irakische Soldaten, die ihre Deckung verlassen, bevor das Hauptgeschoss detoniert, sterben im Feuerhagel. Wie viele Irakis schon 1991 durch MLAS-Geschosse pulverisiert wurden, ohne einen Schuss abgegeben zu haben, wurde nie bekannt.

Verbrannte Nervenenden - Napalmbomben
Sie werden nach ihrem verheerenden Einsatz im Vietnamkrieg (1965 - 1972) über dem Irak abgeworfen, um Minenfelder in Brand zu setzen und irakische Stellungen einzuäschern. Der Tod kommt für die Soldaten in einem Feuerball innerhalb von Sekunden. Wer überlebt, leidet furchtbar. Wenn an Napalm-Brandwunden die Haut wieder zu wachsen beginnt, wachsen auch die verbrannten Nervenenden. Der Schmerz mindert sich nicht - er wird im Todeskampf von Tag zu Tag schlimmer.

Im eigenen Blut ertrunken - Benzinbomben
Diese Waffenart ist seit 1976 durch die UNO geächtet. Das hat US-Generäle nicht davon abgehalten, sie im Irak erneut einzusetzen. Werden Benzinbomben gezündet, dringt eine explosive Wolke in jeden Schützengraben und jeden Bunker, dann folgt eine lang anhaltende tödliche Druckwelle. Die lässt die Lunge zerplatzen, Blut füllt die Luftsäcke, der Mensch ertrinkt in seinem eigenen Blut. Es sei medizinisch das Gleiche, ob die Lunge durch chemische Waffen oder eine solche Druckwelle zerstört werde, sagen Experten.

Bis 80 Meter tief - Bunker Buster
Die seit 1997 gebaute Fliegerbombe B 61-11 - sie kann mit einem Nuklearsprengkopf versehen werden - zielt auf die Vernichtung von unterirdischen Waffendepots und Bunkern. Mit einer Sprengkraft bis zu 300 Kilotonnen TNT kann sie bei einem Abwurf aus geringer Höhe bis 80 Meter tief in die Erde eindringen und meterdicke Betonwände durchschlagen. Noch bei Abwürfen aus 12.000 Metern Höhe bohrt sich die Bombe sieben Meter tief in das Erdreich - durch die Druckwelle der Detonation besteht keine Überlebenschance.

50.000 Quadratmeter leer gesprengt - Streubomben
Diese ebenfalls international geächtete Waffe wurde bisher über irakischen Stellungen im Süden abgeworfen. Eine Cluster Bomb Unit (CBU) besteht aus mehreren Sprengsätzen in einer Bombe und wird als Behälter abgeworfen. Vor dem Aufschlag werden über 200 kleinere Bomben frei gesetzt. Damit kann eine Fläche von 150 mal 350 Metern leer gesprengt werden. In der Regel sind zehn Prozent der dosenförmigen Sprengkörper Blindgänger mit jahrelanger Lebenszeit - sie reagieren bei der geringsten Berührung.


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