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Lulas Botschaft verhallte

Amazonasstaaten sind sich beim Klimaschutz nicht grün

Von Gerhard Dilger, Porto Alegre *

Eine »ehrgeizige Botschaft« für den Klimagipfel in Kopenhagen sollte von dem Präsidententreffen der Amazonasanrainer in Manaus ausgehen, hatte sich Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva gewünscht. Doch statt der geplanten neun unterschrieben nur drei Staatschefs am Donnerstag die »Erklärung von Manaus«.

Darin fordern sie mehr Geld für den Erhalt des Tropenwaldes. Die Industrieländer sollten zwischen 0,5 und ein Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Klimaschutzprogramme aufbringen, heißt es. Der Amazonas-Regenwald sei besonders anfällig für die Auswirkungen des Klimawandels. Die Industriestaaten sollten auch deshalb den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen »entsprechend ihrer historischen Verantwortung« bald schon bedeutend verringern.

Der Einladung in die Amazonasmetropole waren nur Bharrat Jagdeo aus Guyana und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy gefolgt – das Überseedépartement Französisch-Guayana liegt am nordöstlichen Zipfel des Amazonasgebietes. Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru, Surinam und Venezuela schickten jeweils Minister oder zuständige Beamte.

»Die Armen müssen unterstützt werden, ohne dass ein Land seine Souveränität aufgeben muss«, sagte der brasilianische Präsident. Sarkozy machte noch einmal deutlich, die Entwicklungsländer bräuchten nicht nur langfristige Kredite, sondern auch sofort wirksame Unterstützung.

»Wir brauchen Zahlen, nicht nur für die Reduzierung der Temperaturerwärmung«, sagte Sarkozy. Erforderlich seien die Mittel aber »jetzt, nicht morgen, nicht nächstes Jahr, nicht 2020«, drängte Jagdeo, »bereits hundert Länder leiden unter den Folgen des Klimawandels, sie können nicht mehr warten«.

Chavez und Morales sagten ab

Sarkozy kritisierte USA-Präsident Barack Obama dafür, dass er nicht zum Ende des Klimagipfels nach Kopenhagen kommen wolle, sondern schon am 9. Dezember. Am Opernhaus von Manaus spannten Greenpeace-Aktivisten ein Transparent auf, auf dem sie Lula, Sarkozy und Obama aufforderten, in Kopenhagen »Geschichte zu schreiben«. Lulas linke Kollegen wie Hugo Chávez oder Evo Morales sehen offenbar keinen Grund, sich der Klimaoffensive Brasiliens und Frankreichs anzuschließen. Mit fadenscheinigen Gründen sagten sie ab, Chávez sogar erst in letzter Minute. Die Staaten des linken Handelsbündnisses ALBA bauen ihre Argumentation auf der Logik der »Klimaschulden« auf, wonach der Norden wegen seiner Emissionen und der andauernden Ausbeutung des Südens als Schuldner anzusehen sei.

Reicher Norden soll für Schulden zahlen

Ähnlich argumentierte jetzt auch Brasiliens Staatsoberhaupt Lula wieder: »Ich will nicht, dass uns irgendein Gringo auffordert, einen Amazonasbewohner vor Hunger unter einem Baum sterben zu lassen«, rief er, als er vor dem Gipfel eine Gaspipeline einweihte. »Wir wollen den Wald erhalten, aber die Rechnung dafür müssen die Gringos zahlen.« Die Brasilianer hätten ihren Wald nicht so zerstört wie die Industrieländer vor Jahrhunderten. »Wir möchten unseren amerikanischen und europäischen Freunden zeigen, dass wir in Brasilien weniger reden und mehr tun«, fuhr er etwas sanfter fort. Durch das Amazonas-Gas will die Regierung die CO2-Emissionen durch die allgegenwärtigen Dieselgeneratoren verringern.

* Aus: Neues Deutschland, 28. November 2009


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