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USA und EU unterstützen Umsturz in Ukraine

Am Sonnabend sprach der russische Außenminister Sergej Lawrow in der UN-Generalversammlung in New York. Ein Auszug aus seiner Rede *

Immer deutlicher tritt heute der Gegensatz zwischen dem Bedürfnis kollektiver, partnerschaftlicher Aktionen im Interesse der Ausarbeitung angemessener Antworten auf allgemeine Herausforderungen für alle und dem Bestreben einer Reihe von Staaten nach Vorherrschaft und der Wiedergeburt archaischen Denkens in Blöcken hervor. Das Bestreben ist auf Kasernendisziplin und eine primitive Freund-Feind-Logik gegründet.

Die westliche Allianz unter Führung der USA, die als Verfechter der Demokratie, der Herrschaft des Gesetzes und der Menschenrechte in bestimmten Ländern auftritt, handelt auf internationaler Ebene von direkt entgegengesetzten Positionen aus, insofern sie die Stärkung der in der UN-Charta verankerten demokratischen Prinzipien der souveränen Gleichheit von Staaten ablehnt und versucht, für alle zu entscheiden, was gut und was böse ist.

Washington hat offen sein Recht erklärt, einseitig militärische Gewalt zu nutzen, wo es für die Verteidigung seiner eigenen Interessen vorteilhaft ist. Kriegerische Einmischung wurde zur Norm, sogar ungeachtet dessen, daß militärische Operationen der USA in den vergangenen Jahren kläglich endeten.

Es wurden gewalttätigste Schläge gegen die Stabilität des internationalen Systems geführt: Die Bombardements der NATO gegen Jugoslawien, der Einfall in den Irak, der Angriff auf Libyen, der Mißerfolg in Afghanistan. Nur dank intensiver diplomatischer Bemühungen wurde die Aggression gegen Syrien im Jahr 2013 abgewendet. Unfreiwillig entsteht so das Empfinden, das Ziel der verschiedenen »bunten Revolutionen« und ähnlicher Vorhaben des Auswechselns unerwünschter Regime sei das Provozieren von Chaos und Instabilität.

Nun wurde die Ukraine das Opfer dieser Politik. Die Situation dort offenbarte die tiefen, systemischen Mängel der Euro-Atlantischen Architektur. Der Westen nahm Kurs auf eine »vertikale Strukturierung der Menschheit« unter seine eigenen, bei weitem nicht harmlosen Standards. Unter Ausrufung des Sieges im Kalten Krieg und des Eintretens eines sogenannten Endes der Geschichte zielen die USA und die EU auf die Ausweitung des von ihnen kontrollierten geopolitischen Raums, ohne das Gleichgewicht der rechtmäßigen Interessen aller Völker Europas in Rechnung zu stellen. (…) Sie entfernten sich Schritt für Schritt von der gemeinsamen Arbeit zur Schaffung eines einheitlichen Raums gleicher und ungeteilter Sicherheit und der Zusammenarbeit vom Atlantik bis zum Stillen Ozean. Der russische Vorschlag für die Ausarbeitung eines Vertrags über europäische Sicherheit wurde abgelehnt. Uns wurde geradeheraus erklärt, daß nur die Mitglieder der Nordatlantischen Allianz die juristisch verpflichtenden Sicherheitsgarantien übernehmen können. Zur gleichen Zeit bewegte sich der Pakt Richtung Osten, ungeachtet der damit erfolgten Rücknahme früher abgegebener Versprechen. Der augenblickliche Übergang der NATO zu feindseliger Rhetorik, zum Reduzieren der Zusammenarbeit mit Rußland, sogar bei Schaden für die eigenen Interessen des Westens, und zum zusätzlichen Aufbau militärischer Infrastruktur an den russischen Grenzen enthüllte die Unfähigkeit der Allianz, ihren genetischen Code zu ändern, der in der Epoche des Kalten Krieges gebildet wurde.

Die USA und die EU unterstützen den Umsturz in der Ukraine, rechtfertigten bedenkenlos beliebige Handlungen der selbsternannten Kiewer Machthaber, nahmen Kurs auf die gewaltsame Unterdrückung jenes Teils des ukrainischen Volkes, der die Versuche ablehnte, dem gesamten Land eine verfassungswidrige Ordnung aufzuzwingen, und seine Rechte auf die heimatliche Sprache, Kultur und Geschichte bewahren wollte. Es war gerade der aggressive Angriff auf diese Rechte, der die Bevölkerung der Krim dazu zwang, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen und die Selbstbestimmung zu wählen.

Übersetzung: Arnold Schölzel

* Aus: junge Welt, Dienstag 30. September 2014

Link zur ganzen Rede:

Statement by H.E. Mr. Sergey V. Lavrov
Rede des russischen Außenministers Lawrow vor der UN-Generalversammlung am 27. September 2014 (pdf, englisch, externer Link)




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