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UN-Sicherheitsrat empfiehlt der Generalversammlung die Wahl von Mr. Ban Ki-moon zum neuen Generalsekretär der Vereinten Nationen

Wortlaut der Resolution - Erste Würdigung der Person des designierten Nachfolgers von Kofi Annan

Am 9. Oktober 2006 fiel eine wichtige Vorentscheidung für die bevorstehende Wahl eines neuen Generalsekretärs der Vereinten Nationen: Der UN-Sicherheitsrat nominierte den Südkoreaner Ban Ki-moon als Kandidaten für die Wahl durch die Generalversammlung. In Art. 97 der Charta der Vereinten Nationen heißt es: "Der Generalsekretär wird auf Empfehlung des Scherheitsrats von der Generalversammlung ernannt." Im Folgenden dokumentieren wir die entsprechende lakonische Resolution 1715 (2006) des UN-Sicherheitsrats sowie eine erste Einschätzung über die Person des designierten Nachfolgers von Kofi Annan.



Resolution 1715 (2006)

Adopted by the Security Council at its 5547th (closed) meeting, on 9 October 2006

The Security Council,

Having considered
the question of the recommendation for the appointment of the Secretary-General of the United Nations.

Recommends to the General Assembly that Mr. Ban Ki-moon be appointed Secretary-General of the United Nations for a term of office from 1 January 2007 to 31 December 2011.


"Eiserne Hand im Samthandschuh"

Der Südkoreaner Ban Ki Moon soll neuer UN-Generalsekretär werden

Von Olaf Standke *

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat am Montag seine Empfehlung für die Nachfolge von UN-Generalsekretär Kofi Annan beschlossen und den südkoreanischen Außenminister Ban Ki Moon nominiert. Die Zustimmung der UN-Vollversammlung gilt als sicher.

Schon der erste UN-Generalsekretär Trygve Lie nannte seine Aufgabe den »unmöglichsten Job der Welt«, zumal für den bedeutendsten Posten der Vereinten Nationen kein konkretes Personalprofil vorliegt. Die UN-Charta spricht vom »höchsten Verwaltungsbeamten der Organisation«, der als oberster Diplomat aber zugleich in Konflikten vermitteln und weltpolitische Weichenstellungen vornehmen soll. Kanada hatte deshalb in einem Schreiben an die UN-Vollversammlung bei der Wahl des Nachfolgers von Kofi Annan mehr Transparenz und Methodik gefordert. Ottawa bedauerte, dass das Plenum der 192 Mitgliedstaaten von der wirklichen Entscheidung ausgeschlossen bleibe, weil die Vollversammlung letztlich nur den Favoriten des Weltsicherheitsrates bestätigen soll. Alle Mitgliedsländer sollten sich deshalb vor Beginn des Prozesses über die erforderlichen Qualifikationen des künftigen UN-Generalsekretärs einigen.

Doch es wurde wieder nur eine Kungelei hinter den Kulissen, und am Ende fanden die fünf Vetomächte den kleinsten gemeinsamen Nenner im südkoreanischen Außenminister Ban Ki Moon. »Die Art und Weise, wie Ban für dieses Amt auserkoren wurde, lässt nichts Gutes ahnen«, so der britische »Observer«, »der Job ging an einen Kandidaten aus Asien, da nach einem ungeschriebenen Prinzip ein Kandidat aus diesem Kontinent an der Reihe war. Ban wurde von den Amerikanern als hinreichend unaufdringlich eingeschätzt und von den Russen und Chinesen als geschmeidig genug.«

Keine sehr schmeichelhafte Beschreibung für den erfahrenen Politiker, der während seiner 36-jährigen Diplomatenlaufbahn auch viele Jahre mit der UNO zu tun hatte. Mit einem Abschluss der Nationaluniversität in Seoul und einem Diplom der Kennedy School of Governance an der US-amerikanischen Elite-universität Harvard in der Tasche war er von 1978 bis 1980 Erster Sekretär der südkoreanischen Vertretung bei den Vereinten Nationen und später für die UNO im südkoreanischen Außenministerium verantwortlich. 2001 kehrte er als UN-Botschafter seines Landes an den East River zurück. Ban leitete das Büro des damaligen Vorsitzenden der UN-Vollversammlung, seines Landsmannes Han Seung Soo. Als außenpolitischer Chefberater von Präsident Roh Moo Hyun und seit 2004 als Außenminister war er zudem intensiv in die Sechs-Staaten-Gespräche über das nordkoreanische Atomprogramm involviert. Nicht gerade erfolgreich, wie der gestrige Atomtest gezeigt hat. Kein Wunder, dass Ban die Beilegung des Nuklearstreits als eine seiner vorrangigsten Aufgaben als UN-Generalsekretär sieht – nur dass er als Südkoreaner und ausgewiesener »Freund Amerikas« in den Augen Pjöngjangs wohl kaum als Vermittler geeignet sein dürfte.

Ban will seine guten Beziehungen zu den USA nutzen, um die Kluft zwischen Washington und der UNO zu überwinden und eine Lösung für den Nahost-Konflikt zu finden. Und dann ist da die Reform der Weltorganisation: »Die UNO leidet unter ihrer Unfähigkeit, Prioritäten zu setzen und Entscheidungen zu treffen.« Sie müsse »weniger versprechen und mehr leisten«. Doch ein politischer Visionär sei Ban nicht, so kritische UN-Beobachter. Sie befürchten, dass sich seine Reform am Ende auf das verengt, was Washington präferiert: verschlankte Strukturen, besseres Management, weniger Personal und Kosten.

Sanft, leise, weich – so wird Ban meist von denen charakterisiert, die ihn einmal getroffen haben. Doch könne der 62-Jährige durchaus resolut werden, erzählt der südkoreanische Außenamtssprecher Ko Ki Seok: »Er ist wie eine eiserne Hand im Samthandschuh.« Insider nennen Ban überaus ehrgeizig – und opportunistisch, wenn es im Interesse des eigenen politischen Überlebens sein muss.

Lexikon

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen steht als höchster Verwaltungsbeamter (Brutto-Jahresgehalt 176 877 Dollar) an der Spitze des Sekretariats, eines der sechs UN-Hauptorgane. Neben der inhaltlichen und strukturellen Ausrichtung ist seine Tätigkeit als oberster Diplomat vor allem auf die friedliche Streitbeilegung gerichtet. Er wird auf Empfehlung des Weltsicherheitsrates durch die Vollversammlung für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Üblicherweise wechselt er nach zwei Legislaturperioden unter Berücksichtigung der Kontinente und Regionen. Erster kommissarischer UN-Generalsekretär war der Engländer Sir Gladwyn Jebb, erster offizieller 1946 Trygve Halvdan Lie (Norwegen). Es folgten Dag Hammarskjöld (Schweden), Sithu U Thant (Myanmar), Kurt Waldheim (Österreich), Javier Pérez de Cuéllar (Peru), Boutros Boutros-Ghali (Ägypten) und Kofi Annan (Ghana).
Sta




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