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"Die Zahl der Mitglieder des Sicherheitsrats von fünfzehn auf fünfundzwanzig zu erhöhen"

Brasilien, Deutschland, Indien und Japan bringen einen Resolutionsentwurf zur Reform der UNO in der UN-Generalversammlung ein (Im Wortlaut)

Am 16. Mai brachten Brasilien, Deutschland, Indien und Japan einen gemeinsamen Resolutionsentwurf für die UN-Generalversammlung ein, worin deren Anspruch auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat, dem höchsten UN-Gremium, im Zusammenhang mit einer "Reform" der UNO begründet wurde. Wir dokumentieren diese "Rahmen-Resolution" im Folgenden in einer deutschen Übersetzung (Übersetzung des Deutschen Übersetzungsdienstes, Vereinte Nationen, New York). Über die Reform der Vereinten Nationen wird die Generalversammlung in der nächsten Sitzungsperiode im Herbst 2005 beraten.



Brasilien, Deutschland, Indien, Japan

Entwurf einer Rahmen-Resolution über die Reform des Sicherheitsrats

16. Mai 2005

Die Generalversammlung,

unter Hinweis auf ihre Resolutionen 48/26 vom 3. Dezember 1993 und 53/30 vom 1. Dezember 1998,

in Anerkennung der Hauptverantwortung des Sicherheitsrats für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit nach der Charta der Vereinten Nationen,

sowie in Anerkennung der in der Charta festgelegten Aufgaben und Befugnisse der Generalversammlung in Angelegenheiten, welche die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit betreffen,

unter Hinweis auf Artikel 15 (1) der Charta sowie in Anerkennung der Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit zwischen dem Sicherheitsrat und der Generalversammlung,

feststellend, dass die Wirksamkeit, Glaubwürdigkeit und Legitimität der Arbeit des Sicherheitsrats von seinem repräsentativen Charakter, von seiner Fähigkeit zur Erfüllung seiner Hauptverantwortung und von der Wahrnehmung seiner Pflichten im Namen aller Mitglieder abhängt,

in Bestätigung der Ziele und Grundsätze der Charta und unter Hinweis darauf, dass sich jeder Mitgliedstaat nach Artikel 2 (5) der Charta verpflichtet, "den Vereinten Nationen jeglichen Beistand bei jeder Maßnahme, welche die Organisation im Einklang mit dieser Charta ergreift", zu leisten,

betonend, dass die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats eine besondere Verantwortung dafür tragen, sowohl die Grundsätze der Charta hochzuhalten als auch die von der Organisation ergriffenen Maßnahmen zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit uneingeschränkt zu unterstützen,

in dieser Hinsicht unter Hinweis auf ihre Resolutionen 55/235 und 55/236 vom 23. Dezember 2000, aktualisiert durch die Resolution 58/256 vom 23. Dezember 2003, über den Beitragsschlüssel für die Aufteilung der Ausgabenlast der Friedenssicherungseinsätze der Vereinten Nationen,

in der Erkenntnis, dass die Mitgliedstaaten auf vielerlei Weise zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit beitragen können, sowie unterstreichend, dass die Mitglieder des Sicherheitsrats unter gebührender Berücksichtigung der verschiedenen von ihnen geleisteten Beiträge zu diesem Zweck sowie ferner der ausgewogenen geografischen Verteilung, wie in Artikel 23 (1) der Charta festgestellt, und ihres nachweislichen Bekenntnisses zu den internationalen Normen und ihrer Einhaltung dieser Normen gewählt werden sollen,

sowie in der Erkenntnis, dass Sicherheit und Entwicklung miteinander verflochten sind und einander gegenseitig verstärken und dass die Entwicklung eine unabdingbare Grundlage der kollekt iven Sicherheit ist,

mit dem Ziel, die Mitgliedschaft im Sicherheitsrat auszuweiten, um den Realitäten der heutigen Welt besser Rechnung zu tragen, und so ein Gleichgewicht von Kräften zu schaffen, das dazu in der Lage ist, die Offenheit des Rates für die Auffassungen und Bedürfnisse aller Mitgliedstaaten, insbesondere der Entwicklungsländer, zu erhöhen sowie sicherzustellen, dass verbesserte Arbeitsmethoden beschlossen werden,

in Anerkennung der Anstrengungen des Sicherheitsrats, seine Arbeitsmethoden zu verbessern,

mit Dank und Anerkennung für die Anstrengungen der Offenen Arbeitsgruppe zur Frage der ausgewogenen Vertretung und der Erhöhung der Zahl der Mitglieder im Sicherheitsrat und zu anderen mit dem Sicherheitsrat zusammenhängenden Fragen, die im Januar 1994 ihre Arbeit aufnahm,

insbesondere in dem Bestreben, die Transparenz des Sicherheitsrats zu erhöhen und für eine größere Mitwirkung der Staaten, die nicht Mitglieder des Rates sind, an der Arbeit des Sicherheitsrats zu sorgen,

eingedenk der von den Staats - und Regierungschefs angenommenen Millenniums - Erklärung der Vereinten Nationen vom 8. September 2000, in der sie im Hinblick auf die Reform des Sicherheitsrats beschlossen, verstärkte Anstrengungen zur Herbeiführung einer umfassenden Reform des Sicherheitsrats unter allen Aspekten zu unternehmen,

unter Berücksichtigung der einschlägigen Empfehlungen in dem Bericht des Genera lsekretärs "In größerer Freiheit" (A/59/2005), insbesondere der Empfehlung, vor dem Gipfel im September 2005 einen Beschluss über die Reform des Sicherheitsrats zu treffen,

Größe und Zusammensetzung

1. beschließt,

a) die Zahl der Mitglieder des Sicherheitsrats durch die Hinzufügung von sechs ständigen und vier nichtständigen Mitgliedern von fünfzehn auf fünfundzwanzig zu erhöhen;

b) die sechs neuen ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats nach dem folgenden Muster zu wählen:

i) zwei aus den afrikanischen Staaten,

ii) zwei aus den asiatischen Staaten,

iii) eines aus den lateinamerikanischen und karibischen Staaten,

iv) eines aus den westeuropäischen und anderen Staaten;

c) die vier neuen nichtständigen Mitglieder des Sicherheitsrats nach dem folgenden Muster zu wählen:

i) eines aus den afrikanischen Staaten,

ii) eines aus den asiatischen Staaten,

iii) eines aus den osteuropäischen Staaten,

iv) eines aus den lateinamerikanischen und karibischen Staaten;

Verfahren zur Wahl der neuen ständigen Mitglieder

2. bittet interessierte Staaten, die Mitglieder der Generalversammlung von ihrer Bereitschaft zu unterrichten, die Aufgaben und Verantwortlichkeiten ständiger Mitglieder des Sicherheitsrats zu übernehmen, und dem Präsidenten der Generalversammlung innerhalb von XX Tagen nach der Verabschiedung dieser Resolution ihre Kandidatur zu unterbreiten;

3. beschließt außerdem, innerhalb von XX Tagen nach der Verabschiedung dieser Resolution in geheimer Abstimmung mit einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder der Generalversammlung die Staaten zu benennen, die nach dem in Ziffer 1 b) beschriebenen Muster gewählt werden, um die Aufgaben und Verantwortlichkeiten ständiger Mitglieder des Sicherheitsrats wahrzunehmen, wobei für den Fall, dass die Zahl der Staaten, die die erforderliche Mehrheit erhalten haben, niedriger ist als die Zahl der vorgesehenen ständigen Sitze, neue Wahlgänge für die verbleibenden Sitze abgehalten werden, mit der Maßgabe, dass alle Wahlgänge auf die nach Ziffer 2 registrierten Kandidaten beschränkt sind, solange, bis sechs Staaten die erforderliche Mehrheit für die Besetzung der sechs Sitze erreicht haben;

4. beschließt, unbeschadet der Ziffer 3, auf die Wahl der neuen ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats die Geschäftsordnung der Generalversammlung anzuwenden; Veto

5. beschließt, dass die neuen ständigen Mitglieder dieselben Verantwortlichkeiten und Pflichten wie die derzeitigen ständigen Mitglieder haben sollen; Änderung der Charta und Revision

6. beschließt,

a) dass spätestens zwei Wochen nach der Benennung der zu neuen ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats gewählten Staaten im Einklang mit Artikel 108 der Charta eine Resolution zur Abstimmung gestellt wird, mit der die sich aus den Beschlüssen in den Ziffern 1 und 3 ergebenden Änderungen der Charta angenommen werden;

b) dass diese Resolution Änderungen der Artikel 27 (2) und (3) sowie 109 (1) der Charta beinhalten wird, wonach Beschlüsse der Zustimmung von 14 der 25 Mitglieder des Sicherheitsrats bedürfen;

7. beschließt außerdem, dass im Jahr 2020 eine Revisionskonferenz nach Artikel 109 der Charta einberufen wird;

Arbeitsmethoden

8. fordert den Sicherheitsrat nachdrücklich auf, die folgenden Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz, Inklusivität und Legitimität zu ergreifen, um die Unterstützung und das Verständnis für seine Beschlüsse durch die Mitglieder der Organisation zu stärken und so die Wirksamkeit des Rates zu steigern:

a) in der Regel öffentliche Sitzungen abzuhalten, die allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen offen stehen. Ausnahmsweise kann der Sicherheitsrat beschließen, in nichtöffentlicher Sitzung zusammenzutreten;

b) die Artikel 31 und 32 der Charta umzusetzen, indem er Staaten, die nicht Mitglieder des Sicherheitsrats sind, regelmäßig konsultiert, insbesondere Mitglieder der Vereinten Nationen, deren Interessen in der vom Rat behandelten Sachfrage besonders betroffen sind;

c) Nichtmitgliedern Zugang zu den Nebenorganen des Rates zu gewähren, einschließlich der vollen Mitwirkung, falls angezeigt;

d) Entwürfe von Resolutionen und von Erklärungen des Präsidenten sowie andere Dokumentenentwürfe, die bei informellen Konsultationen des Ratsplenums im Hinblick auf ein Tätigwerden zu seinen Tagesordnungspunkten vorgelegt werden, Nichtmitgliedern zur Verfügung zu stellen, sobald diese Dokumente vorgelegt werden, beziehungsweise auch früher, wenn der Urheber des Entwurfs dies genehmigt;

e) häufige, rechtzeitige und qualitätsvolle Unterrichtungen für Nichtmitglieder über die im Sicherheitsrat und seinen Nebenorganen erörterten Angelegenheiten abzuhalten, einschließlich Unterrichtungen über seine Ad-hoc-Missionen, über deren Aufgabenstellung und über die von diesen Missionen gewonnenen Erkenntnisse;

f) regelmäßige und rechtzeitige Konsultationen mit truppenstellenden Ländern und Beitragszahlern sowie mit anderen Ländern abzuhalten, die von einem Friedenssicherungseinsatz direkt berührt oder betroffen sind, soweit angezeigt, vor und während des Entscheidungsprozesses über die Einrichtung, Durchführung, Überprüfung und Beendigung von Friedenssicherungseinsätzen, einschließlich der Verlängerung und Änderung von Mandaten, sowie über konkrete operative Fragen;

g) regelmäßige Konsultationen mit den Präsidenten der Generalversammlung und des Wirtschafts- und Sozialrats abzuhalten;

h) bei der Vorlage des Jahresberichts an die Generalversammlung eine detaillierte sachbezogene und umfassende Bewertung der Arbeit des Rates nach den Artikeln 15 (1) und 24 (3) der Charta abzugeben;

i) erforderlichenfalls Sonderberichte an die Generalversammlung nach Artikel 24 (3) der Charta zur Prüfung durch die Versammlung im Einklang mit Artikel 15 (1) der Charta vorzulegen.

Quelle: UNO-Homepage: http://www.un.org/Depts/german/gv-sonst/draftres-screform.pdf


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