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Ban will an der UN-Spitze bleiben

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen kandidiert für eine zweite Amtszeit

Von Olaf Standke *

Nun hat Ban Ki Moon offiziell gemacht, was die Spatzen schon seit einiger Zeit vom Dach des New Yorker UN-Hauptquartiers pfeifen: Der 66-jährige Südkoreaner will noch bis zum Jahr 2016 an der Spitze der Weltorganisation stehen.

Er habe an die Mitglieder der Vollversammlung und des Sicherheitsrates einen Brief geschrieben, um sich »in bescheidener Weise für eine zweite Amtszeit als Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Verfügung zu stellen«, teilte Ban Ki Moon am Montag (Ortszeit) auf einer Pressekonferenz mit. Kurz zuvor hatte ihm die asiatische Staatengruppe in der UNO ihre Unterstützung zugesagt. Auch Frankreich als Ratsmitglied mit Veto-Privileg signalisierte bereits Zustimmung. Wie Bundesaußenminister Guido Westerwelle am Dienstag erklärte, unterstütze Deutschland ebenfalls uneingeschränkt die Kandidatur des 66-Jährigen für eine neue Amtsperiode. Er stehe für »Ausgleich und für Fairness« zwischen den Staaten und habe sich stets für friedliche Konfliktlösungen eingesetzt.

Dabei hat Generalsekretär Ban einen unübersehbaren Kurswechsel eingeleitet: Unter seiner Ägide beteiligt sich die UNO inzwischen auch direkt an Regimestürzen, wie die Vorbereitung der Luftangriffe in Libyen oder das Beispiel Elfenbeinküste zeigt, wo UNO-Soldaten und Kampfhubschrauber selbst eingriffen.

Ban leitet die Vereinten Nationen seit dem 1. Januar 2007. Seine Amtszeit endet turnusgemäß am 31. Dezember dieses Jahres. Nach Einschätzung aus diplomatischen Kreisen dürfte seine Wiederwahl kaum in Zweifel stehen – schon weil es keinen Gegenkandidaten gibt. Bis auf wenige Ausnahmen blieben die bisherigen Chefs der Weltorganisation jeweils zwei Mal fünf Jahre im Amt. Richtig verscherzt hat es sich der ehemalige südkoreanische Außenminister bisher mit niemandem, doch fehlt ihm augenscheinlich das Charisma seines Vorgängers Kofi Annan, der nicht davor zurückschreckte, sich auch mit der Supermacht USA anzulegen. Trotz eines enormen Arbeits- und Reisepensums bis hin zur Antarktis und zum Nordpol, wo sich Ban theatralisch als oberster Klimawächter in Pose warf, blieb der Spitzendiplomat blass und steif.

So gab es bei der Bekanntgabe seiner neuerlichen Kandidatur auch kritische Fragen der Journalisten, hat Ban doch seine beiden wichtigsten Wahlversprechen von 2006 nicht erfüllt: Weder liegt ein globales Klimaabkommen vor, noch herrscht im sudanesischen Darfur Frieden. Ganz davon abgesehen, dass die angekündigte Reform des schwerfälligen UN-Tankers am East River nicht vorankommt.

Nun soll der indische Diplomat Atul Khare die Vereinten Nationen schlanker und schneller machen. Ban hat den bisherigen Stellvertreter des für alle Blauhelm-Operationen zuständigen Untergeneralsekretärs Alain Le Roy dieser Tage zum Chef seines sogenannten Change Management Teams ernannt. Diese Truppe soll die UN-Struktur abklopfen und die Weltorganisation effizienter und zuverlässiger machen. Allerdings geht es dabei ausschließlich um Verwaltungsfragen und nicht um eine politische Reform, im Rahmen derer zum Beispiel Deutschland einen ständigen Platz im Sicherheitsrat anstrebt, wie Westerwelle jetzt bei seiner Lobeshymne auf Ban nicht zu betonen vergaß.

Offiziell wird der Generalsekretär von den 192 Mitgliedstaaten in der UN-Vollversammlung gewählt. Ohne das Wohlwollen der fünf Vetomächte allerdings hätte er keine Chance. Weshalb die Option auf eine zweite Amtszeit nach Auffassung von Beobachtern der Vereinten Nationen auch die Unabhängigkeit der UN-Generalsekretäre gefährde. Phyllis Bennis, Leiterin des New Internationalism Project am Institute for Policy Studies in Washington etwa plädiert für die Beschränkung auf eine Amtszeit und deren Verlängerung auf sieben Jahre. Nur dann könne der UN-Chef wirklich neutral agieren – so wie von ihm verlangt. In New York geht man davon aus, dass der Weltsicherheitsrat Bans zweiter Kandidatur zustimmen und das Plenum der Vollversammlung noch vor Ende des Monats darüber abstimmen wird.

* Aus: Neues Deutschland, 8. Juni 2011


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