Schutz vor Terrorismus statt "Kampf der Kulturen"!
Europäische Moraltheologen und Sozialethiker nehmen Stellung
Der Informationsdienst Wissenschaft (idw) gab am 23. September 2001 folgende Pressemitteilung
der Universität Augsburg heraus:
Europäische Moraltheologen und Sozialethiker: Schutz vor Terrorismus
statt "Kampf der Kulturen"!
Stellungnahme der Internationalen Vereinigung für Moraltheologie und
Sozialethik
Einstimmig hat die Internationale Vereinigung für Moraltheologie und
Sozialethik auf ihrem am vergangenen Freitag, dem 21. September 2001, zu
Ende gegangenen Kongress in Wien unter dem Titel "Schutz vor Terrorismus
statt 'Kampf der Kulturen'!" eine Stellungnahme zu den Terroranschlägen
in den USA und zur Diskussion um mögliche Gegenmaßnahmen verabschiedet.
In dem vom Augsburger Sozialethiker Prof. Dr. Thomas Hausmanninger
redigierten Papier mahnen die aus Deutschland, Österreich, der Schweiz,
Belgien, den Niederlande, Italien und Luxemburg stammenden Mitglieder
der Vereinigung ein Handeln an, das "die Welt zu mehr Frieden und
Gerechtigkeit" führt und verhindert, "dass Menschen geschädigt oder
getötet werden, die mit den Terroristen und ihrem Handeln nichts zu tun
haben."
DIE ERKLÄRUNG IM WORTLAUT:
"Wir, Theologinnen und Theologen der Internationalen Vereinigung für
Moraltheologie und Sozialethik, sind entsetzt über den terroristischen
Anschlag auf das World Trade Center und das Pentagon am 11. September
2001. Unser Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Angehörigen. Wir wissen
uns in besonderer Weise verbunden mit den Vereinigten Staaten von
Amerika, die für die Entwicklung von Freiheit und Demokratie in Europa
eine entscheidende Rolle gespielt haben. Mit aller Entschiedenheit
verurteilen wir den terroristischen Akt, dem Tausende von Menschen zum
Opfer gefallen sind.
Alles jetzt nötige Handeln muss dazu beitragen, dass die Welt zu mehr
Frieden und Gerechtigkeit findet. Deshalb muss in der gegenwärtigen
Situation zuallererst und nachhaltig mit politischen Mitteln verhindert
werden, dass eine allenthalben wachsende Gewaltbereitschaft zu einer
unkontrollierbaren Eskalation führt. Die Sprache, die in der politischen
Auseinandersetzung dieser Tage gesprochen wird, und die Weise der
Berichterstattung in den Medien müssen unter diesem Gesichtspunkt
überprüft und korrigiert werden. Eine entschlossene internationale
Zusammenarbeit zur Bekämpfung terroristischer Gewalt ist dringend
erforderlich. Dabei ist mit soviel Bedacht vorzugehen, dass der
befürchtete "Kampf der Kulturen" nie Wirklichkeit werden kann. Anstelle
derartiger Polarisierungen der Welt muss deutlich werden, dass der
Schutz vor Terror eine allen Kulturen und Gesellschaften gemeinsame
Aufgabe darstellt. Dies fordert nicht zuletzt die Mitarbeit der
Religionen und Religionsgemeinschaften unbeschadet ihrer
Glaubensdifferenzen ein. Unabdingbar nötig ist zudem, den Konflikt im
Nahen Osten mit friedlichen Mitteln zu lösen. Gleichzeitig ist in allen
Teilen der Welt darauf zu achten, dass nicht im Zuge der Entrüstung über
die Terroranschläge Ausländerfeindlichkeit und rassistische
Ressentiments neue Nahrung erhalten. Als Theologinnen und Theologen
bestehen wir darauf, dass die religiösen Überzeugungen von Menschen als
mögliche Beiträge zu Frieden und Gerechtigkeit geachtet werden. Sie
müssen von politisch-fundamentalistischen Instrumentalisierungen
sorgfältig unterschieden werden.
Eine weltweite Bekämpfung des Terrorismus muss auch auf langfristige
Strategien zur Bekämpfung von Armut, sozialer, politischer und
wirtschaftlicher Ungerechtigkeit setzen. Politische, juridische und
zivilgesellschaftliche Handlungsmöglichkeiten verdienen den Vorzug vor
militärischem Eingreifen. Falls eine militärische Aktion sich als
unvermeidbar erweist, ist sie auf die unmittelbar und erwiesenermaßen
Schuldigen zu begrenzen. Die Verhältnismäßigkeit der Mittel ist in jedem
Fall zu wahren und Eskalationen müssen ausgeschlossen werden können. Es
muss insbesondere verhindert werden, dass Menschen geschädigt oder
getötet werden, die mit den Terroristen und ihrem Handeln nichts zu tun
haben. Wir appellieren daher an die Regierungen der USA, ihrer
europäischen Verbündeten und die Verantwortlichen der NATO, ihre
Optionen in diesem Sinn im Licht von Frieden und Gerechtigkeit
abzuwägen."
KONTAKT UND WEITERE INFORMATIONEN:
Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl
Geschäftsführer der Internationalen Vereinigung für Moraltheologie und
Sozialethik
Katholische Fachhochschule Berlin
Köpenicker Allee 39-57, 10318 Berlin-Karlshorst
Telefon: 030/50101013
Lob-Huedepohl@KfB-Berlin.de
Prof. Dr. Thomas Hausmanninger
Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Augsburg
86135 Augsburg, Telefon 0821/598-5828
thomas.hausmanninger@kthf.uni-augsburg.de
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