Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Al Qaida setzt auf "Hebelwirkung"

Strategische Botschaft der Terrorgruppe

Die Terrororganisation Al Qaida auf der Arabischen Halbinsel feiert ihren misslungenen Anschlag mit zwei Paketbomben als Erfolg.

Die Paketbomben-Operation, die gerade mal 4200 Dollar (knapp 3000 Euro) gekostet habe, zwinge den Westen zu Milliardenausgaben für neue Sicherheitsmaßnahmen, heißt es in einer Erklärung der in Jemen beheimateten Al-Qaida-Zellen.

Die Erklärung in englischer Sprache wurde in der Nacht zum Sonntag von islamistischen Websites veröffentlicht. Die Terroristen stellen darin fest, der durch die Paketbomben entstandene wirtschaftliche Schaden sei enorm. Die beiden im Oktober in Dubai und Großbritannien abgefangenen Paketbomben seinen Teil der »Operation Blutsturz« gewesen. Diese Operation gehöre zu einer neuen »Strategie der 1000 Schnitte«.

Gleichzeitig wiederholten die Terroristen ihre Behauptung, sie hätten den Absturz einer Frachtmaschine des UPS-Konzerns am 3. September in Dubai verursacht. Die Behörden des arabischen Emirates bestreiten bislang, dass der Absturz, bei dem der Pilot und der Kopilot ums Leben gekommen waren, durch eine Explosion an Bord ausgelöst worden war.

»Um Amerika in die Knie zu zwingen, müssen wir nicht groß zuschlagen«, beschrieb die Al-Qaida-Gruppe, der vor allem Jemeniten und Saudis angehören sollen, ihre neue Strategie: »In einem Umfeld der Sicherheits-Phobie, die Amerika erfasst ..., soll der Feind ausgeblutet werden.«

Die Operation mit den beiden Paketbomben würde »Amerika und den Westen zweifellos einige Milliarden Dollar für neue Sicherheitsmaßnahmen kosten«. »Das nennt sich Hebelwirkung«, schrieb Al Qaida weiter. Die Terroristen kündigten zudem an, sie wollten ihre Erfahrungen mit Sprengstoff, der schwer zu entdecken sei, auch an Terroristen in anderen Ländern weitergeben.

Angesichts dieser Veröffentlichung, die auf den 2. November datiert ist, zeigte sich der Leiter des auf die Auswertung von Terroristen-Botschaften spezialisierten IntelCenters, Ben Venzke, beeindruckt. »Wir haben noch nie erlebt, dass eine Dschihadisten-Gruppe in der Al-Qaida-Welt jemals eine derart genaue Darstellung ihrer Philosophie, des Einsatzverlaufs, ihrer Absichten und der nächsten Schritte veröffentlicht«, sagte Venzke. Entsprechend halte er »weitere innovative und wechselnde Anschläge« des jemenitischen Zweigs der Al Qaida für wahrscheinlich.

Zu den ideologisch-logistischen Vordenkern der Al Qaida in Jemen gehört der jemenitisch-US-amerikanische Terrorist Anwar al-Awlaki, dessen Tötung US-Präsident Barack Obama erlaubt hat.

* Aus: Neues Deutschland, 22. November 2010


Zurück zur Terrorismus-Seite

Zurück zur Homepage