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Zuwachs für die Shanghaier Organisation

Indien, Pakistan, Iran und die Mongolei als Beobachter bei Gipfeltreffen in Moskau

Von Andrej Golowanow*

Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in den Staaten, die direkt oder indirekt der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) angehören. Das erklärte der russische Präsident Wladimir Putin auf einer Sitzung des Rates der Regierungschefs der SOZ in Moskau Ende Oktober. Die Organisation geht auf Konfrontation zu den USA.

Der vor fünf Jahren in Shanghai gegründeten Organisation gehörten bis jetzt neben Russland und China vier postsowjetische Republiken an – Kasachstan, Usbekistan, Kirgisien und Tadschikistan. Die regelmäßigen Sitzungen dieses Gremiums sorgten all diese Jahre kaum für Aufsehen, abgesehen von misstrauischer Haltung der USA, die nach Worten des Vorsitzenden des Duma-Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten Konstantin Kossatschow all das, was in der Welt ohne US-Beteiliging geschieht, als eine Aktion gegen dieses Land betrachten.

Diesmal aber nahmen an den Verhandlungen in Moskau zum ersten Mal als Beobachter Indien, Pakistan, Iran und die Mongolei teil. Schon das macht die SOZ zum wesentlichen Faktor der Weltpolitik, besonders in Hinsicht auf die Stabilität in Zentralasien und die Bekämpfung des Terrorismus. Auf der Tagung in Moskau wurden hauptsächlich die Fragen der wirtschaftlichen undd finanziellen Zusammenarbeit erörtert: Bau von Wasserkraftwerken, Erdöl- und Gaspipelines, Verbesserung der Autostraßen.

Doch schon nach dem letzten SOZ-Gipfel in Kasachstan im Juli 2005 wurde klar, dass die Shanghai-Organisation auch ihre politischen Forderungen durchsetzen will. Damals verlangte die SOZ in einem fast ultimativen Ton, die US-Luftstützpunkte in den postsowjetischen zentralasiatischen Staaten zu schließen. Als Resultat wird der amerikanische Luftstützpunkt in Usbekistan seinen Standort wohl ändern müssen.

Viel mehr Besorgnis erregt in Washington die Möglichkeit der engeren militärischen Zusammenarbeit der SOZ-Staaten. Die jüngsten Militärübungen Russland-China und Russland-Indien, die unter dem Motto „Bekämpfung des Terrorismus“ stattgefunden hatten, haben die russische Tageszeitung „Nesawissimaja Gaseta“ dazu animiert, die SOZ als eine „Anti-Nato“-Organisation zu bezeichnen. Der Anlass dafür war unter anderem der in Moskau besprochene Plan, eine „Gruppe SOZ-Afghanistan“ zu bilden, was die Einbeziehung dieser Organisation in die Angelegenheiten eines Staates bedeutet, wo der Krieg mit Beteiligung der USA und anderer Nato-Länder eigentlich noch nicht beendet ist.

Die Erweiterung der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit durch die Staaten mit Beobachterstatus scheint nur eine Frage der Zeit zu sein. Der pakistanische Premier Shaukat Azis bekräftigte schon den Wunsch seines Staates, das Zusammenwirken mit der SOZ zu entwickeln und vollberechtigtes Mitglied der Organisation zu werden. Seinen Worten zufolge werde der Beitritt der Länder, die derzeit einen Beobachterstatus haben, zur Festigung der Rolle der Organisation bei der Gewährleistung der regionalen Sicherheit beitragen. Zudem sprach er sich „für die Einschaltung der USA in die SOZ“ aus. Diese „Geste der Höflichkeit“ kann nach Meinung politischer Beobachter nicht hinweg täuschen, dass die vorrangigen Bemühungen der SOZ darauf gerichtet werden, die USA aus der Region, vor allem aus den zentralasiatischen Staaten, zurückzudrängen.

Quelle: Moskauer Deutsche Zeitung, 8. November 2005 (hier im Internet)


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