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Zwischen Erstschlagsfähigkeit und Rüstungskontrolle

Die aktuelle Militärpolitik der NATO und der USA

Von Gerhard Piper*(BITS)
Vortrag auf dem Wochenendseminar von Deutschem Friedensrat und Bundesausschuss Friedensratschlag am 31. März 2000 in Brotterode, Thüringen.

Einleitung

In diesem Jahr werden die Weichen für die Militärpolitik der NATO innerhalb und außerhalb Europas neu gestellt. Diese Entscheidungen der Allianz haben einen wesentlichen Einfluß auf die zukünftige Entwicklung der internationalen Sicherheitspolitik.

Die USA stehen zur Zeit im Verdacht, ihr weltweites Hegemoniestreben dahingehend auszuweiten, daß sie sich ein nukleares Erstschlagspotential zulegen könnten. Mit einem solchen Arsenal würden sie in einem Atomkrieg gegen Rußland den Gegner vernichten, während sie selbst diesen Konflikt relativ unbeschadet überstehen würden. Der Grund für diesen Verdacht liegt darin, daß sich die USA zusätzlich zu ihrem Potential an nuklearen Angriffsraketen nun auch noch ein strategisches Defensivarsenal an Raketenabwehrraketen zulegen wollen. Während die USA behaupten, das neue System solle sie vor Raketenangriffen aus Schwellenländern der "Dritten Welt" schützen, verweist die russische Regierung zurecht darauf, daß mit diesem Schutzschirm auch russische Vergeltungsschläge nach einem amerikanischen Angriff abgewehrt werden könnten.

Den Aufbau eines umfassenden Raketenabwehrsystems verhinderte bisher der ABM-Vertrag, den die US-Regierung zur Realisierung ihrer Pläne aufkündigen müßte. Für diesen Fall hat wiederum die russische Regierung damit gedroht, sämtliche Rüstungskontrollabkommen aufzukündigen, was katastrophale Konsequenzen für die internationalen Beziehungen hätte und zwangsläufig zu einem neuen Wettrüsten führen würde. Auf Grund ihres ökonomischen Reichtums und ihrer technologischen Monopolstellung würden die USA auch aus diesem Rüstungswettlauf letztendlich als "Sieger" hervorgehen.

Über ihre strategische Militärpolitik befinden die USA allein in eigener Machtvollkommenheit. Dennoch sollten die europäischen NATO- Mitgliedstaaten aus purem Eigeninteresse ihre beschränkten Einflußmöglichkeiten nutzen, um die US-Regierung davon abzubringen, einen neuen Kalten Krieg zu provozieren. Stattdessen sollte durch Maßnahmen zur Rüstungskontrolle ein stabiles Kräfteverhältnis auf möglichst geringem Niveau festgeschrieben werden.

Während die Europäer der amerikanischen Nuklearpolitik gegenüber Rußland durchaus skeptisch gegenüberstehen, werden sie bei der Politik gegenüber zukünfigen Atomstaaten in der "Dritten Welt" den aggressiveren Kurs der US-Regierung übernehmen. Dies sieht die neue NATO-Militärstrategie MC 400/2 vor, die in den nächsten Wochen verabschiedet werden soll. Um eine Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen zu verhindern, soll zukünftig nicht nur auf Maßnahmen der Rüstungskontrolle, wie z. B. den Atomwaffensperrvertrag (Non-Proliferation Treaty - NPT), gesetzt werden. Stattdessen sollen zukünftig militärische Mittel zur Counterproliferation eingesetzt werden. Bei einem bewaffneten Konflikt gegen so einen Gegner ist zukünftig sogar der Einsatz von Atomwaffen vorgesehen.

Die russische Regierung sieht zwar in der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen ein internationales Risiko, lehnt aber in ihrer neuen Militärdoktrin einen solchen Nuklearangriff gegen Schwellenländern strikt ab. Aber auch in der russischen Militärpolitik werden Atomwaffen zukünftig ein größeres Gewicht haben. Ein Ersteinsatz von Nuklearwaffen auf dem Schlachtfeld in einem bis dahin rein konventionell geführten Krieg wird fortan nicht mehr ausgeschlossen. Dies ist eine Abkehr von der Politik Gorbatschows, der einen solchen atomaren Ersteinsatz abgelehnt hatte.

Zusammengefaßt läßt sich feststellen, daß sich die NATO-Militärpolitik an einem Wendepunkt befindet. Je nachdem ob sich das Bündnis für militärische Optionen entscheidet, oder ob es auf politische Erfolge der Rüstungskontrolle setzt, werden sich die zukünftigen internationalen Beziehungen so oder so entfalten. Dies hat auch Konsequenzen für die internen Gegenbenheiten innerhalb der transatlantischen Allianz.

Während die europäischen NATO-Partner in dem Bereich der Proliferationspolitik bereit sind, der Führunsmacht USA zu folgen, könnten sie in den innereuropäischen Beziehungen eine eigenständigere Sicherheitspolitik anstreben. Dabei könnten die europäischen Staaten in ihrer gemeinsamen Politik gegenüber Rußland ein größeres Maß an Übereinstimmung anstreben, als das in den USA-Rußland-Beziehungen der Fall ist.

Für den europäischen Raum sind dies die Alternativen:
1. Nach dem Zerwürfnis mit Rußland wegen des Kosovokrieges im letzten Jahr setzt die NATO nun ihre Priorität darauf, im Umgang mit diesem osteuropäischen Staat einen neuen Modus vivendi zu finden, der auf einer erfolgreichen Rüstungskontrollpolitik aufbaut, oder
2. die NATO-Staaten riskiert gemäß den aggressiven Rüstungsplänen der USA im Bereich der strategischen Raketenabwehr einen politischen Bruch mit Rußland, der zu einem neuen nuklearen Wettrüsten, also zu einem "Kalten Krieg 2" führen wird.

Für die zukünftigen Beziehungen der NATO-Staaten zu den Schwellenländern der sogenannten Dritten Welt ergeben sich folgende zwei Möglichkeiten:
1. Die NATO setzt zur effektiven Eindämmung der Proliferationsgefahren auf eine Optimierung aller Maßnahmen zur Rüstungskontrolle. Dies erfordert von ihr erhebliche Zugeständnisse beim Non-Proliferation Treaty (NPT), so die Verpflichtung zur weitergehenden nuklearen Abrüstung, oder
2. die NATO gesteht das Scheitern ihrer bisherigen Non-Proliferationspolitik ein, indem sie stattdessen auf militärische Maßnahmen zur Konfliktlösung im Rahmen einer aggressiveren Counterproliferation setzt.

I. Die neue NATO-Militärstrategie

Im Oktober 1991 hatte sich die NATO eine neue politisches Strategie, ein sogenanntes Politisches Konzept, gegeben. Das Dokument entstand vor dem Hintergrund der Unsicherheiten, die die politische Wende in Osteuropa seit Ende 1989 hinterlassen hatte. Die NATO-Staaten konnten sich erst im letzten Moment auf ein gemeinsames Papier einigen, indem alle strittigen Passagen einfach rausgekürzt wurden. Aber bereits einen Monat später wurde das Kompromißpapier obsolet, als die Sowjetunion auseinanderbrach. Eine Überarbeitung des Politischen Konzeptes der NATO war daher überfällig.

Aber es dauerte noch fast zehn Jahre, bis die NATO erneut ihre Strategie den veränderten politischen Verhältnissen anpaßte. Im April 1999 wurde das neue Konzept auf dem fünfzigjährigen Geburstagsgipfel der NATO in Washington verabschiedet. Es war nicht der erwartete große Entwurf geworden, vielmehr konnte sich die NATO-Staaten nur auf mehr oder weniger marginale Modifizierungen einigen. Die politisch brisanteste Änderung bestand darin, daß sich die USA und Großbritannien mit ihrer Forderung durchsetzten, NATO-Militärinterventionen auch ohne UN- Mandat durchzuführen. Allerdings konnte dieser Politikwechsel niemanden überraschen, weil genau dies mit der NATO-Aggression gegen Jugoslawien bereits seit dem 24. März 1999 praktiziert wurde.

Unklar blieb zunächst, ob das neue Politische Konzept in eine neue Militärstrategie umgesetzt werden würde. Im März 2000 tauchten die ersten Meldungen auf, nach denen die Vertreter der Generalstabschefs im NATO-Militärausschuß (Military Council - MC) tatsächlich ihre Arbeit an der Reform der Militärstrategie der Allianz gerade beendet hatten. MC 400/2 heißt das neue Strategiepapier in der NATO- Nomenklatura. Der Textentwurf wurde vom Militärausschuß den NATO- Botschaftern im Nordatlantikrat zugeleitet, um schließlich auf dem Außenministertreffen am 24. Mai 2000 im italienischen Florenz offiziell verabschiedet zu werden.

Mehr als zehn Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges mutet die Frage auf den ersten Blick als völlig antiquiert an: Gibt es gegenwärtig noch eine militärische Bedrohung, und von wem geht sie aus? Zwar haben sich die NATO und Rußland in den letzten Jahren mehrfach versichert, daß sie sich gegenseitig nicht mehr als Gegner ansehen, dennoch spielt die Frage der Bedrohungsperzeption wieder eine wachsende Rolle in der Sicherheitspolitik. In der Bedrohungswahrnehmung geht es diesmal nicht nur um Rußland, sondern um die Schwellenländer in der sogenannten "Dritten Welt", die verdächtigt werden, ABC-Waffenprogramme zu unterhalten. Diese Projekte wurden zum Teil schon vor dreißig Jahren aufgelegt, aber die Proliferation hat erst jetzt ein Niveau erreicht, das als konkrete Gefahr eingeschätzt wird.

II. Der Kampf gegen die Dritte Welt

1. Die NATO-Bedrohungsperzeption

Im Mittelpunkt der Bedrohungsperzeption der NATO steht die zunehmende Verbreitung von ABC-Waffen und der Raketentechnologie in Schwellenländern der "Dritten Welt". Schon 1996 kam das Bündnis in seinem Geheimdienstdokument "MC 161/96 The General Intelligence Estimate" zu der Einschätzung, daß Libyen, Syrien, Irak, Iran, Pakistan und Nordkorea zukünftig ein Arsenal von Massenvernichtungswaffen produzieren werden. Außerdem würde die Verbreitung von Raketentechnologie zunehmen: Bis zum Jahre 2006 werde Nordkorea Raketen mit einer Reichweite von 5500 km entwickeln. Gleichzeitig werden Libyen, Israel, Irak, Iran und Indien werden Raketen mit einer Reichweite von 3000 km gebaut haben. Ägypten, Syrien und Pakistan werden dann über Flugkörper verfügen, die immerhin 1000 km weit fliegen.

Nach General Klaus Naumann hat sich die Bedrohung seitdem noch verschärft: "Wir gehen gegenwärtig von rund 70 Ländern der Welt aus, die Raketen oder Cruise Missiles herstellen könnten. (..) Derzeit schätzen wir, daß um das Jahr 2010 nahezu ganz Europa im Wirkungsbereich solcher Flugkörper liegen wird und daß mehr als 25 Staaten unserer Welt Massenvernichtungswaffen besitzen." (Klaus Naumann, Die NATO auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, Vortrag in der Julius-Leber-Kaserne, Berlin, 12. Januar 1999, Redemanuskript, S. 6) Insbesondere die amerikanische Regierung hatte in den letzten Jahren mehrfach betont, welches neue Gefahrenpotential sich in den Schwellenländern zusammenbrauen würde. Die konkrete Gefahreneinschätzung war allerdings innerhalb der US-Administration nicht unumstritten. Im November 1995 hieß es in der Geheimdienstanalyse "National Intelligence Estimate 95-19 Emerging Threats to North America During the Next 15 Years", daß erst ab dem Jahr 2010 feindliche Atommächte aus der Dritten Welt US-Territorium ins Visier nehmen könnten. Diese Bedrohungseinschätzung war dem Pentagon zu milde. Daraufhin setzte der US-Kongreß 1996 einen Ausschuß unter Leitung des ehemaligen CIA-Chefs Robert Gates ein.

Dieser Ausschuß kam zu einem widersprüchlichen Ergebnis: Zwar kritisierte er den vorangegangenen Bericht als "politisch naiv", wollte aber dennoch nichts an dessen Lagebeurteilung ändern.(Craig Carniello, Panel Upholds NIE Assessment of Ballistic Missile Threat to U.S., Arms Control Today, Januar 1997, S. 22)

So mußte 1998 erneut ein Ausschuß unter Leitung des frühreren Verteidigungsministers Donald Rumsfeld eingesetzt werden. Im dritten Anlauf kam endlich diese "Expertenrunde" zu jener Bedrohungseinschätzung, auf die sich auch das Weiße Haus, das Pentagon und die republikanischen Fraktion im US-Kongreß einigen konnten, um den Plänen der US-Rüstungsindustrie zum Aufbau eines Raketenabwehrsystems Rechnung zu tragen. Die Gefahreneinschätzung lautete folgendermaßen: In ein paar Jahren könnte das Programm zur Raketenentwicklung eines Schwellenlandes so weit fortgeschritten sein, daß die US-Geheimdienste darin eine potentielle Bedrohung für die USA sehen würden. Zur Verteidigung müßte man daher ein Raketenabwehrsystem aufbauen. Es käme dann zu einem Rüstungswettlauf. Während die USA eine bestimmte Zeitspanne benötigten, um ihr Abwehrsystem aufzubauen, würde das Schwellenland gleichzeitig versuchen, seine Raketenentwicklung beizeiten zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen. Das eigentliche Problem bestehe nun darin, daß man zum Aufbau eines Raketenschutzschirmes nicht mehr drei Jahre Zeit haben würde, wie man bisher angenommen hatte, sondern einen geringeren Zeitraum. Problematisch sei nicht nur, daß Schwellenländer weitreichende Raketen entwickeln würden, sondern, daß die US-Geheimdienste das konkrete Gefahrenpotential erst sehr spät erkennen könnten. (Joseph C. Anselmo, Panel Sees Accelerated Missile Threat to U.S., Aviation Week & Space Technology, 20.7.1998, S. 24.)

Schaut man sich die Bedrohungslage genauer an, ist zwar ein Risiko nicht zu leugnen, die reale Gefahr wird jedoch von amerikanischer Seite überzeichnet. Das europäische NATO-Territorium, insbesondere die Türkei, wird im Verlauf der nächsten Jahre zunehmend in den Wirkungsbereich von Mittelstreckenraketen gelangen, die wahrscheinlich mit ABC-Gefechtsköpfen ausgerüstet sind. (Die Produktion von Mittel- oder Langstreckenraketen gilt als ein Indiz für die Entwicklung von ABC-Waffen, da eine Ausrüstung solcher Flugkörper mit konventionellen Sprengköpfen militärtechnisch keinen Sinn macht: Die Treffgenauigkeit solcher Raketen ist zu gering, als daß man mit einer herkömmlichen Sprengladung ein anvisiertes Ziel beschädigen könnte.) Die konkrete Gefahrenlage für das US-Territorium ist auf Grund der geographisch isolierten Lage auf absehbare Zeit wesentlich geringer. Als schärfster Bedrohungsfaktor wird hier die nordkoreanische Taepo-dong II-Rakete genannt. Diese wurde 1999 erstmals getestet. Der Test schlug fehlt. Außerdem war der Prototyp als Satellitenträger und nicht als militärische Kampfrakete ausgelegt. (Indien hat schon vor dreißig Jahren eine Satellitenträgerrakete entwickelt, aber bis heute noch keine einzige Interkontinentalrakete gebaut.) Sollte Nordkorea eines Tages die Taepo- dong II bis zur vollständigen Einsatzreife entwickelt haben, könnte es der Rakete eine militärische Nutzung zuweisen, vorausgesetzt, der Flugkörper wäre zielgenau genug. Dieser könnte dann den äußersten Rand von Alaska oder die Hawaii-Inseln treffen. Allerdings ist zweifelhaft, daß Nordkorea zur Zeit über die technischen Möglichkeiten verfügt, die Taepo-dong II-Entwicklung abzuschließen.

Die Europäer reagierten zunächst viel gelassener auf diese sich abzeichnende Raketenbedrohung als die Amerikaner. Nun zeichnet sich die Tendenz ab, daß die Europäer zunehmend die Position der USA übernehmen. Die Annäherung der Europäer an die Amerikaner hängt mit den Plänen der USA zusammen, ein Raketenabwehrsystem zu entwickeln. Der Aufbau eines solch kostspieligen Systems wäre nur dann sinnvoll, wenn es eine Raketenbedrohung tatsächlich gäbe. Die Europäer stellen die Notwendigkeit eines solchen Abwehrsystems nicht grundsätzlich in Frage, stehen den amerikanischen Plänen aber auch nicht völlig kritiklos gegenüber. Durch diese Wankelposition versuchen die Europäer flexibel auf die amerikanische Projektentwicklung Einfluß nehmen zu können.

Andernfalls wird auf europäischer Seite eine "Abkoppelung" der USA von den Bündnispartnern in Fragen der Sicherheitspolitik und damit eine inoffizielle Aufkündigung der amerikanischen Beistandsgarantien befürchtet.

2. Die aggressive Option der neuen NATO-Militärstrategie

Bei der neuen NATO-Militärstrategie zeichnet sich für den Bereich der Nuklearwaffen eine deutliche Änderung ab: Sollte die NATO zukünftig gegen einen Staat der sogenannten "Dritten Welt" Krieg führen, will sie gegen diesen Gegner Kernwaffen einsetzen. Ein solcher Atomangriff soll auch dann erfolgen, wenn der angegriffene Staat selbst über keine Atomwaffen verfügt. Dies wurde von Seiten der europäischen NATO- Partner bisher abgelehnt. Mit dieser Änderung der Nukleardoktrin übernimmt die Allianz Positionen, die in der nationalen Strategie der "Führungsmacht" USA schon seit 1995 favorisiert werden:
In Folge des Golfkrieges 1990/91 gingen die US-Militärs bei ihren strategischen Festschreibungen davon aus, daß auf Grund der zunehmenden Proliferation von ABC-Waffen und Raketentechnologien ein potentieller Gegner über diese Massenvernichtungswaffen verfügen könnte. Gleichzeitig stellte man fest, daß bisher keine konventionellen Präzisionsbomben hoher Durchschlagskraft - sogenannte "bunker buster" - vorhanden waren, um die ABC-Waffendepots des Gegners mit ausreichender Sicherheit für Mensch und Umwelt zu zerstören. Für einen Angriff zur Vernichtung der gegnerischen Bestände an ABC-Waffen kämen daher nur Nuklearwaffen in Frage.

Von dieser Einsatzoption will man zukünftig auch dann Gebrauch machen, wenn der Gegner selber "nur" über biologische oder chemische Waffen, nicht aber über Nuklearwaffen verfügt. Denn es wäre "asymmetrische Kriegführung", wolle man einen solcher Art ausgerüsteten Gegner ausschließlich mit konventionellen Waffen bekämpfen. Daher sei ein Einsatz von amerikanischen Atomwaffen gegen einen Staat auch dann erlaubt, wenn dieser nicht über Nuklearsysteme verfügt. Die Überlegung im Pentagon war klar: Wenn man einen Gegner, der über BC-Waffen verfügt, nur mit konventionellen Waffen beschießt, ist dies zum Nachteil der US-Streitkräfte; bekämpft man diesen Gegner hingegen auch mit Nuklearwaffen, deren taktisch-operativer Einsatzwert höher als der von BC-Waffen zu veranschlagen sein, ist dies zum Nachteil der gegnerischen Streitkräfte.

Ein Agieren zum Nachteil des Gegners ist besser als eine Kriegführung zum Nachteil der USA, lautet die simple Logik. In der Nuklearkriegsdoktrin des amerikanischen Generalstabs JP 3-12-1 vom 9. Februar 1996 heißt es beispielsweise: "Operationen müssen mit dem Ziel geplant und ausgeführt werden, die gegnerischen Trägersysteme für Massenvernichtungswaffen und die unterstützende Infrastruktur zu zerstören oder auszuschalten, bevor diese gegen die eigenen Kräfte zum Einsatz kommen können. Aus diesen Gründen sollten offensive Operationen gegen feindliche Massenvernichtungswaffen und deren Trägersysteme unternommen werden, sobald die Feindseligkeiten unausweichlich erscheinen oder beginnen." (Joint Chiefs of Staff, Doctrine for Joint Theater Nuclear Operations, JP 3-12-1, Washington, 9. Februar 1996, S. III-8) Es versteht sich von selbst, wie destablisierend eine solche Politik preemptiver bzw. präventiver Angriffe sich in Krisensituationen auswirken muß.

Dennnoch wurden ein Jahr später diese Überlegungen durch die Präsidentendirektive Presidential Decision Document 60 (PDD 60) bestätigt. (R. Jeffrey Smith, Clinton Directive Changes Strategy On Nuclear Arms - Centering on Deterrence, Officials Drop Terms for Long Atomic War, Washington Post, 7.12.1997, S. 1ff)

Wenn nun die NATO-Staaten diese US-Position mit ihrer neuen Militärstrategie übernehmen, hat dies folgende Konsequenzen:
  1. Die Stationierung von US-Nuklearwaffen in Europa - rund 180 Wasserstoffbomben vom Typ B 61 Model 10 (Sprengkraft maximal 10 Kilotonnen) - wird auf Dauer notwendig, obwohl die US Air Force diese Systeme aus Kostengründen lieber abziehen würden.
  2. Ein Atomwaffeneinsatz gegen einen Staat, der selber über keine nuklearen Systeme verfügt, ist per definitionem ein Ersteinsatz (first use). Initiativen für eine "no first use"-Politik, wie sie zuletzt der deutsche Außenminister im Herbst 1998 ergriffen hatte, sind damit auch langfristig zum Scheitern verurteilt.
  3. Im Zusammenhang mit bestehenden Rüstungskontrollabkommen haben die NATO-Staaten wiederholt auf das Mittel der sogenannten "negative Sicherheitsgarantien" rekuriert. Im vorliegenden Fall heißt dies, die Regierung eines Nuklearwaffenstaates verzichtet auf den Einsatz von Atomwaffen gegen einen gegnerischen Nicht-Nuklearstaat. Eine solche Erklärung ist zwar nicht rechtlich, aber politisch bindend. Bei einer Änderung der Nuklearpolitik wären die früher gegebenen Versicherungen hinfällig. Für zukünftige Rüstungskontrollabkommen wären solche Sicherheitsgarantien dann kein taugliches Instrument der Vertrauensbildung mehr.
  4. Wenn die NATO-Staaten zu der Position zurückkehren, der Einsatz von Nuklearwaffen sei ein adäquates Mittel der Kriegsführung, so stellt sich die Frage, warum ausgerechnet Schwellenländer in der "Dritten Welt" diese Position nicht ebenfalls einnehmen sollten. Schließlich ist deren militärische Bedrohungslage viel krasser als die der NATO-Staaten, während gleichzeitig ihr konventionelles Militärarsenal viel geringer ist.

3. Möglichkeiten der Rüstungskontrolle: Der NPT-Vertrag

Diese Änderung der NATO-Militärstrategie ist nur möglich, wenn der Atomwaffensperrvertrag (Non-Proliferation Treaty - NPT) durch die NATO mißachtet wird. Für die am 24. April 2000 beginnende NPT- Überprüfungskonferenz ist daher Streit vorprogrammiert.

Der NPT ist eines der ältesten Abkommen zur Rüstungskontrolle im Bereich der Atomwaffen. Er wurde bereits 1968 ausgehandelt und trat vor dreißig Jahren in Kraft. Gleichzeitig hat der NPT fast weltweite Gültigkeit: 187 Staaten haben ihn bis heute unterzeichnet. Allerdings haben gerade diejenigen Staaten, die die größten Nuklearwaffenentwicklungsprogramme unterhielten, den NPT nicht unterzeichnet. Dies sind Israel, Pakistan und Indien, die zwar Atomwaffen haben, aber offiziell nicht als Nuklearwaffenstaaten anerkannt sind.

Der NPT-Vertrag unterteilt die Unterzeichnerstaaten in zwei Gruppen:
Die Atommächte (USA, GB, F, Rußland und China) und die sogenannten "nuklearen Habenichtse", also alle übrigen Staaten. Der Vertrag beruht auf einem wechselseitigen Geben und Nehmen. Während sich die Atomwaffenstaaten verpflichtet haben, in Rüstungskontrollabkommen ihre Arsenale zu reduzieren, haben die übrigen Staaten darauf verzichtet, Nuklearwaffen zu besitzen. Dazu unterwerfen sie sich einem Kontrollregime, das die Internationale Atomenergierbehörde in Wien überwacht, erhalten aber im Gegenzug finanzielle und technische Hilfe bei der zivilen Nutzung der Atomenergie zur Stromerzeugung.

Auf der New Yorker-Konferenz ist mit Auseinandersetzungen zu folgenden Aspekten zu rechnen:
  1. Die Nuklearwaffentests von Pakistan und Indien im Frühjahr 1998 haben den Sinn des NPT grundsätzlich in Frage gestellt.
  2. Die Atomwaffenstaaten sind ihrer Verpflichtung aus Artikel 6 des NPT zur nuklearen Abrüstung "in naher Zukunft", wie es in dem Vertragstext von 1968 hieß, nicht nachgekommen. So ist eine Ratifizierung des START II-Abkommens durch die russische Duma seit Jahren überfällig. Andererseits verweigerte der US-Kongreß im letzten Jahr die Unterzeichnung eines umfassenden Atomtestabkommens. Großbritannien und Frankreich haben bis heute überhaupt noch kein Abkommen zur Beschränkung ihrer Arsenale unterzeichnet. So fehlt bis heute ein Abkommen, in das die sogenannten "taktischen" bzw. "substrategischen" Nuklearwaffen einbezogen sind.
    Wie notwendig die Abrüstung im Nuklearwaffenbereich wäre, verdeutlichen folgende Zahlen: Seit 1945 wurden weltweit 128.060 Atomwaffen produziert (USA 70.000, Rußland 55.000, GB 1.200, F 1.260, China 600). Dabei sind die Nuklearwaffen anderer Staaten noch nicht mitgezählt (Israel mindestens 200 Stück, Pakistan 10-20, Indien rund 80, SAR 6 abgerüstete Systeme). Von diesen Nuklearwaffen befinden sich noch 31.535 Atomwaffen (USA 10.500, Rußland 20.000, GB 185, F 450 und China 400) bei den Streitkräften im aktiven Einsatz. (Quelle: Robert S. Norris / William M. Arkin, Global Nuclear Stockpiles, 1945-2000, Bulletin of Atomic Scientists, March / April 2000, S. 79)
  3. In dem NPT ist festgelegt, daß die Atommächte keine Nuklearwaffen an andere Staaten weitergeben (Artikel 1), bzw. es verpflichten sich die Nicht-Nuklearen-Staaten, solche Waffen nicht entgegen zu nehmen (Artikel 2). Genau dies sieht aber die NATO im Rahmen des sogenannten "Nuclear Sharing" für den Kriegsfall vor: Kampfflugzeuge der europäischen Alliierten, z. B. deutsche Tornados vom 33. Jabo- Geschwader in Büchel, sollen amerikanische Nuklearwaffen einsetzen.

Diese NATO-Politik wird von Staaten der "Dritten Welt" in zunehmendem Maße in Frage gestellt. In einer Erklärung von über 100 neutralen Staaten vom 28. April 1998 hieß es an die Addresse der NATO- Staaten, sie sollten "die nukleare Teilhabe für militärische Zwecke unter jeder Art von Sicherheitsarrangement untereinander, mit nicht-nuklearen Staaten und mit Staaten, die nicht Vertragsparteien sind, unterlassen". (Quelle: Otfried Nassauer, Nur eine Frage der Verfügungsgewalt? Die neue NATO-Strategie, der Nichtverbreitungsvertrag und die Nukleare Teilhabe, Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit, Berlin, März 2000, S. 16) Anders ausgedrückt: Die NATO-Staaten brechen den Atomwaffensperrvertrag!

Damit wird die Position der Schwellenländer untermauert, nach der der NPT ein diskriminatorischer Vertrag ist, der das Atomwaffenmonopol der USA und anderer imperialistischer Länder zementieren soll. Dies bleibt nicht ohne Rückwirkung für die Mitgliedsstaaten der NATO. Sie gefährden durch ihre militärstrategischen Intentionen den Erfolg ihrer Non-Proliferationspolitik und handeln damit gegen ihre eigenen Sicherheitsinteressen.

. Spannungen mit Rußland

1. Das strategische Kräfteverhältnis: Der START II-Vertrag

Zwar kommt der Transformationsprozeß in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion nur sehr langsam voran und ist mit zahlreichen Problemen für die Masse der Bevölkerung befrachtet, dennoch dauert die seit dem Ende des Kalten Krieges begonnene Entspannung zwischen der NATO und Rußland bis heute an. Die zukünftige Entwicklung der beiderseitigen militärpolitischen Beziehungen gibt jedoch Anlaß zur Sorge:
Im Verlauf der nächsten Jahren wird eine strategisch instabile Situation zwischen den USA und Rußland entstehen, weil die russischen Streitkräfte die Reduzierung ihres Nukleararsenals durch die anstehende Aussonderung veralteter Systeme nicht in gleichem Maße durch eine Zuführung neuer Atomwaffen ausgleichen können. Bei zahlreichen Nuklearraketen und deren Sprengköpfen läuft die Frist ihrer technischen Lebensdauer ab, während moderne Systeme, wie z. B. die Interkontinentalraketen SS-27 Topol-M, durch Entwicklungs- oder Produktionsproblemen nur im beschränkten Maße zur Verfügung stehen.

Parallel hierzu setzt sich auch der Niedergang des russischen Luftverteidigungssystems fort. Schon heute sollen die russischen Streitkräfte täglich für mehrere Stunden nicht mehr in der Lage sein, einen möglichen feindlichen Raketenangriff festzustellen. (Jonathan S. Landay, Russia's Missile Warning System Is Decaying, U.S. say, Miami Herald, 9.1.2000)

Während so die russischen Defensiv- und Offensivkapazitäten abnehmen, können die USA ihr Nuklearkriegspotential weiterhin aufrechterhalten. Wenn die Divergenz zwischen beiden Arsenalen zu groß wird, muß zwangsläufig der Eindruck entstehen, die USA wollten ein Erstschlagspotential (first strike capability) erwerben.

Das Entstehen eines strategischen Ungleichgewichts kann nur durch eine erfolgreiche Rüstungskontrollpolitik im Rahmen der START-Verträge (START = Strategic Arms Reduction Talks) vermieden werden. Zieht man jedoch eine Zwischenbilanz der START-Abkommen, besteht kein Grund zum Optimismus:

Gemäß den START I-Abkommen, das am 5. Dezember 1994 in Kraft tat, müssen die USA und Rußland ihre nuklearstrategischen Arsenale bis zum 5. Dezember 2001 auf jeweils 1.600 Trägersysteme reduzieren. Es wird unterstellt, daß beide Seiten dann noch über jeweils 6.000 Atomsprengköpfe verfügen. Eine weitergehende Reduzierung der Atompotentiale sieht der START II-Vertrag vor. Demnach soll Rußland noch 3.000 Gefechtsköpfe bei den aktiven Streitkräften behalten und die USA 3.500 Sprengköpfe. Darin ist ein amerikanischer Reservebestand, "hedge" genannt, von insgesamt rund 5.500 Gefechtsköpfen allerdings nicht mit einbezogen.

Der Vertrag wurde bereits Anfang 1993 unterzeichnet und am 26. Januar 1996 durch den amerikanischen Kongreß ratifiziert. Er konnte aber noch nicht in Kraft treten, weil eine Unterzeichnung durch die russische Duma noch aussteht. Die vormals kommunistische Mehrheitsfraktion lehnte dies bisher ab. Dafür wurden unterschiedliche Gründe genannt, die mit den eigentlichen Vertragsbestimmungen allerdings nichts zu tun haben:
Die NATO-Osterweiterung, amerikanische Luftangriffe auf den Irak, der NATO-Krieg gegen Jugoslawien im März 1999. Hingegen hatten sich die führenden russischen Militärs wiederholt für eine Ratifizierung ausgesprochen, so der derzeit amtierende Verteidigungsminister General Igor Sergejew, der früher die Strategischen Raketentruppen kommandiert hatte. Die russische Seite hat auch keine Alternative, als dem Vertrag zuzustimmen, da Rußland ein Nuklearpotential auf dem bisherigen Niveau auf die Dauer ohnehin nicht aufrechterhalten kann.

Nachdem die Kommunistische Partei bei den Parlamentswahlen 1999 erhebliche Verluste hinnehmen mußte, scheint nun der überfälligen Ratifizierung des START II-Abkommens nichts mehr im Wege zu stehen. Im März 2000 fanden entsprechende Anhörungen des russischen Verteidigungsministeriums und der zuständigen Parlamentsausschüsse statt. Mit einer Ratifizierung ist in den nächsten Wochen zu rechnen. Erste vertrauliche Gespräche über ein START III-Abkommen haben in Genf bereits begonnen. Von russischer Seite wird aus finanziellen Gründen eine weitergehende Reduzierung der strategischen Gefechtskopfzahlen auf 1000 Stück anvisiert, aber bisher blockieren die USA diese weitergehenden Abrüstungsvorschläge. (Steven Mufson, U.S. Seeks Flexibility by Russian on ABM Treaty, International Herald Tribune, 29.1.2000)

Auch ohne Erstschlagskapazität hat das gegenwärtige Nukleararsenal ein fürchterliches Zerstörungspotential: Der amerikanische Kriegsplan SIOP-98 (SIOP = Single Integrated Operational Plan), der im Oktober 1997 vom US STRATCOM erlassen wurde, sah trotz aller "Entspannung" immerhin einen umfassenden Vernichtungsschlag von 600 Raketen mit fast 3000 Atomsprengkörpern gegen Rußland vor. (William Arkin / Hans Kristensen, Dangerous Directions, Bulletin of the Atomic Scientists, März/April 1998, S. 28).

2. US-Nuklearwaffenmodernisierung statt CTBT-Atomteststop

Die USA wollen sich die Möglichkeit offenhalten, ihr Nukleararsenal im Rahmen des "Stockpile Stewardship Programmes" auch zukünfig uneingeschränkt modernisieren zu können. So verweigerte der amerikanische Kongreß am 13. Oktober 1999 eine Ratifizierung des Vertrages über einen umfassenden Atomteststopp.

Zwar gibt es schon heute verschiedene Atomtestabkommen, die z. B. Nukleartests in der Atmosphäre verbieten, aber bisher wurde noch kein umfassender Atomteststopp erreicht. Mit dem sogenannten Comprehensive Test Ban Treaty (CTBT) wird erstmals ein solcher totaler Teststopp angepeilt, der sämtliche Nuklearwaffentests in der Luft, im Meer und der Atmosphäre zukünftig verbietet.

Damit würden zwei Ziele erreicht:
  1. Bisherigen Nuklearwaffenstaaten werden die Möglichkeiten beschnitten, ihr Atomarsenal durch die Entwicklung neuer Sprengkörper zu modernisieren.
  2. Schwellenländern wird die Möglichkeit genommen, die von ihnen gegebenenfalls entwickelten Nuklearsprengkörper auf ihre Funktionsfähigkeit hin zu testen. In dieser Funktion ergänzt der CTBT den NPT.
Die Weigerung der USA, dem CTBT beizutreten muß sich negativ auf die weltweite Akzeptanz des Abkommens auswirken. Dennoch befindet sich eine internationale Organisation zur Durchführung und Überwachung des Vertrages zur Zeit im Aufbau, bis zum Jahre 2003 soll ein weltweites Überwachungssystem IMS (International Monitoring System) aufgebaut sein.

Insbesondere die republikanische Parlamentsmehrheit wollte nicht, daß die Fähigkeiten der USA zur technischen Fortentwicklung ihrer vorhandenen Atomwaffen - sprich Entwicklung neuer Nuklearwaffen - durch mangelnde Testmöglichkeiten eingeschränkt werden. Hingegen hatten selbst europäische Regierungschefs den US-Kongreß zur Unterzeichnung des CTBT-Vertrages aufgefordert und damit Differenzen zwischen den europäischen NATO-Staaten und den USA offenbart.

Dabei wären die Möglichkeiten der USA zur Modernisierung ihres Nukleararsenals durch das CTBT-Abkommen nur eingeschränkt, nicht aber vollständig verhindert worden. Von dem Vertrag bleiben nämlich sogenannte subkritische Atomtests ausgenommen. Damit sind Nuklearwaffentest gemeint, die nur an einzelnen Komponenten einer Atomwaffen durchgeführt werden. Diese werden zwar unter Verwendung von konventionellem Sprengstoff, aber ohne kritische Massen von Nuklearmaterial (Uran oder Plutonium) durchgeführt. In diesen Fällen erfolgt keine Kettenreaktion und damit keine Nukleardetonation. Diese Test dienen dazu, die vorhandenen Atomwaffen weiterzuentwickeln. Sie können nur von bestehenden Atommächten (z. B. USA, Rußland, Frankreich) durchgeführt werden, da nur diese über entsprechende Testerfahrungen und Spezialcomputer verfügen, um die Testergebnisse auszuwerten zu können.

3. Ende der nuklearen Abrüstung durch Bruch des ABM-Vertrages?

Die USA wollen aber nicht nur ihr nukleares Offensivarsenal modernisieren, auch sollen die strategischen Defensivstreitkräfte erstmals über ein Potential zur Raketenabwehr verfügen: Nach den Systementwürfen Sentinel, Safeguard, Strategic Defense Initiative (SDI) und GPALS unternimmt die US-Regierung nun einen fünften Versuch, um sich gegenüber feindlichen Angriffen mit Interkontinentalraketen "unverwundbar" zu machen. (Paul Mann, Missile Defense Riddled With Diverse Failures, Aviation Week & Space Technology, 30.3.1998, S. 22) Offiziell wird dies damit begründet, daß durch die zunehmende Verbreitung von Raketenwaffen in "Schurkenstaaten" die US-Regierung etwas zur Abwehr solcher Angriffe unternehmen müsse.

Dazu fordern die USA von der russischen Regierung eine Modifikation des rechtlich bindenden ABM-Vertrages (Anti-Ballistic Missile-Treaty), der - nach Auffassung der USA - veraltet sei. Dies lehnt die russische Seite bisher ab. Eine Limitierung der nuklearstrategischen Kapazitäten in den SALT- bzw. START-Abkommen macht nur Sinn, wenn gleichzeitig auch die strategischen Abwehrmöglichkeiten Rußlands bzw. der USA begrenzt werden. Beides bedingt sich gegenseitig. Mit dem immer noch gültigen ABM-Vertrag von 1972 liegt eine solche Übereinkunft vor, die bestimmt, daß jede Seite nur über eine einzige Raketenstellung mit maximal 100 Anti-Raketen-Raketen verfügen darf. So unterhält die russische Regierung bis heute den Galosh-Abwehrring um die Hauptstadt Moskau, während die USA ihre Safeguard-Raketenstellung in Grand Forks bereits Mitte der siebziger Jahre nach nur wenigen Wochen Betriebsdauer demontiert hatten.

Vordergründig geht es den USA in einer ersten Phase um den Aufbau von zunächst einer einzelnen Raketenabwehrstellung mit 100 Raketen, daran schließt sich der Bau einer zweiten Stellung von weiteren 100 Raketen an. In einer dritten Endausbaustufe sollen dann beide Raketenstellungen zusammen über 250 Anti-Raketen-Raketen verfügen.

Außerdem kann ein solches System durch andere Projekte ergänzt werden könnte. So arbeiten die USA an seegestützten Projekten zur Verteidigung ihrer Flotten gegenüber Raketenangriffen, haben für den Schutz ihrer Bodentruppen taktische Raketenabwehrketten auf Basis der Patriot PAC-2 / PAC-3 entwickelt und entwickeln weltraum- und luftgestützte Lasersysteme zur Raketenabwehr. Ob ein schiffsgestütztes System nur zum Schutz eines Marineverbandes taugt oder auch zur Bekämpfung von gegnerischen Interkontinentalraketen, wäre schwierig zu verifizieren. Außerdem könnten diese sich überlagernden Systemen könnten zu einem nationalen Verteidigungssystem verknüpft werden.

Eine solche Vernetzung wäre ein weiterer Bruch des ABM-Vertrages. Allerdings verzögert sich der Aufbau des amerikanischen Abwehrsystems. Zwei Tests schlugen Ende 1999 fehl, und so mußte ein für März 2000 vorgesehener Test auf Juni verschoben werden. (Council for a Livable World Education Fund, Delaying Missile Defense: Not a Tidal Wave, but a definite Tide, Washington, 16.2.2000, { HYPERLINK http://www.clw.org/ef/nmdtide.html }http://www.clw.org/ef/nmdtide.html) Ursprünglich wollte der amerikanische Präsident aber im Sommer entscheiden, ob er die Entwicklung eines ABM-Systems bis zum Jahre 2005 in Auftrag gibt und damit tatsächlich einen Bruch des ABM-Vertrages durch die USA riskiert. Durch die Fehlschläge bei den Tests verzögert sich der Entscheidungsfindungsprozeß: Nun wird der US-Präsident voraussichtlich erst im Oktober 2000 auf Grund der Ergebnisse aus dem dritten Test eine Entscheidung treffen können. Eine weitere Verzögerung der Entscheidungsfindung hätte den Effekt, daß für das nächste Haushaltsjahr keine Finanzmittel bereitgestellt werden könnten und den Baufirmen keine Aufträge erteilt werden könnten. Dann müßte die Realisierung des gesamten Projektes um wenigstens ein Jahr verschoben werden.

Die russische Regierung befürchtet, daß die US-Regierung zwar über eine Abwehrmöglichkeit gegen Angriffe aus "Schurkenstaaten" redet, aber tatsächlich eine Abwehrmöglichkeit gegenüber einem russischen Vergeltungsschlag meint. So würden die USA auch durch den Aufbau eines strategischen Defensivpotentials aus Anti-Raketen-Raketen zu ihrer eigenen "Unverwundbarkeit" beitragen und so eine Erstschlagskapazität erwerben. Durch diese gefährliche US-Politik könnte somit eine strategisch instabile Situation entstehen.

Die russische Regierung hat angekündigt, sollten die USA gegen den ABM-Vertrag verstoßen bzw. diesen aufkündigen, dann werde sie die START-Abkommen nicht mehr beachten. Damit würde das ohnehin fragile System der nuklearen Rüstungskontrolle, wie es während des Kalten Krieges in fünfzig Jahren mühsam aufgebaut wurde, zusammenbrechen. Die Folgen für die internationalen Beziehungen wären fatal. Rußland fürchtet dann ein nukleares Wettrüsten wie zu Zeiten des Kalten Krieges.

Die USA haben verschiedene Versuche unternommen, um die russische Regierung zu einer Zustimmung zur Modifikation des ABM-Vertrages zu bewegen. So boten ausgerechnet die USA an, der russischen Seite einen modernisierten Wiederaufbau des Überwachungsradars in Krasnojarsk zu finanzieren. Die Anlage mußte vor rund zehn Jahren abgebaut werden, weil die USA damals argumentierten, das System verstoße gegen den ABM-Vertrag.

Erklärungen der russischen Regierung vom März 2000 deuten darauf hin, daß sich die Moskauer Seite möglicherweise bereit zeigt, sich mit den USA einvernehmlich auf eine Lösung zu verständigen, die auch den Aufbau einer US-Raketenstellung in Alaska genehmigen würde. Ob es sich bei dieser Meldung um eine gezielte Desinformation handelt, oder ob es tatsächlich zu einem amerikanisch-russischen Kompromiß kommen wird, bleibt abzuwarten.

In letzter Zeit deutet sich an, daß die europäischen Staaten die amerikanischen Pläne zum Aufbau eines Raketenabwehrsystems "begrüßen" könnten. Denn sollten die USA auf ein Raketenabwehrsystem gegenüber Angriffen aus "Schurkenstaaten" verzichten, wenn sie also im Kriegsfall selbst verwundbar wären, dann könnten die amerikanischen Beistandsgarantien gemäß dem NATO-Vertrag in Frage gestellt sein, wird vermutet. Diese mögliche Abkoppelung amerikanischer Sicherheitsinteressen von den europäischen Beistandsinteressen müsse entgegengewirkt werden, wird argumentiert. Dazu sei dann auch der Aufbau eines europäischen Raketenabwehrschirms erforderlich. Nur durch eine aktive Beteiligung der Europäer an der Raketenabwehr seien diese in einer Position, auf die amerikanischen Entscheidungen Einfluß zu nehmen.

Dazu sind die politischen Möglichkeiten der Europäer aber begrenzt, weil Probleme der Rüstungskontrolle im strategischen Bereich bisher bilateral zwischen den USA und Rußland gelöst wurden. Die europäischen Staaten blieben außen vor. Aber den Europäern bietet sich dennoch die Möglichkeit der Einflußnahme. So wie sich schon beim alten Raketenwarnsystem BMEWS (Ballistic Missile Early Warning System) zwei der drei Stationen auf europäischem Gebiet befinden (im grönländischen Thule und im britischen Fylingdales), wäre auch für das geplante Raketenabwehrsystem eine weitreichende Radarkette zur Frühwarnung notwendig, die auch eine Radarstation im grönländischen Thule umfassen könnte. Das dortige Regionalparlament hat aber im Herbst 1999 entschieden, es werde der Errichtung einer solchen Radarstation nur dann zustimmen, wenn diese Anlage nicht gegen den ABM-Vertrag verstößt. Eine internationale Kampagne der Eskímos aus Rußland, den USA, Kanadas und Grönlands wehrt agitiert gegen den geplanten Bau der Anlage.

Unklar ist, welche Rolle das Globus II / Have Stare-Radarsystem im norwegischen Vardo spielt. Die offizielle Darstellung, mit dieser Anlage solle der sogenannte "Weltraummüll" überwacht werden, wird von Experten angezweifelt und stattdessen ein Zusammenhang zwischen dieser Radarstation und dem geplanten ABM-System vermutet. Erst vor Kurzem wurde die norwegische Öffentlichkeit auf diese Militäranlage aufmerksam. (Inge Sellevag, Vardo exposed, The Bulletin of the Atomic Scientists, March / April 2000, S. 26- 29)

4. Perspektiven eines neuen Rüstungswettlaufs - Ein Vergleich der gegenwärtigen Rüstungshaushalte

Im Rüstungswettlauf während des Kalten Krieges waren unzählige Milliarden verpulvert worden. Die ruinösen Rüstungslasten trugen bei zum ökonomischen Zusammenbruch der Sowjetunion. Ein erneutes Wettrüsten bei den Nuklearwaffen oder den konventionellen Systemen hätte für alle Seiten negative Folgen:
Der Kosovokrieg im letzten Jahr brachte eine Überraschung, zeigte er doch, daß die NATO-Staaten trotz fünfzigjähriger Auf- und Hochrüstung selbst auf einen Krieg gegen einen relativ kleinen Gegner wie Jugoslawien schlecht vorbereitet waren. Rund 80 Prozent aller Kampfeinsätze wurden allein von den US-Streitkräften durchgeführt.

Nach dem Konflikt gelobten die europäischen NATO-Staaten "Besserung": Zunächst hieß es mit Rücksicht auf die zu erwartenden Vorbehalte von Steuerzahlern, man müsse die Militärhaushalte nicht erhöhen, sondern die vorhandenen Mittel nur besser nutzen. Später wurde dann doch eingestanden, die Militärhaushalte müßten gegebenenfalls aufgestockt werden, um bestehende Defizite für Militärinterventionen auszugleichen.

Die Europäer wollen den Rüstungsabstand bei den konventionellen Waffen zu den USA ausgeglichen. Dies erscheint aber kaum realistisch, da die USA im Rahmen der sogenannten "Revolution in Military Affairs" (RMA) ihrerseits die Rüstungsanstrengungen verschärfen. Während schon heute ein Drittel der weltweiten Militärausgaben allein auf die USA entfallen, wird sich deren Anteil zukünftig noch weiter erhöhen. Im kommenden Haushaltsjahr sind 60 Milliarden Dollar allein für die Beschaffung neuer Waffensysteme vorgesehen. Einen solchen Rüstungsboom hatte es zuletzt zur Amtszeit von Ronald Reagan gegeben.

Auch in Rußland wurde kürzlich eine Erhöhung des Militärhaushaltes angekündigt. Die Mittel für Waffenbeschaffungsprogramme wurden am 27. Januar 2000 um nicht weniger als fünfzig Prozent auf 62 Milliarden Rubel erhöht. Dies hört sich zunächst wie eine gigantische Aufrüstung an, allerdings wird dabei übersehen, daß in den vergangenen zehn Jahren die Mittel zum Erwerb neuer Waffensysteme relativ gering waren. Während die USA zur Zeit 265.5 Milliarden Dollar in ihrem Verteidigungshaushalt aufwenden, beträgt der russische Betrag nur umgerechnet 4 Milliarden Dollar. Womit die russischen Streitkräfte ein ganzes Jahr auskommen müssen, reicht beim US-Militär nicht einmal für eine Woche. "Rußland ist eine nukleare Supermacht mit dem Etat eines Staates der Dritten Welt," schrieb dazu David Ruppe. (Quelle: David Ruppe, Russia's Deteriorating Military, ABC News, 24. März 2000, http://www.abcnews.go.com/sections/world/DailyNews/russia000323.ht ml)

Der Personalbestand sank von 2,7 Millionen Soldaten im Jahre 1992 auf derzeit offiziell 1,2 Millionen Mann. Aber selbst dieser reduzierte Bestand ist für russische Verhältnisse auf Dauer nicht finanzierbar. Der frühere amerikanische Geheimdienstchef Generalleutnant William Odom empfiehlt den Russen daher eine Reduzierung auf rund 250.000 Mann, das ist wesentlich geringer als die aktuelle Personalstärke der Bundeswehr. (Quelle: David Ruppe, a.a. O.)

Da mindestens 80 Prozent des russischen Militärgerätes veraltet bzw. nicht einsatzfähig ist, würde ein Programm zur umfassenden Modernisierung der Streitkräfte nach Berechnungen des Moskauer Generalstabes 450 Milliarden US-Dollar verschlingen. Mit den neuen Mittel können jährlich maximal 20 Panzer und bis zu sechs Flugzeuge beschafft werden. (Quelle: Alexander Golts, The Military-Industrial Bubble, Itogi, Nr. 8, zit. n. RIA Novosti E-Mail Sender, Daily Review, 14. März 2000.)

5. Russische Strategie

Wie bei der NATO, so ist auch in Rußland in den letzten Monaten die nationale Strategie überarbeitet worden. Während die NATO-Rußland- Grundakte noch eine gegenseitige Abstimmung in militärstrategischen Fragen vorsah, ist es dazu angesichts der seit dem Kosovo-Krieg andauernden Spannungen nicht gekommen.

Eine Neufassung des russischen "Konzeptes der Nationalen Sicherheit" vom 5. Oktober 1999 wurde vom neuen Präsidenten Wladimir Putin noch einmal überarbeitet, und am 10. Januar 2000 per Präsidentenerlaß Nr. 24 verabschiedet. Darin heißt es: "Bedrohungen der nationalen Sicherheit der Russischen Förderation in der internationalen Sphäre zeigen sich in den Versuchen anderer Staaten, der Festigung Rußlands als eines der Einflußzentren in einer multipolaren Welt entgegenzuwirken, die Verwirklichung der nationalen Interessen zu stören und seine Position in Europa, im Nahen Osten, in Transkaukasien, in Zentralasien und in der asiatisch-pazifischen Region zu schwächen. (..) Der in den Rang einer strategischen Doktrin erhobene Übergang der NATO zur Praxis gewaltsamer (militärischer) Handlungen außerhalb der Verantwortungszone des Blocks und ohne Sanktionierung durch den UN- Sicherheitsrat ist geeignet, eine bedrohliche Destabilisierung der gesamten strategischen Lage in der Welt hervorzurufen." (Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS), Die Konzeption der nationalen Sicherheit der russischen Föderation, Heft 51.3, Dresden, 25. Januar 2000, S. 10f)

Trotz dieser traditionell anmutenden Bedrohungseinschätzung in der Moskauer Sicherheitskonzeption heißt es auf Seiten russischer Publizisten, daß sich die neue Konzeption eher durch eine nach Innen als nach Außen gerichtete Orientierung auszeichnet. So nennt die neue Doktrin an anderer Stelle folgende Risiken:" Der Zustand der einheimischen Wirtschaft, die Unvollkommenheit des Organisationssystems der Staatsmacht und der Bürgergesellschaft, die sozial-politische Polarisierung der russischen Gesellschaft und die Kriminalisierung gesellschaftlicher Beziehungen, das Anwachsen des organisierten Verbrechens und die Ausweitung des Terrorismus sowie die Verschärfung der zwischennationalen Beziehungen und die Komplizierung der internationalen Beziehungen schaffen ein breites Spektrum innerer und äußerer Bedrohungen der nationalen Sicherheit des Landes." (DSS, a.a.O. S. 8)

Präsident Wladimir Putin hat offensichtlich erkannt, daß er erst innerhalb Rußlands die ökonomische Entwicklung voranbringen muß, damit Rußland eines Tages wieder über eine Machtbasis verfügt, mit der es auf der Weltbühne auftrumpfen kann. Bis dahin bleiben der russischen Politik kaum Möglichkeiten, um die Diskriminierung durch die Staaten der NATO kompensieren zu können. Zu nennen ist hier die verstärkte Kooperation zwischen Rußland und der Volksrepublik China in den letzten Jahren. Experten weisen jedoch darauf hin, daß die Interessen von beiden Seiten zu verschieden seien, als das diesse Kooperation von dauerhafter Substanz sein könne. Außerdem wäre eine russisch- chinesische Zusammenarbeit in der Vergangenheit schon zweimal gescheitert. Andererseits können beide Staaten aus einer Defensive gegenüber dem globalen Hegemonialanspruch der USA nur durch eine verstärkte Zusammenarbeit herauskommen. Während die Volksrepublik über ausreichend Kapital verfügt, stellt Rußland seine Technologie zur Verfügung. So wird ein Großteil der russischen Waffenproduktion an die Volksrepublik verkauft. Rußland soll sich gar an der Konstruktion eines neuen strategischen U-Bootes der chinesischen Volksmarine beteiligen.

Auch die russische Militärdoktrin wird gegenwärtig überarbeitet. Der bestehende Fassung datiert vom Oktober 1993 und hatte ohnehin nur vorläufigen Charakter. Ein Entwurf für die anstehende Modifizierung wurde am 5. Oktober 1999 in der Militärzeitung Krasnaja Swesda veröffentlich. Die endgültige Fassung wird voraussichtlich demnächst offiziell verabschiedet werden.

Im Entwurf heißt es zur Rolle der Nuklearwaffen, die russische Föderation behalte sich "das Recht auf die Anwendung von Kernwaffen vor - sowohl in Antwort auf den Einsatz von Kernwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen gegen sie oder ihre Verbündeten als auch, in kritischen Situationen für die nationale Sicherheit der Russischen Förderation und ihre Verbündeten, als Antwort auf eine Aggression großen Maßstabs mit konventionellen Waffen." (Otfried Nassauer, März 2000, a.a.O., S. 24) Auch die russische Seite will also zukünftig einen Ersteinsatz von Kernwaffen auf dem Schlachtfeld nicht mehr länger ausschließen.

* Der Autor ist Redakteur der antimilitarismus information (ami) in Berlin.

Anhang

Luke Hill

NATO Military Doctrine Sets Goals for Force Structure

Brussels NATO's new military doctrine will be the blueprint for restructuring its members' armed forces and the military assets they place at the alliance's disposal, NATO officials say.

The 35-page document, known as MC400/2, was authored by NATO's Military Committee and approved May 16 by its North Atlantic Council. It builds on NATO's strategic concept approved in April 1999. MC400/2 "sets the rules for the restructuring that will be done by the nations," a NATO military official told Defense News May 31. The document's purpose is to broadly define what NATO needs to meet its three primary roles.

Those roles as set out in the strategic concept are mutual self- defense, out-of-area peacekeeping and peacetime cooperation between NATO and its partner countries. Peacetime cooperation runs the political-military gamut from arms control negotiations and deterrence against weapons of mass destruction, to military exercises and other joint activities with the 28 countries of Eastern Europe and the Mediterranean basin that are associated with NATO's military cooperation programs.

The military doctrine leaves untouched NATO's socalled Article 5 regarding mutual self-defense, the foundation of its former Cold War defense against Soviet aggression, with one change. Instead of an eastward line of defense, the classified document now calls for protection against threats from any direction, the NATO official said. Indeed, a major portion of MC400/2 deals with how NATO should conduct multinational operations beyond its members' territories in cooperation with non-NATO nations. NATO leads peacekeeping operations in Bosnia and Kosovo, for instance, using troops from as far away as Argentina and Sri Lanka.

NATO drew on the experience of its 78-day air campaign last year against Serb forces in Yugoslavia and its Kosovo region to define in MC400/2 the new capabilities the alliance must achieve. These include improved mobility, operational compatibility between NATO armies and sustainability over longer supply chains.

Particularly striking during the Kosovo operation was the lack of coordinated logistics between NATO nations. Most of the nations currently involved in NATO's Balkans operation run their own supply chains.

Elsewhere, NATO's traditional division-of-labor approach to force- generation in which one country provides air assets, another provides grounds troops, another the logistics and so on falls short of strategic needs to day, said the NATO official.

If for any reason one nation cannot participate, "the whole operation falls apart," he said. "This needs to be thought through: whether we can make saving's by combining into a multinational logistics operation." During the Cold War, NATO centralized logistics via a slow but common system of assigned depots. Today, there are 30 different national logistics chains going into Kosovo through the Greek port, of Thessaloniki, while the primary workhorse for heavy equipment lift in Kosovo is being provided by the Ukrainians, he said.

Meanwhile, approval of MC400/2 passed with scant attention, save for the continuing concern of antinuclear groups about NATO's refusal to rule out the first use of nuclear weapons, and their use against non- nuclear weapons of mass destruction, such as chemical or biological threats.

However, a senior NATO official told Defense News that MC400/2 does not assign any new roles for nuclear weapons. "NATO's nuclear forces are here to deter aggression. They exist to prevent war and are first and foremost a political weapon," the senior official said. The NATO military official added: "They are our only weapons of mass destruction. Nuclear weapons could constitute, in case there is a threat against NATO or any member through [weapons of mass destruction, including biological and chemical], the only deterrent we have," the NATO military official said.

Source: Defense News, 12 June 2000, Page 8.

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