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Neo-Kolonialismus

Belgrader Regierung protestiert gegen Enteignung des Bergbaukombinats

Die Schließung der Bleischmelze und die Übernahme des Bergbaukombinats Trepca durch die UN-Verwaltung stellt sich aus jugoslawischer Sicht als "Okkupation" und "Wiederherstellung des Kapitalismus" dar. Im Folgenden die Originalstimme aus Kosovska Mitrovica:

+++ NEO-KOLONIALISMUS IN KOSOVO UND METOCHIEN +++

ZVECAN/KOSOVSKA MITROVICA, 15. August 2000. Einen Tag nach der gewaltsamen Besetzung einer Bleischmelzanlage des jugoslawischen Bergbau- und Industrieunternehmens "Trepca" in Zvecan durch die NATO-geführten KFOR-Truppen, haben erneut mehrere hundert Serben vor dem Minenkomplex gegen den Raub ihres Unternehmens protestiert. Um die aufgebrachten Arbeiter zu beruhigen zahlte die UNMIK-Verwaltung je 1200 Dinar als Entschädigung an sie aus. Dies ist das erste Mal, dass die UNMIK die offizielle jugoslawische Währung als Zahlungsmittel einsetzt, nachdem der umstrittene UNMIK-Verwalter Bernard Kouchner rechtswidrig die "DM" als neue und auschließliche Währung in der südserbischen Provinz Kosovo und Metochien eingeführt hatte. Bei dem brutalen Militäreinsatz am frühen Montagmorgen wurden mehrere Arbeiter verletzt.

Die jugoslawische Regierung protestierte bei den Vereinten Nationen scharf gegen die Okkupation der Anlage und sprach von einer vampirhaften Auferstehung des Kolonialismus in Kosovo und Metochien. Kouchner hatte die Besetzung der Trepca-Anlage mit dem Schutz der Bevölkerung vor einer Umweltbelastung gerechtfertigt. Die Anlage würde angeblich zuviel Blei ausstoßen. Für Kouchner stellen die, während der 78-tägigen NATO-Bombardierung Jugoslawiens, im ganzen Land verstreuten Urangeschosse und Kassettenbomben anscheinend keine Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung dar.

Die "Übernahme" der Anlage durch die UNMIK, die offensichtlich auf Druck der sezessionistischen Albaner zu Stande gekommen ist, stellt de facto eine Enteignung des jugoslawischen Staates und der privaten Eigentümer dar. Die Aktiengesellschaft "Trepca" gehört nämlich zu einem Teil einem privaten Zusammenschluß von griechischen und jugoslawischen Unternehmen, während den anderen Teil der jugoslawische Staat hält.

Der UCK-Führer Hasim Taci hatte wiederholt die Unterstellung des gesamten Trepca-Komplexes unter UNMIK-Kommando (und damit unter UCK-Hoheit) als Bedingung für die weitere politische Zusammenarbeit seiner Organisation mit der UNO und der NATO gemacht. Trepca ist außerdem Objekt der Begierde einer internationalen, NATO-nahen privaten Investorengruppe, zu der auch die Soros-Foundation gehört. Diese steht seit langem in Kontakt mit UNMIK-Chef Kouchner - vor Monaten hatte sie einen detaillierten Plan über die "Privatisierung" des Trepca-Komplexes vorgelegt.

Die UN-Mission gab zugleich bekannt, mit internationalen Bergwerksunternehmen einen Vertrag über den Trepca-Minenkomplex geschlossen zu haben, Danach soll das als Joint Venture gegründete Unternehmen "ITT Kosovo" die Minen unter UNMIK-Führung als öffentliches Unternehmen aufbauen. Der Vertrag sei mit den Bergwerksunternehmen TEC-Ingenerie (Frankreich), Boliden Contech (Schweden) und Morrison Knudsen International Inc. (USA) unterzeichnet worden.

Das jugoslawische Unternemen "Trepca" besteht aus etwa 40 Minen, Schmelz- und Metallverarbeitungsanlagen, in denen Gold, Silber, Blei, Zink und andere Metalle gefördert und verarbeitet werden. Westliche Experten schätzten den Wert des Minenkomplexes aufgrund der großen Erzreserven im Boden auf mehr als 10 Milliarden DM. Die südserbische Provinz Kosovo und Metochien ist reich an Bodenschätzen.

STIMME KOSOVOS, 15.08.00

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