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Uneinsichtig!

Fischer und Co. würden den Krieg gegen Jugoslawien wieder so machen

Eine in den übrigen Medien wenig beachtete Konferenz über den Balkan veranstalteten die Südosteuropa-Gesellschaft und die Deutsche Welle Anfang Juli in den Räumen der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung ein Tagung zu Stand des so genannten Stabilitätspakts für den Balkan. Mit dabei: Joschka Fischer und Bodo Hombach. Die junge welt berichtete am 5. Juli 2000 davon. Wir dokumentieren den Artikel:

Als nächstes in den Kaukasus
Joseph Fischer und Bodo Hombach bilanzierten ein Jahr »Stabilitätspakt für Südosteuropa«


Am Dienstag (4. Juli 2000) fand in der Berliner Zentrale der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung eine internationale Konferenz mit dem Titel »Ein Jahr Stabilitätspakt für Südosteuropa - eine erste Bilanz« statt. Veranstalter waren die Südosteuropa- Gesellschaft und die Deutsche Welle. Die 1952 in München gegründete Gesellschaft hat 650 Mitglieder, darunter viele hochrangige Politiker und Wirtschaftsvertreter, und ist eine der einflußreichsten Pressure-Groups für die geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen Deutschlands in dieser Region. Der »Stabilitätspakt« wurde unmittelbar nach dem Ende des NATO-Krieges gegen Jugoslawien auf deutsche Initiative hin gegründet. Neben den Mitgliedsstaaten der EU, den weiteren Mitgliedern der G-8-Gruppe (Japan, USA, Kanada und Rußland) und den Staaten der südosteuropäischen Region, außer Jugoslawien natürlich, gehören dem Pakt auch internationale Institutionen wie der Internationale Währungsfonds, die Weltbank und die Europäische Investitionsbank an.

In der Begrüßung der Teilnehmer erläuterte der SPD- Abgeordnete Gernot Erler die Bedeutung des Stabilitätspaktes. Schon jetzt werde über die Notwendigkeit eines ähnlichen Paktes für den Kaukasus diskutiert. Der deutsche Außenminister Joseph Fischer (Grüne) faßte in seiner Eröffnungsrede nochmals die Ziele der deutschen Balkan- Politik zusammen. Es müsse erreicht werden, daß die Volkswirtschaften in dieser Region »kompatibel zu dem sind, was in der EU geschieht«. Das gemeinsame Handeln der EU sei ein Ergebnis des westeuropäischen Integrationsprozesses, der seit Ende des Kalten Krieges beginne, in einen gesamteuropäischen überzugehen. Fischer betonte erneut, daß bei der Durchsetzung dieses Zieles die Anwendung militärischer Gewalt eine Option sein könne. Aus heutiger Sicht müsse man sagen, daß es schon 1992 richtig gewesen wäre, mit kriegerischen Aktionen gegen die »aggressive, hegemoniale Politik Serbiens« vorzugehen. Gerade in Deutschland hätte man erkennen müssen, wohin es führe, wenn man einem »brutalen, menschenverachtenden Diktator wie Milosevic« nicht rechtzeitig entgegentrete, so Fischer in offensichtlicher Anspielung auf seinen früheren »Auschwitz- Vergleich«. Trost hatte Fischer für die groß-albanischen Nationalisten parat. Zwar sei »die albanische Frage zur Zeit nicht lösbar«, die müsse aber »offengehalten werden«. Schließlich habe es ja auch in Deutschland nach dem Krieg über vierzig Jahre bis zur Wiedervereinigung gedauert.

Bodo Hombach, der Sonderkoordinator für den Stabilitätspakt, erläuterte in seiner Ansprache die Fortschritte bei der Destabilisierung Jugoslawiens. Mit der Teilrepublik Montenegro habe man bereits ein hohes Maß an Kooperation erreicht. Die im Oktober 1999 im ungarischen Szeged beschlossene massive Förderung regierungsfeindlicher Medien in Verbindung mit wirtschaftlichen Hilfen für 44 von der serbischen Opposition regierte Städte und Gemeinden werde weiter ausgebaut. Selbstverständlich bleibe die Republik Jugoslawien von dem Stabilitätspakt ausgeschlossen, solange Milosevic an der Macht ist.

Hombach appellierte an die Deutsche Wirtschaft, die durch den Stabilitätspakt geschaffenen Voraussetzungen zu nutzen. In vielen Staaten der Region gäbe es inzwischen ein »gutes Investionsklima« sowie ein »großes Potential aus hoch motivierten und gut ausgebildeten Arbeitskräften«.

Rainer Balcerowiak



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