UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) begrüßt Afghanistan-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
Nichtstaatliche Verfolgung als Asylgrund anerkannt - Jetzt muss Deutschland die Flüchtlingskonvention ratifizieren
Am 20 Februar 2001 fällte das Bundesverwaltungsgericht in Berlin eine Grundsatzentscheidung über die Behandlung von Flüchtlingen bzw. Asylbewerbern, die in ihren Herkunftsländern von nicht-staatlichen "Autoritäten" verfolgt und unterdrückt werden. Bislang galt in der deutschen Behördenpraxis der Grundsatz, dass Asylbewerber und Flüchtlinge nur dann ein Schutzrecht genießen, wenn sie von staatlichen Organen oder in deren Auftrag verfolgt oder misshandelt werden. Pro Asyl, Flüchtlings- und Menschenrechtsgruppen haben immer wieder auf diese vermeintliche "Lücke" im deutschen Recht aufmerksam gemacht. Mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts findet die Bundesrepublik endlich Anschluss an die übrigen europäischen Staaten. Das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR begrüßte das Urteil in einer Presseerklärung, die wir im Folgenden dokumentieren.
UNHCR: Gericht setzt positives Signal
20. Februar 2001
Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) begrüßt
Afghanistan-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als positives
Signal.
Die Berliner Richter haben mit ihrem heutigen Spruch den deutschen
Sonderweg bei der Bewertung der quasi-staatlichen Verfolgung
verlassen. Sie entsprachen so nicht zuletzt der Vorgabe des
Bundesverfassungsgerichts, sich bei der Beurteilung an der
Schutzbedürftigkeit von Flüchtlingen zu orientieren. Damit wird die
bereits eingeleitete Abkehr von einer Asylrechtsprechung unter bloß
restriktiven Vorzeichen fortgesetzt.
Wie überall in Europa gilt nunmehr auch in Deutschland, dass
Verfolgung in Bürgerkriegen von De-facto-Autoritäten, wie z.B. den
Taliban in Afghanistan, ausgehen kann. Nach Auffassung von UNHCR hat
deshalb das Bundesverwaltungsgericht einen wichtigen Beitrag zur
Angleichung an die europäische Praxis geleistet.
Darüber hinaus ergibt sich erneut die Chance, das Thema
nichtstaatliche Verfolgung nach den Kriterien des internationalen
Flüchtlingsrechts sachgerecht zu diskutieren. Vor diesem Hintergrund
ist es verfehlt, den Anwendungsbereich der Genfer
Flüchtlingskonvention ausschließlich auf den Bereich der staatlichen
bzw. staatlich zurechenbaren Verfolgung zu reduzieren. Auch die Opfer
nichtstaatlicher Verfolgung müssen den Schutz des Abkommens
potenziell in Anspruch nehmen können.
Die Genfer Flüchtlingskonvention wurde vor 50 Jahren
verabschiedet. Für die weitaus meisten der inzwischen 137
Unterzeichnerstaaten gilt das Abkommen unabhängig von dem jeweiligen
Urheber der Verfolgung. Entscheidend ist hingegen deren religiös,
politisch oder ethnisch motivierte Zielrichtung. Aus Sicht von UNHCR
wäre das Jubiläumsjahr ein überaus angemessener Zeitpunkt, um diesen
internationalen Standard auch in Deutschland umzusetzen.
Quelle: ots Originaltext: UNHCR
Im Internet recherchierbar: http://recherche.newsaktuell.de
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