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Kluft zwischen Realpolitik und Menschenrechts-Anspruch wird größer!

amnesty international, terre des hommes und pro asyl zum Internationalen Tag der Menschenrechte

Pressemitteilung

Kluft zwischen Realpolitik und Menschenrechts-Anspruch wird größer!

Berlin, 8. Dezember 2004 - "Die Schere zwischen einem menschenrechtsorientierten Anspruch und einer Realpolitik, die Menschenrechte ignoriert, hat sich in Rechtsstaaten weiter geöffnet", bilanziert die Generalsekretärin von amnesty international Deutschland (ai), Barbara Lochbihler, zum diesjährigen internationalen Tag der Menschenrechte. "Lippenbekenntnisse, denen keine Taten folgen, bewahren niemanden vor Folter, verhindern nicht, dass Menschenrechtsverteidiger schikaniert, bedroht und getötet werden und schützen Frauen in bewaffneten Konflikten nicht vor Massenvergewaltigungen."

Gewalt gegen Frauen in bewaffneten Konflikten war 2004 einer der Arbeitsschwerpunkte von ai. Die Menschenrechtsorganisation hat hierzu Berichte u.a. zum Sudan, Kolumbien und der DR Kongo vorgelegt. "Massenvergewaltigungen werden als Kriegswaffe angeordnet, stillschweigend geduldet oder offen toleriert. Wir hoffen sehr, dass der Internationale Strafgerichtshof die beispiellosen Massenvergewaltigungen in der DR Kongo ausdrücklich als Tatbestand in seine erste Anklage aufnimmt."

Folter ist in diesem Jahr gerade in Rechtsstaaten ein beunruhigend aktuelles Thema: "Wenn Rechtsstaaten Folter zulassen, verabschieden wir uns von einer der wichtigsten menschenrechtlichen Errungenschaften: dem absoluten Folterverbot. Die Folterfälle in Abu Ghraib haben zu Recht Entsetzen ausgelöst. In Deutschland haben im 'Fall Daschner' besorgniserregend viele Vertreter aus Politik und Justiz das Vorgehen des ehemaligen Frankfurter Polizeivizepräsidenten als rechtmäßig bezeichnet. Dem gilt es energisch entgegenzutreten."

In der Türkei wird weiterhin in Polizeigewahrsam gefoltert. Frauen werden sexuell misshandelt. Die Meinungsfreiheit bleibt eingeschränkt. "Es hat eine Reihe von Reformen gegeben, die wir begrüßen", sagte Lochbihler. "Doch die Umsetzung lässt bisher mehr als zu wünschen übrig. Die Reformen werden vor allem dann Erfolg haben, wenn der alte Militär-, Polizei- und Justizapparat reformiert und stärker kontrolliert wird. Die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen bietet eine Chance, die Menschenrechtssituation in der Türkei nachhaltig zu verbessern. Die Verhandlungen müssen 'ergebnisoffen' geführt werden. Die Bundesregierung muss die Umsetzung wichtiger Gesetzesreformen nun mit allen Kräften unterstützen und kritisch begleiten."

Der Internationale Tag der Menschenrechte wurde am 10. Dezember 1948 von den Vereinten Nationen eingeführt, als die Generalversammlung die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) verabschiedete. Nach dem Nationalsozialismus sollte es nie mehr der Willkür einer Regierung zugestanden werden, die Würde eines Menschen abzuerkennen. Seither ist der 10. Dezember weltweit den Menschenrechten gewidmet. Für ai ist die AEMR die Grundlage ihrer Arbeit. Informationen zu aktuellen Arbeitsschwerpunkten finden Sie unter www.amnesty.de.

Quelle: Homepage von ai: www.amnesty.de


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Zum Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember:

terre des hommes fordert wirksamen Schutz von Menschenrechtsaktivisten

Osnabrück, 09.12.2004 - In zahlreichen Ländern der Welt geschehen nach wie vor gravierende Menschenrechtsverletzungen. Immer wieder werden Mitarbeiter von Organisationen, die sich für die Interessen von Kleinbauern und Landlosen einsetzen oder das Recht auf Kriegsdienstverweigerung für Jugendliche einfordern, eingeschüchtert, bedroht und ermordet. Dies erklärte das entwicklungspolitische Kinderhilfswerk terre des hommes zum Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember.

»Unsere Projektpartner in Kolumbien, Myanmar (Burma) und Aceh/Indonesien berichten permanent von Drohungen und Repressalien durch Militär, paramilitärische Verbände und Guerilla«, so Wolf-Christian Ramm, Pressesprecher von terre des hommes. Ganze Dörfer gerieten in den Kämpfen zwischen alle Fronten und seien der Gewalt schutzlos ausgesetzt. »Wir haben diese Regierungen wiederholt aufgefordert, die Gewalt zu stoppen und die Menschen zu schützen«, so Ramm weiter.

»Kinder sind Menschenrechtsverletzungen besonders schutzlos ausgeliefert«, so Wolf-Christian Ramm. »Sie leiden direkt unter dem Verlust von Angehörigen, aber auch unter mittelbareren Formen der Gewalt wie ausbeuterischer Kinderarbeit, Kinderhandel und Zwangsrekrutierung als Prostituierte und Soldaten. Auch dies sind elementare Verletzungen der Menschenrechte von Millionen Kindern. Deshalb ist es auch zwingend geboten, Flüchtlingskindern in Deutschland, die sich vor Krieg und Gewalt zu uns gerettet haben, eine Perspektive zu bieten.«

Das entwicklungspolitische Kinderhilfswerk terre des hommes fördert weltweit rund 440 Projekte in 27 Ländern der Dritten Welt und in Deutschland.


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9. Dezember 2004

10. Dezember 2004: Internationaler Tag der Menschenrechte

Getrennte Abschiebung reißt Familien auseinander

PRO ASYL: Schutz von Ehe und Familie auch bei Abschiebungen berücksichtigen

Die Zahl der Abschiebungen, bei denen Familien auseinander gerissen werden, hat drastisch zugenommen. In manchen Bundesländern sind getrennte Abschiebungen von Familienangehörigen längst Alltag. Eltern werden abgeschoben, während die Kinder in der Schule sind, Kinder außer Landes gebracht, während der Vater in der Psychiatrie oder die Mutter beim Einkaufen ist. Auf diese düsteren Fakten weist PRO ASYL anlässlich des Tages der Menschenrechte hin. Die politische Forderung: Der Schutz von Ehe und Familie, wie er im Grundgesetz und in internationalen Abkommen vorgesehen ist, muss auch bei der Durchführung von Abschiebungen berücksichtigt werden.

Eine heute vorgestellte Broschüre mit dem Titel „Familientrennung durch Abschiebung" belegt, dass nicht mehr die Rede von wenigen extremen Einzelfällen sein kann. 17 drastische Fälle haben PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte innerhalb kurzer Zeit zusammen getragen.

„Der Trend ist eindeutig. Ausländerbehörden nutzen ihre Ermessensspielräume nicht, sondern produzieren mit dem Auseinanderreißen von Familien unnötiges Leiden. Deshalb besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf," so Marei Pelzer von PRO ASYL. Nach geltendem Recht genießt die Familieneinheit beim Vollzug von Abschiebungen nur einen sehr dürftigen Schutz. Die Behördenpraxis folgt dem Prinzip: Wo gehobelt wird, da fallen Späne. So teilte das Regierungspräsidium Stuttgart in einem Fall, in dem die abgeschobene Mutter ohne ihre beiden jüngsten Kinder (9 Monate und 2 Jahre alt) abgeschoben worden war, bedauernd mit, dass der Schutz der Familie zwar einen hohen Stellenwert habe. Bedauerlicherweise könne hierauf aber nicht immer Rücksicht genommen werden.

gez. Bernd Mesovic, Referent


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