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Aufgeheizte Südhalbkugel

Australien und Neuseeland registrierten das wärmste Jahrzehnt seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Klimawandel treibt Politik zum Handeln

Von Thomas Berger, Bangkok *

Der Klimawandel macht sich auch auf der Südhalbkugel der Erde, und speziell im pazifischen Raum deutlich bemerkbar. So war das vergangene Jahrzehnt in Australien und Neuseeland das heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnung vor 150 Jahren. Zwischen dem Jahr 2000 und dem Ende des Jahres 2009 habe die Temperatur im Mittel knapp ein halbes Grad über den Werten in den drei vorhergehenden Dekaden gelegen, teilte jetzt das australische Büro für Meteorologie in seinem jährlichen Bericht mit. Wie Klimatologe David Jones aus der Behörde betonte, liege das Klima in dieser Weltregion damit im globalen Trend, wonach die Durchschnittstemperaturen rund um den Globus anstiegen. Die in der Vergangenheit registrierte Tendenz zur Erwärmung halte den aktuellen Daten zufolge weiter an, so Jones.

Das zurückliegende Jahr ging in Australien als zweitwärmstes seit 1850 in die Statistiken ein. Im Jahresdurchschnitt lagen den Angaben zufolge die Temperaturen um 0,9 Grad über dem Mittelwert des Zeitraums zwischen 1961 und 1990. Drei besonders schwere Hitzewellen begünstigten die alljährlich auftretenden Brände, die auch derzeit wieder auf dem fünften Kontinent wüten. Sie verursachten 2009 Schäden in Millionenhöhe und kosteten 173 Menschen das Leben. Letzteres war selbst für die regelmäßig von Buschfeuern heimgesuchten Gebiete in Downunder, wo die Einwohner im »Normalfall« mit dem Schrecken und abgebrannten Häusern davonkommen, außergewöhnlich.

Nach Aussage des Klimatologen Jones war jede einzelne dieser zuletzt registrierten Hitzewellen schon außergewöhnlich. Das Zusammentreffen von gleich dreien in einem Jahr könne nicht mit normalen Schwankungen erklärt werden. Vor allem das sogenannte Outback, die dünn- oder nicht besiedelten Gebiete tief im Innern der großen Landmasse Australiens, heizten sich auf. Die Erwärmung dort betrage das Doppelte dessen, was in den küstennahen Gebieten festgestellt werde, erläuterte Jones. Die hohen Temperaturen gingen zudem in den zurückliegenden Jahren mit verheerenden Dürren einher, wobei sich in Sachen Niederschlagsmenge ein geteiltes Bild ergab: Der üblicherweise heiße Norden Australiens werde sogar feuchter als bisher, so die Experten.

Auch im benachbarten Neuseeland ist nach den relativ kühlen Neunzigern das vergangene Jahrzehnt das wärmste seit Menschengedenken gewesen. Zwar ist das Land zu klein, als daß sich Gebiete im Innern wie in Australien extrem aufheizen könnten. Doch in beiden Staaten hat der Trend unter anderem Auswirkungen auf die Landwirtschaft, die dort ein wichtiger Wirtschaftszweig ist. Viele australische Farmer hatten in jüngster Vergangenheit mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, ihre Betriebe zu halten.

Die derzeitige Regierung in Canberra verschließt - anders als die konservative Vorgängeradministration - nicht die Augen vor dem Problem und bemüht sich nach Kräften gegenzusteuern. Zu den neu verabschiedeten Umweltgesetzen gehört auch ein System zum Handel mit Kohlendioxid-Emissionsrechten. Im Parlament ist das Gesetz allerdings bei der ersten Abstimmung gescheitert. Der sozialdemokratische Premierminister Kevin Rudd und sein Klimabeauftragter Peter Garrett wollen dennoch nicht klein beigeben. Im Februar soll die Beschlußvorlage erneut eingebracht werden. Von einem Weichspülen des Gesetzes, um mit der Opposition zu einem Kompromiß zu gelangen - wie es beispielsweise bei der aktuellen Klimaschutzdebatte in den USA geschieht -, hält die Regierung Rudd, bisher jedenfalls, nichts.

* Aus: junge Welt, 8. Januar 2010


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