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Ökumenisches Friedensfest in Halberstadt

Jahrhundertealte Tradition wurde im Jahr 2005 wiederbelebt

Von Uwe Kraus, Halberstadt *

Das Evangelische Kirchspiel lädt heute (21. Aug.) zum Ökumenischen Friedensfest in den Halberstädter Dom.

Ein besonderes Fest wurde 2005 im Halberstädter Dom St. Stephanus wiederbelebt. Es trägt den Titel »Festum pro pace et unitate ecclesiae pretenda« und war seit etwa 1580 gefeiert worden. Der damalige Halberstädter Dom-Kustos Jörg Richter hatte 2004 historische Handschriften entdeckt, in denen die Gottesdienstordnung im Halberstädter Dom stand. Dazu zählt eine 1743 gedruckte Agenda für den protestantischen Gottesdienst im Fürstentum Halberstadt. Überklebte und -schriebene Passagen deuten auf eine Reihe Wandlungen in der Form der Liturgie hin.

Seit 1591 bestand in Halberstadt ein aus katholischen und evangelischen Domherren gemischtes Domkapitel. Dieser Zustand währte bis 1810 und war von zahlreichen Visitationen aus Rom begleitet. Dazu bedurfte es einer ganz speziellen Liturgie. Im Dom St. Stephanus und in dessen Kreuzgang gibt es eine Reihe Orte, wo die Liturgie gefeiert wurde. Der Fuldaer Professor für Liturgiewissenschaften, Andreas Odenthal, der sich mit den Bräuchen im Halberstädter Dom befasst hat, stellte fest, dass es sich dabei um etwas ganz Besonderes handelt. Schließlich habe man sich damals schon vor dem 30-jährigen Krieg etwas ausgedacht, um Eintracht zwischen den Christen zu pflegen. Über 250 Jahre habe diese liturgische Feier evangelische und katholische Domherren trotz ihrer religiösen Unterschiede miteinander verbunden. Als Fest für den Frieden und die Einheit der Kirche diente es dem Domkapitel zur Stärkung seiner Gemeinschaft.

»Die besondere Schwierigkeit unseres Projektes bestand ja damals darin, die Noten für die Gesänge in eine heute verständliche Form zu transkribieren«, erinnert sich der heutige Propst des Propstsprengels Stendal-Magdeburg, Christoph Hackbeil. »Der hochbetagte Pater Paulus von der Huysburg, der früher Organist am Dom in Breslau war, hat uns das per Hand übertragen.« Hackbeil hat sich mit den mittelalterlichen Gesängen befasst und die Liturgie mit einstudiert, die im hohen Chor des Domes erklingt.

Zudem wird zum Friedensmahl an eine lange Tafel in den Kreuzgang des Domes geladen, an dem jeder teilnehmen kann, »auch jene, denen die Kirchenschwellen zu hoch« sind. »Gemeinsam am Tisch zu sitzen und Speisen zu teilen ist seit jeher ein Zeichen für Gemeinschaft, Freiheit und Frieden«, so der Kustos der Domschätze in Halberstadt und Quedlinburg, Dr. Thomas Labusiak. Ihm sei es wichtig, nicht nur Schätze aus alter Zeit zu zeigen, sondern in diese Tradition einzutreten.

* Aus: Neues Deutschland, 21. August 2010


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