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"Wir erwarten den mündigen Bürger in allen Bereichen des öffentlichen politischen Lebens"

Offener Brief an Militärbischof Dr. Dutzmann

Sehr geehrter Herr Dr. Dutzmann, sehr geehrter Herr Militärbischof,

als Militärbischof beklagen Sie jüngst das geringe Interesse der Bevölkerung an den Einsätzen der Bundeswehr, an den Traumata der SoldatInnen, an der (scheinbar) ungeklärten Einsatzlage durch das Parlament, die Regierungen.

Man müsste Sie ja eigentlich nicht daran erinnern, dass das GG den Einsatz der Bundeswehr nur zur Verteidigung der Republik eindeutig geregelt hat. Das geschieht seit Ende des Ost-Konfliktes nicht mehr. Mehrfach war zudem die Bundeswehr an völkerrechtswidrigen Kriegen beteiligt, die nicht zur Verteidigung des Landes, sondern ausgesprochenerer Maßen (Weißbücher) aus machtstrategischen und wirtschaftlichen Interessen geführt wurden und werden. Dass Bundespräsident Köhler, der dies ausplauderte, um der Wahrheit Willen zurück getreten ist, war ein tragischer Vorgang. Ich habe nicht vernommen, dass Sie ihm zur Seite gesprungen wären. Wie denn auch? Ich weiß, es wird durch Wiederholung nicht wahrer, aber auch nicht unwahrer, dass die Militärseelsorge Gefangene der jeweiligen Sicherheits- und Verteidigigungspolitik ist. Sie exekutiert dieVorgaben der Politik - und beklagt dann hier und da die Kollateralschäden in den Seelen der SoldatInnen. Es gibt aber kein öffentliches Wort zu den politischen Vorgaben, zu den politischen Einsatzkonzepten. Es bleibt dabei: wes Brot ich ess, des Lied ich sing.

Wenn Ihnen wirklich die Sorge um die SoldatInnen und ihre Familie ernst wäre, dann müssten Sie an der Spitze einer Debatte in der Bundeswehr selbst stehen über Sinn und Unsinn der Auslandseinsätze - die ja hilflos - manchmal auch mutig und offen - unter den Soldaten selbst geführt wird. Da wo es offen geschieht, hat es disziplinarische Konsequenzen - wie in allen Armeen dieser Welt, die sich instrumentalisieren lassen zur immer neu scheiternden scheinbaren Lösungen politischer Konflikte mit militärischen Mitteln.

SoldatInnen in Auslandseinsätzen sind gut ausgebildete und deshalb überhaupt nicht dumme Zeitgenossen, denen ich auch ein politisches Urteil zutrauen darf. Wenn sie an den Einsätzen teilnehmen, wissen sie, was sie tun, und es ist ihnen zurechenbar, was sie tun. In dem Sinne sind sie es auch selbst Schuld, wenn sie die Belastungen der Kriege tragen. Sie müssen es nicht tun. Und sie sollen und müssen auch immer wieder hören, dass sie allen Umfragen entsprechend nur einen kleinen Teil der Bevölkerung in ihren Schützengräben repräsentieren. Ihr Hinweis auf die Mandatierung der Einsätze durch den Bundestag hebt das vorher Gesagte nicht auf. Es ist ein nur formales Argument, das nur dem einfallen kann, der sich inhaltlich nicht an die Sache heran wagt. Dieses Wagnis wäre Ihr Amt wert. Ich räume ein: mit diesem Wagnis wären Sie nicht im Amt.

Wir erwarten den mündigen Bürger in allen Bereichen des öffentlichen politischen Lebens - mit Zivilcourage. Ich erwarte das auch von Ihnen. Damit müssen sich militärische Strukturen naturgemäß schwer tun. Ihr mangelnder Mut erweist, wie sehr Sie in diese Strukturen eingebunden sind.

Ich habe wiederum auch nicht gehört, dass Sie SoldatInnen ermutigen, eine neue Lebensperspektive jenseits des Militärischen zu suchen. Man kann auch in anderen Berufen scheitern. In der Bundeswehr in Auslandseinsätzen ist das Scheitern Teil der Mission. Warum sagen Sie das Ihren SoldatInnen nicht? Aber wie denn auch? Siehe oben.

Also hören Sie mit Ihren Beklagungen auf. Man kann nur hoffen und darf erwarten, dass es nicht gelingt, in der deutschen Bevölkerung so etwas wie einen Mitleidsbonus für die SoldatInnen zu implementieren. Es ist doch manchmal einfach gut, das zu lassen, was nur zu persönlicher Last und Leid führt - und politisch nur in Sackgassen. Ich erlaube mir, diesen Brief so weit wie möglich - auch im kirchlichen Raum - zu verbreiten.

Mit freundlichen Grüßen
Pastor Volker Bethge M.A., Lübeck



Dr. Martin Dutzmann wird neuer EKD-Bevollmächtigter

Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland hat Dr. Martin Dutzmann in das Amt des Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union berufen. Martin Dutzmann wird am 1. Oktober 2013 sein neues Amt antreten und zugleich aus seinem bisherigen Amt als Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche ausscheiden. Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider sagte dazu: "Wir freuen uns sehr, mit Martin Dutzmann einen erfahrenen Seelsorger und leitenden Geistlichen unserer Kirche in das Amt des Bevollmächtigten berufen zu können."

Der 1956 in Essen geborene Martin Dutzmann steht seit Oktober 2005 als Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche vor. 2008 übernahm er darüber hinaus als Evangelischer Militärbischof die kirchliche Leitung der Militärseelsorge in Deutschland. Zuvor war der promovierte Theologe von 1987 an als Pfarrer und Superintendent der Evangelischen Kirche im Rheinland tätig.

Quelle: Website der Evangelischen Militärseelsorge; http://www.eka.militaerseelsorge.bundeswehr.de




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