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Kindersoldaten: CDU-Antrag im Bundestag mahnt Ratifizierung der UN-Konvention an

Forderungen von Nichtregierungsorganisationen warten auf Umsetzung

Am 27. Mai 2003 informierte der Pressedienst des Deutschen Bundestags über einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion, wonach die Bundesregierung aufgefordert wird, endlich ein Gesetz zur Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention im Bundestag einzubringen. Schon seit Monaten fordert die Menschenrechtsorganisation terre des hommes dasselbe - ohne Erfolg.
Im Folgenden dokumentieren wir eine Presseerklärung von terre des hommes anlässlich des "Kindersoldaten-Kongresses", der am 7./8. Mai 2003 in Washington stattfand. Darin wird die Bundesregierung ermahnt, endlich das Ratifizierungsverfahren einzuleiten. Im Anschluss daran die erwähnte Pressemitteilung über die CDU/CSU-Initiative.



Kindersoldaten-Kongress in Washington am 7./8. Mai 2003

terre des hommes fordert konkrete Schritte zum Schutz von Kindern statt reiner PR-Schauveranstaltung

Osnabrück, 5. Mai. 2003

Die am 7./8. Mai vom US-Arbeitsministerium in Washington veranstaltete Konferenz »Kinder im Kreuzfeuer« muss sich den Vorwurf gefallen lassen, eine reine PR-Veranstaltung zu sein. Dies erklärte das entwicklungspolitische Kinderhilfswerk terre des hommes zum Auftakt der Konferenz, an der mehrere hundert Experten aus aller Welt, ehemalige Kindersoldaten und Jugendliche teilnehmen sollen.

»Die USA haben über Jahre hinweg alles getan, um eine Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor Rekrutierung und Kampfeinsatz zu verhindern. Wir betrachten die Veranstaltung daher mit einer gehörigen Portion Misstrauen«, erklärte terre des hommes-Kinderrechtsexperte Andreas Rister. »Wenn die USA einen Sinneswandel vollziehen und ihre Sorge um die Situation der Kinder weltweit in konkrete Politik umsetzen wollten, wäre als erster Schritt die überfällige Ratifikation der UN-Kinderrechtskonvention erforderlich«, so Rister weiter.

terre des hommes kritisiert das geringe Interesse der internationalen Staatengemeinschaft, sich für den Schutz von Kindern in Kriegen und bewaffneten Konflikten einzusetzen. »Auch die Bundesregierung ist offenbar in einen gesetzgeberischen Tiefschlaf verfallen«, so Andreas Rister. Anders sei es nicht zu erklären, dass Deutschland das im Februar 2002 in Kraft getretene Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention, mit dem Kinder unter 18 Jahren vor Zwangsrekrutierung und Kriegseinsatz geschützt werden sollen, immer noch nicht ratifiziert habe.

Nach Angaben der Vereinten Nationen sind derzeit 300.000 Kinder in Armeen oder paramilitärischen Verbänden zwangsrekrutiert. Für einen besseren Schutz dieser Kinder setzt sich terre des hommes als Mitglied der »International Coalition to Stop the Use of Child Soldiers« ein. In diesem Bündnis setzt sich terre des hommes dafür ein, dass der Missbrauch von Kindern als Soldaten weltweit geächtet wird.


Entwicklungszusammenarbeit/Antrag
"PROTOKOLL GEGEN DEN EINSATZ VON KINDERSOLDATEN UMGEHEND RATIFIZIEREN"


Das "Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten" soll die Bundesregierung umgehend an den Deutschen Bundestag zur Ratifizierung weiterleiten.
Dies fordert die Fraktion der CDU/CSU in einem Antrag (15/1016). Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) habe am 6. September 2000 das von der UN-Vollversammlung im Mai 2000 verkündete Gesamtübereinkommen über die Rechte des Kindes - vorgelegt als "Fakultativprotokoll" - unterzeichnet.

Bis heute habe die Regierung das Abkommen aber nicht zur Ratifizierung an den Bundestag weitergeleitet. Der Grund liege im inhaltlich bislang nicht gelösten Konflikt zweier Bundesressorts. Während das Justizministerium die Volljährigkeit und damit ein Mindestalter von 18 Jahren für die Rekrutierung vorschreibe, bestehe das Verteidigungsministerium auf einem Mindestalter von 17 Jahren, um jüngere Männer zu erreichen, die sonst zum Bundesgrenzschutz gehen würden.

Das Fakultativprotokoll der Vereinten Nationen gründet sich auf Schätzungen, wonach mehr als 300 000 Kinder in mehr als 30 Ländern als gewaltsam rekrutierte Kindersoldaten in Streitkräften und bewaffneten Oppositionsgruppen im Einsatz sind. Weitere mehrere Hunderttausend Kinder seien in Regierungsarmeen, Paramilitärs, Milizen und nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen gewaltsam rekrutiert. Der Grund für diese erschreckende Entwicklung liege in der neuen Kriegsstrategie vieler Kriegsparteien, vor allem in Entwicklungsländern.

Neben einer insgesamt eklatanten Missachtung von Rekrutierungsregeln sei eine wachsende Anzahl von innerstaatlichen bewaffneten Konflikten zu beobachten, in denen "die Grundregeln herkömmlicher Kriegsführung systematisch verletzt" würden. Die Union führt aus, die Ratifizierung durch den Deutschen Bundestag könne eine Vorbildfunktion für die internationale Ratifizierung haben. Zu prüfen sei dabei aber auch eine UN-Regelung, die bislang vorsieht, dass bereits 15-Jährigen eine Teilnahme an Feindseligkeiten als Soldaten erlaubt wird.

Nach den Vorstellungen der Abgeordneten sollen Nichtregierungsorganisationen unterstützt werden, Maßnahmen zu fördern, die sich mit der Problematik der Kindersoldaten beschäftigen. Zu beobachten sei unter anderem die Lage von Kindern in Gebieten mit innerstaatlichen Konflikten.

Es müsse sichergestellt werden, dass Länder, die Kindersoldaten rekrutieren, keine Entwicklungsgelder der Bundesrepublik Deutschland, der EU oder anderer internationaler Organisationen mit deutscher Mitgliedschaft erhalten.


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