Was ist die Scharia?
Loya Jirga führt das islamische Rechtssystem, die Scharia, in Afghanistan (wieder) ein. Was bedeutet das?
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Mit Jahresbeginn 2002 wurde in der Provinz Aceh die Scharia, das islamische
Gesetz, eingeführt. Möglich wurde dies durch die
 Verabschiedung des Gesetzes für spezielle Autonomie durch das
indonesische Parlament im letzten Jahr. Demnach darf
 die Provinz 70 Prozent der Öl- und Gaserträge und 80 Prozent der Erträge aus
Landwirtschaft und Fischerei selbst verwalten und eben
 auch die Scharia einführen. Die Autonomie soll der acehnesischen
Separatistenbewegung GAM den Wind aus den Segeln
 nehmen. Die praktische Umsetzung des islamischen Rechts ist noch
unklar. Unklar ist auch, ob es für Muslime und
 Nichtmuslime gleichermaßen gelten soll. (Information: www.umwaelzung.de) 
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Im vergangenen Jahr wurde die Scharia in einem großen Teil Nigerias eingeführt. Im Frühjahr erregte ein Gerichtsurteil weltweites Aufsehen, wonach eine Frau, die vergewaltigt worden war, wegen dieser Schande gesteinigt werden sollte. 
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In vielen islamischen Ländern herrschen heute Rechtssysteme, die sich an der Scharia orientieren. Vom Iran oder von Saudi-Arabien ist dies allgemein bekannt, Pakistan gehört auch dazu, ebenso die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten, der Sudan u.v.a.m. 
Doch was ist die Scharia? Wir wollen im Folgenden ein paar Informationen aus verschiedenen Quellen bereitstellen. Daraus wird sehr leicht ersichtlich, dass die Meinungen zur Scharia in der Fachwelt doch weit auseinander gehen. Es versteht sich von selbst, dass eine große Lücke klafft zwischen den positiven Auffassungen der offiziellen Interpreten und Vertreter des islamischen Glaubens und den nicht-islamischen Kritikern.
Scharia in Kürze
Die Scharia ist das umfassende Gesetz der Muslime, das von
zwei Quellen abgeleitet wird: a) dem Koran und b) der Sunna,
den Handlungen des Propheten Muhammad. Sie umfaßt alle
Bereiche des persönlichen und gesellschaftlichen Lebens im
Alltag. Das Ziel des islamischen Gesetzes ist der Schutz der
Grundrechte des Menschen als Individuum. Dies schließt das
Recht auf Leben und Besitz, auf politische und religiöse
Freiheit, sowie den Schutz der Rechte der Frau und von
Minderheiten mit ein. Die niedrige Verbrechensrate in
muslimischen Gesellschaften ist auf die Anwendung des
islamischen Gesetzes zurückzuführen.
(www.moschee-online.de)
Die Scharia - das islamische Recht
“Scharia” ist heute eines der meistgebrauchten Schlagwörter, wenn über
den Islam diskutiert wird. Islamisten fordern in ihren
jeweiligen Heimatländern, die Scharia zur Grundlage der staatlichen
Gesetzgebung zu machen. Kritiker des Islam warnen vor
der Grausamkeit der Scharia, wie sie sich einigen Strafen äußere
(Handabhacken bei Dieben, Steinigung von Ehebrecherinnen).
Gleichzeitig ist jedoch “Scharia” einer der am wenigsten klar
definierten Begriffe innerhalb des Islam. Auch wenn der Begriff
schon für Gesetzessammlungen islamischer Staaten angewandt wurde, ist
die Scharia eigentlich mehr: Sie ist kein real
vorliegenden Gesetzbuch, das man ohne weiteres und plötzlich zum Gesetz
eines Staates machen könnte. Vielmehr ist “Scharia”
eine Idealvorstellung vom göttlichen Gesetz, das alle Lebensbereiche des
Muslim regeln soll. 
Quellen der Scharia 
Ursprünglich meint der arabische Begriff “Scharia” den Pfad in der
Wüste, der zur Wasserquelle führt. Die Scharia ist der
Wegweiser, der den Menschen zu Gott, seiner Quelle führen soll. Im Koran
selbst kommt der Begriff nur einmal vor (Sure
45,18) und heißt dort so viel wie “Ritus”. 
Unbestritten gilt dem sunnitischen Islam der Koran als die Quelle der
Scharia. Der Koran enthält jedoch nur einzelne
Anweisungen, die direkt zur Grundlage einer Gesetzgebung zu machen sind.
Schon früh in der islamischen Geschichte trat daher
neben den Koran als Quelle des Rechtes die “Sunna”, das vorbildliche
Handeln und Reden des Propheten Mohammed. Die
Berichte über Verhalten und Worte Mohammeds wurden in den sogenannten
“Hadithen” gesammelt. Später filterten islamische
Theologen aus der unüberschaubaren Fülle dieser Hadithen nach bestimmten
Regeln die als echt anzuerkennenden
Überlieferungen heraus. Es entstanden die weitgehend noch heute
anerkannten Hadith-Sammlungen. 
Entstehung des islamischen Rechts 
In den ersten Jahrhunderten islamischer Zeitrechnung schufen dann auf
Grundlage von Koran und Hadith islamische
Rechtsgelehrte (die “Fuqaha´”) das, was weithin unter “Scharia”
verstanden wird: eine islamische Rechtssammlung. Da Koran
und Hadith schon für die Fragen der damaligen Zeit nicht immer konkrete
Antworten bereithielten, traten für die frühen
Rechtsgelehrten zwei weitere Quellen der islamischen Rechtswissenschaft
hinzu: “Idschma´”, der Konsens der islamischen
Rechtsgelehrten über ein Thema, sowie “qiyas”, der Analogieschluss.
Dabei wurden neu auftretende Fälle in Anlehnung an
bekannte Fälle entschieden. 
Innerhalb des sunnitischen Islams setzten sich im Laufe der Zeit vier
Rechtsschulen durch: Schafiiten, Malikiten, Hanbaliten und
Hanafiten. Diese Schulen sind jeweils nach ihrem Begründer benannt und
sind in verschiedenen Regionen der islamischen Welt
vorherrschend. Sie weichen in vielen Einzelfragen des islamischen Rechts
voneinander ab - in diesem Sinne gibt es also eine
regional unterschiedliche “Scharia”. In den Grundfragen sind sich diese
Schulen jedoch einige. Man erkennt auch die jeweils
anderen Schulen als rechtgläubig an. 
Fünf Kategorien für Verhalten 
Gemäß dem islamischen Verständnis von Hingabe (“Islam”) an Allah umfasst
die Scharia Regelungen nicht nur für
Familienrecht, Strafrecht, Erbrecht etc. sondern auch genaue Anweisungen
für religiöse Rituale und Pflichten. Die
Rechtswissenschaft hat dabei jede Handlung in ein System von fünf
Kategorien eingeordnet: 
- 
“Fard” - eine Handlung ist Pflicht für jeden Gläubigen (z.B. das
rituelle Gebet) 
- “Haram” - Verbotene Handlungen (z.B. Alkoholgenuss) 
- “Mandub” - Empfehlenswert. Eine Handlung ist erwünscht (z.B.
zusätzliche Gebete), das Nichtbefolgen wird jedoch nicht
bestraft 
- “Makruh” - Verwerflich oder nicht empfehlenswert. 
- “Mubah” - Erlaubt, Handlungen, für die es keine religiöse Beurteilung
gibt (z.B. eine Flugzeugreise). 
Scharia in islamisch geprägten Staaten 
Es gibt heute in Staaten mit islamischer Bevölkerungsmehrheit sehr
verschiedene Modelle im Blick auf die Bedeutung der
Scharia. Während etwa die Türkei laut Verfassung ein säkularer Staat
ist, dessen Verfassung keinen Bezug auf das islamische
Recht nimmt, haben andere Staaten (etwa Pakistan oder Sudan)
beschlossen, die Scharia zur Grundlage der Rechtsprechung
zu machen. Das kann in der Praxis heißen, dass neue Gesetze von
islamischen Juristen auf ihre Vereinbarkeit mit dem
überlieferten islamischen Recht überprüft werden. 
Dazwischen stehen Staaten wie Malaysia, die sich zwar als islamischen
Staat bezeichnen, deren Gesetzgebungsverfahren aber
säkular, also rein aufgrund Mehrheitsentscheidung des Parlamentes
erfolgt. Saudi-Arabien hat den Koran zur Verfassung seiner
Monarchie erklärt, hat in der Praxis natürlich trotzdem andere
Rechtsquellen heranzuziehen. 
Heutige Diskussion um die Scharia 
Für moderne Islamisten, die im eigenen Land Opposition sind,  ist der
Begriff “Scharia” der Ausdruck für die Sehnsucht nach
der goldenen frühen Zeit des Islam im Gegensatz zu den heutigen, oft
uneffektiven und korrupten Regimen. Solche Islamisten
erwarten von der Einführung der Scharia als Grundlage der Rechtsprechung
die Lösung für alle religiösen, wirtschaftlichen und
sozialen Probleme der Gegenwart. 
 Es gibt jedoch auch (bereits seit dem 19. Jahrhundert) islamische
Denker, die für eine Neudefinition des Verhältnisses von
Scharia und staatlicher Gesetzgebung eintreten. Manche weisen wie der
ägyptische Theologe des 19. Jahrhundert, Muhammad
Abduh, darauf hin, dass es in der gesamten islamischen Geschichte
niemals gelungen sei, ein wirklich “der Scharia
entsprechendes” Staatsgesetz zu formulieren, geschweige denn, es dann
auch wirklich durchzuführen. Oft habe der jeweilige
Herrscher des Landes Gesetze geschaffen, wie sie ihm selbst passten. 
Problematisiert wird auch unter modernen islamischen Denkern die
Tatsache, dass es ein wirklich gleichberechtigtes
Zusammenleben von Menschen verschiedener Religionen in einem Staat unter
der Scharia nicht gibt. Daher gibt es Vorschläge,
die Scharia mehr als Lebensweise zu verstehen, die dem Moslem in einem
säkularen Staat die Richtschnur für sein (freiwilliges)
persönliches Leben mit Allah gibt. Der Staat ermöglicht demnach, dass
Muslime gemäß der Scharia leben können, macht sie
aber nicht zur Pflicht für alle Staatsbürger. 
Die innerislamische Diskussion über die Scharia ist im Fluss. Das
Ergebnis ist noch nicht abzusehen. 
                                                                                           
Auszug aus dem "Minikurs Islam"
Quelle: Orientdienst e.V. Wiesbaden (www.orientdienst.de)
Die Scharia: Geschichte und Gegenwart
Von Stephan Massing
 Seit der Etablierung eines islamischen Rechtssystems stellt die Scharia
 einen Schlüsselbegriff im islamischen Rechtsdenken dar. Die Scharia
kann
 bezeichnet werden als "die Gesamtheit der auf die Handlungen des
 Menschen bezüglichen Vorschriften Allahs" (Schimmel 1990: 54). Die
 Scharia stellt somit ein gottgegebenes Gesetz für den Menschen dar,
 welches alle menschlichen Lebensbereiche und die Beziehungen des
 Menschen zu Allah für alle Zeiten verbindlich regelt. 
 Dass es sich bei der Scharia um ein Normensystem handelt, das mit
seinem
 Regelungsgehalt über die rein juristische Dimension hinausgeht, wird
sehr
 gut in folgender Definition von Bodiveau deutlich: 
 "In der islamischen Kultur bezeichnet die Scharia das Gesetz in seiner
 weitesten Form, d.h. die Gesamtheit der religiösen, moralischen,
sozialen
 und rechtlichen Normen, welche im Koran und der prophetischen Tradition
 beinhaltet sind." (zit. in Petersohn 1999: 13)
 Die Scharia beeinflusst daher die gesellschaftlichen Verhältnisse in
den
 muslimischen Staaten wesentlich stärker, als die Rechtssysteme
westlichen
 Ursprungs auf die europäischen Gesellschaften einwirken. 
 Die Quellen der Scharia und somit auch die Rechtsquellen des
islamischen
 Rechts wurden im sunnitischen Islam im 9. Jh. n. Chr. durch den
Begründer
 der schafiitischen Rechtsschule Schafi'i systematisiert. Die auf ihn
 zurückgehende Lehre von den "Grundlagen der islamischen Jurisprudenz"
 (usul al-fiqh) nennt als abschließende Quellen der Scharia: den Koran,
die
 sunna, den Konsens der Rechtsgelehrten (idschma) und den
 Analogieschluss (qiyas). 
 Der Koran ist das Heilige Buch des Islam. Sein Inhalt ist nach
muslimischer
 Überzeugung nicht das Wort eines Propheten, sondern die endgültige
 Offenbarung, das unverfälschte Wort Gottes, das nur durch das
Instrument
 Mohammed vermittelt wurde. Somit verkündet der Koran nach der
 islamischen Theologie nicht nur Gott, sondern ist selbst göttlicher
Natur.
 Die in ihm enthaltenen Regeln sind theoretisch universell und zeitlos
gültig.
 Für viele Juristen müssen die Verse demzufolge ohne Rücksicht auf die
 historische Situation, in der sie verkündet worden sind, nur aufgrund
ihres
 Wortlautes ausgelegt werden. Es wäre jedoch falsch, von diesem
 theoretischen Anspruch auf eine große Starrheit des islamischen Rechts
zu
 schließen: es besteht keineswegs Einigkeit über die Lesart des Koran,
so
 dass es strittig ist, was im Koran angeordnet wird und welche Folgen
 daraus für den Einzelfall resultieren. Weiterhin wird der
 Absolutheitsanspruch des Koran spätestens im Prozess der Anwendung des
 Rechts auf den Einzelfall durch den Einsatz anderer Quellen und
Methoden
 relativiert.
 Die zweite Quelle des islamischen Rechts ist die sunna. Darunter
versteht
 man die Gesamtheit der Berichte (hadith, pl. hadithe) über Äußerungen,
 Handlungen und stillschweigende Billigung von Geschehnissen des
 Propheten Mohammed. Die Einbeziehung der sunna, d.h. der Gewohnheit
 des Propheten, in die Rechtspraxis war notwendig, da der Koran nicht
alle
 Erfordernisse des täglichen Lebens genügend erklärte. Um die
vorhandenen
 Lücken möglichst im Geiste der Religion zu schließen, hielten sich
bereits die
 Gefährten Mohammeds und die Generation nach ihm an die Worte und
 Handlungen des Propheten. 
 Das Konzept der sunna, demzufolge dem Vorbild oder den Gebräuchen der
 Vorfahren gefolgt werden soll, ist vorislamischen Ursprungs. Auch in
der
 Zeit nach Mohammed wurden Rechtsprobleme, die nicht von seinen
 offenbarten Regelungen abgedeckt wurden, noch unter Rückgriff auf
 vorislamisches Gewohnheitsrecht gelöst. 
 Da die Worte und Taten Mohammeds gesammelt und über Generationen
 hinweg weitergereicht wurden, ist es nicht verwunderlich, dass sich
dabei
 im Laufe der Zeit ein großer Teil von unechten Traditionen einschob.
Die
 hadithe sind daher "nicht so sehr eine Quelle für die ursprüngliche
Lehre
 Muhammeds, sondern spiegeln z.T. die verschiedenen Strömungen innerhalb
 des wachsenden Islam wider" (Schimmel 1990: 46). Als Reaktion auf die
 große Zahl von Überlieferungen angeblicher Aussagen oder Handlungen des
 Propheten wurden Sammlungen von hadithe zusammengestellt, die als
 authentisch akzeptiert wurden. Ausschlaggebendes Kriterium hierfür war
 insbesondere die Glaubwürdigkeit der Überliefererkette. d.h. der Kette,
 derer, die das Wort gehört haben; eine Kette welche bis zu Mohammed
 bzw. einem seiner Gefährten führen musste. Besonders hervorzuheben sind
 die als verläßlich geltenden hadith-Sammlungen von Bukhârî (gest. 870)
und
 Muslim (gest. 875). 
 Die dritte Quelle des islamischen Rechts ist der Konsens der
 Rechtsgelehrten, die idschma. Die Wichtigkeit der Konsensbildung wird
 nicht nur im Koran (z.B. Sure 3:110), sondern auch in der hadith
 begründet: "Meine umma wird sich auf keinen Irrtum einigen." (Müller
1996:
 91) 
 Das idschma-Prinzip kann auf zwei unterschiedlichen Ebenen angewendet
 werden. Zum einen wurde es praktiziert um eine gemeinsame
Interpretation
 von Koran und sunna zu erreichen. Zum anderen kann es dort angewendet
 werden, wo Koran und sunna als hierarchisch höherstehende Rechtsquellen
 keine Regelungen enthalten. 
 Trotz seiner frühen Entstehung und der theoretischen Klarheit des
 Anwendungsbereiches gibt es bis heute Streit über Inhalt und Umfang des
 idschma-Prinzips.
 Unter dem Begriff qiyas, der vierten Quelle des islamischen Rechts,
versteht
 man grundsätzlich eine logische Deduktion, die aus einem bereits
 entschiedenen Fall eine Lösung für einen aktuellen Fall ableitet. Auf
das
 islamische Recht bezogen bedeutet dies "ein analogisches Vorgehen im
 Sinne der Übertragung der Rechtsfolge eines Präzedenzfalles oder einer
 bereits bestehenden Regel auf den zu beurteilenden Sachverhalt" (Müller
 1996: 92). Obwohl die Stellung des Analogieschlusses, der aus den
ersten
 drei Rechtsquellen gewonnen wurde, zu Koran, sunna und idschma
 umstritten blieb, wurde er von allen sunnitischen Rechtsschulen
 grundsätzlich anerkannt. Als Mittel der Anpassung der materiellen
 Rechtsquellen übernahm er eine zentrale Funktion.
 Teilweise werden diese Rechtsquellen noch um die folgenden Quellen
 ergänzt: al-istihsan (eine Abweichung von der Regel zugunsten eines
 Präzedenzfalles), al-istislah (ein Urteil, dass aufgrund eines
öffentlichen
 Interesses gefällt wird und ohne Bezug zu Koran oder sunna steht) und
 al-urf (Gewohnheitsrecht) (vgl. Kühnhardt 1991: 143).
 Schon in der islamischen Frühzeit stellte sich die Frage, wer
berechtigt sein
 sollte, das nicht-kodifizierte - nur ein sehr kleiner Teil der 114
Suren hat
 den Charakter einer Rechtsvorschrift - göttliche Gesetz auszulegen. Es
 entwickelte sich ein eigener Stand aus religiösen Schriftgelehrten
(ulema),
 welche sich um die Auslegung des Korans bemühten. Daraus entwickelte
 sich die islamische Gesetzeswissenschaft (fiqh), mit der sich die
 Rechtsgelehrten (fuqaha, sing. faqih) beschäftigten. Um eine
 Systematisierung der Materialien vorzunehmen, fanden sich die
 Rechtsgelehrten in Rechtsschulen zusammen. 
 Die heute noch bestehenden sunnitischen Rechtsschulen sind die
 hannafitische, die malikitische, die schafiitische und die
hanbalitische. Die
 vier Rechtsschulen unterscheiden sich in der Anerkennung der
 Rechtsquellen, erkennen sich aber gegenseitig als gleichberechtigt in
der
 Interpretation der Scharia an.
 Literatur
- 
      Endreß, Gerhard (1997): Der Islam: Eine Einführung in seine
      Geschichte. Dritte, überarbeitete Auflage. München
- 
      Kühnhardt, Ludger (1991): Die Universalität der Menschenrechte.
      Zweite, überarbeitete und erweiterte Auflage. Bonn 
- 
      Müller, Lorenz (1996): Islam und Menschenrechte: Sunnitische
      Muslime zwischen Islamismus, Säkularismus und Modernismus.
      Hamburg 
- 
      Petersohn, Alexandra (1999): Islamisches
      Menschenrechtsverständnis unter Berücksichtigung der Vorbehalte
      muslimischer Staaten zu den UN-Menschenrechtsverträgen. Bonn
-  
      Schimmel, Annemarie (1990): Die Religion des Islam. Stuttgart 
Geschrieben im März 2002Quelle: www.suedasien.net
                
            
         ZDF: Die Scharia: Gesetz und Pflicht für jeden Muslim
                     Die Scharia, das islamische Gesetz, wird im
                     Westen vor allem dann wahrgenommen,
                     wenn in einem moslemischen Land
                     drakonische Strafen gegen Leib und Leben
                     verhängt werden. Dabei ist sie weit mehr als
                     ein Strafgesetz. Sie regelt auch das religiöse,
                     soziale und politische Leben der Muslime.
                     Höchste Autorität für alle sunnitischen
                     Moslems besitzt die Al-Azhar-Universität in
                     Kairo. 
                  
                     27.09.2001
                    
                                        
                                        Scharia bedeutet auf arabisch
nichts anderes
                                        als 'Gesetz'. Zurückgeführt wird
sie auf Allah
                                        als obersten Gesetzgeber aller
Muslime. Da der
                                        Islam keinen Unterschied
zwischen der
                                        Gemeinschaft aller Muslime, der
'Umma' und
                                        dem Staat macht, ist die Scharia
religiöses und
                                        staatliches Recht zugleich. 
                    
        
            
                                        
                                        Dieser Anspruch wird jedoch nur
in den
                                        wenigsten islamischen Ländern
auch eingelöst.
                                        Fast alle moslemischen Staaten
verfügen über
                                        ein kodifiziertes, vom Staat
aufgestelltes
                                        Rechtssystem aus Zivil- und
Strafrecht. Dort ist
                                        die Scharia vor allem religiöses
Recht und wird
                                        vor allem in
Familienangelegenheiten
                                        herangezogen.
                    
                    
                
                        
                                        Die vier Wurzeln der Scharia
                                        
                                             Die islamische
Rechtsordnung, die sich aus
                                        der Scharia ergibt, basiert
nicht allein auf dem
                                        Koran. Hinzu kommt vor allem die
'Sunna', eine
                                        Sammlung der überlieferten
Äußerungen und
                                        Handlungen des Propheten
Mohammed. In
                                        allen Fällen, in denen weder der
Koran noch
                                        die Sunna Klarheit über die
Behandlung einer
                                        Rechtsfrage geben können, greift
'Kiyas', der
                                        Analogieschluss. So wurde das
Verbot des
                                        Weingenusses im Islam per
Analogieschluss
                                        auf sämtliche alkoholischen
Getränke
                                        ausgedehnt. 
                    
                    
                                        
                                        Für die ständige Fortentwicklung
des
                                        islamischen Rechts sorgt zudem
das Prinzip der
                                        'Idjma', der Übereinstimmung.
Damit ist der
                                        Konsens der islamischen
Gemeinschaft in
                                        Fragen des Rechtslebens und des
Glaubens
                                        gemeint. Anders ausgedrückt
heißt dies:
                                        Stimmen alle bedeutenden
Rechtsgelehrten
                                        einer Generation in einer Frage
überein, dann
                                        findet dies Eingang in die
Scharia.
                    
                    
                                        
                                      
                                         Ulama, Muftis und die Fatwa
                            
             Rechtsgelehrte, die auf
arabisch 'Ulama' genannt
                                         werden, sammeln die Gesetze und
interpretieren
                                         sie. Verbindliche
Rechtsgutachten dürfen jedoch
                                         nur 'Muftis' anfertigen, die
auf Antrag von
                                         Einzelpersonen, Staatsorganen
oder Gerichten
                                         tätig werden. Die Bedeutung des
                                         Rechtsgutachtens, auch 'Fatwa'
genannt, hängt
                                         jedoch maßgeblich von der
religiösen Autorität des
                                         Muftis ab. Höchste Autorität in
Rechtsfragen
                                         besitzt für die sunnitische
Glaubensrichtung, der
                                         85 Prozent aller Muslime
angehören, die
                                         Al-Azhar-Universität in Kairo
unter Leitung von
                                         Scheich Mohammed Sayyed
Tantawi. 
                                         
                    
                    
                                        
                                        Die Pflichten des Muslim
        
                                     Alle Handlungen und
Unterlassungen der
                                        Muslime werden von der Scharia
in fünf
                                        Kategorien eingeordnet. Dazu
zählen an erster
                                        Stelle die Pflichten - 'Fard'
genannt - und
                                        verbotene Dinge, die als 'Haram'
bezeichnet
                                        werden. In beiden Fällen wird
sowohl die
                                        Handlung als auch die
Unterlassung bestraft
                                        oder belohnt. 
                    
                    
                
                        
                                        Hinzu kommen so genannte
Empfehlungen
                                        oder 'Mandub', die eine Handlung
bezeichnen,
                                        deren Tun zwar belohnt, deren
Unterlassung
                                        aber nicht bestraft wird.
Umgekehrt kennt die
                                        Scharia auch die Kategorie
Verwerfliches oder
                                        'Makruh'. Dabei handelt es sich
um
                                        Handlungen, deren Tun zwar nicht
bestraft,
                                        deren Unterlassung aber belohnt
wird.
                                        Zuguterletzt gibt es auch noch
die Kategorie
                                        des Unbestimmten, zu arabisch
'Mubah', in die
                                        all jene Dinge fallen, zu denen
die Scharia
                                        keine Meinung hat.
                    
                    
                        
                
                                        Die fünf Säulen des Islam
                                
             Für jeden Muslim gelten vor
allem fünf
                                        Pflichten, denen er nachkommen
muss: Das
                                        Glaubensbekenntnis (Shahada),
das tägliche
                                        Gebet (Salat), die Wohltätigkeit
(Zakat), das
                                        Fasten im Monat Ramadan (Sawm)
und die
                                        Pilgerfahrt nach Mekka (Hadj),
die jeder
                                        Gläubige einmal im Leben
absolvieren muss.
                    
                    
                                        
                                        Der Dschihad, der Glaubenskrieg
oder Heilige
                                        Krieg, ist hingegen keine
Grundpflicht für
                                        Muslime, auch wenn dieser
Eindruck oft
                                        erweckt wird. Nur die
Ismailiten, eine
                                        schiitische Sekte, haben den
Dschihad als 6.
                                        Grundpflicht eines Muslim
eingeführt. Zudem
                                        muss der Glaubenskrieg von einem
                                        muslimischen Herrscher oder
einem Imam
                                        ausgerufen werden.
                    
                    
                                        
                                        Das Verhältnis zu Nicht-Muslimen
                            
                 Sehr fein unterscheidet die
Scharia in den
                                        Beziehungen zwischen Muslimen
und
                                        Nicht-Muslimen. Vor allem die
Angehörigen der
                                        jüdischen und der christlichen
Religion fallen
                                        als so genannte
'Schriftbesitzer', denen die
                                        geschriebene Religion schon
vorher übergeben
                                        wurde, in eine besondere
Kategorie. 
                    
                    
                                    
    
                                        Mit ihnen sind religiös
gemischte Ehen erlaubt,
                                        wie aus der 5. Sure des Koran
hervorgeht:
                                        »Und ehrbare gläubige Frauen und
ehrbare
                                        Frauen unter den Leuten, denen
vor euch die
                                        Schrift gegeben wurde, wenn ihr
ihnen die
                                        Brautgabe gebt, und nur für eine
Ehe und nicht
                                        für Unzucht und heimliche
Liebschaften.« Diese
                                        Erlaubnis gilt jedoch nur für
Männer, weibliche
                                        Muslime dürfen laut Scharia
keinen
                                        Nicht-Muslimen heiraten.
Quelle: www.heute.t-online.de
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