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Cancún zu einer wirklichen "Entwicklungsrunde" machen

Erklärung der entwicklungspolitischen Sprecherin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)

Im Folgenden dokumentieren wir eine Presseerklärung des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken zum bevorstehenden WTO-Gipfel in Mexiko.


Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), Bonn
07.09.2003

Cancún zu einer wirklichen "Entwicklungsrunde" machen

Erklärung der entwicklungspolitischen Sprecherin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) anlässlich der bevorstehenden Ministerkonferenz in Cancún

Aus Anlass der in der kommenden Woche im mexikanischen Cancún stattfindenden Ministerratskonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) fordert die entwicklungspolitische Sprecherin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Barbara Krause, die Teilnehmer der Konferenz auf, das von ihnen selbst gesteckte Ziel der Halbierung extremer Armut bis zum Jahr 2015 (Milleniumsziel) im Blick zu behalten. Barbara Krause betonte am Freitag, dem 5. September 2003 in Bonn, die Konferenz in Cancún müsse zu einer wirklichen „Entwicklungsrunde“ gemacht werden, ohne dass Regelungen durchgesetzt würden, die die Bekämpfung der extremen Armut blockieren. Die deutsche Verhandlungsdelegation unter der Leitung des Wirtschaftsministers sei verpflichtet, sich für die Ziele und Konzepte des „Aktionsplans 2015“ einzusetzen. Auf diese Linie habe sich bereits der Bundestag am 3. Juli 2003 verständigt und darum müsse dies auch das Verhalten und die Abstimmung innerhalb der EU in Mexiko bestimmen. Für die entwicklungspolitische Sprecherin des ZdK sind aus Sicht der Entwicklungsländer dringend die folgenden Themenbereiche zu beraten:

„Patente auf Leben sind unrecht.“ Das TRIPS-Abkommen, auf dessen Grundlage Patente auf Lebensformen und natürliche Prozesse möglich sind, bedarf dringend der Revision. Denn dieses Abkommen führe bereits heute zur Benachteiligung der Entwicklungsländer. So besteht nach Barbara Krause die Gefahr, dass den Bauern in den Entwicklungsländern die traditionellen Möglichkeiten der Wiederverwertung und Weiterentwicklung von Nutzpflanzen erschwert oder ganz unmöglich gemacht werde. Darüber hinaus sei zu befürchten, dass der Gebrauch und die Züchtung traditioneller Heilpflanzen, die ein wesentliches Standbein der Gesundheitsversorgung in den Entwicklungsländern sind, in Zukunft nicht mehr möglich sein werden. Damit raube man diesen Menschen die Chance, auf der Grundlage des über Generationen überlieferten Wissens ihre Zukunft nachhaltig und eigenverantwortlich zu sichern. Zudem sei zu befürchten, dass die Vielfalt der Sorten – ähnlich wie bereits in den Industrieländern in der Vergangenheit geschehen – auch in den Entwicklungsländern zerstört werde.

Im Bereich der Landwirtschaft müsse es auf der Ministerkonferenz in Cancún vor allem gelingen, die Exportsubventionen aus den Industriestaaten Amerikas und Europas abzubauen, betont die entwicklungspolitische Sprecherin des ZdK. Es sei nicht mehr hinnehmbar, dass durch hoch subventionierte Exporte aus dem Norden die landwirtschaftliche Produktion im Süden ruiniert werde. Aufgrund der klimatischen Bedingungen in vielen Entwicklungsländern sei nun einmal der Anbau vieler Früchte dort besser möglich als in den Industrieländern. Eine Abschottung vor diesen Produkten durch Importzölle könnten selbst die Verbraucher in den Industrienationen nicht mehr nachvollziehen.

„Der Zugang zu Wasser, Bildung und Gesundheitsfürsorge muss für alle Menschen möglich sein“, betont Barbara Krause. Darum müsse bei der Beratung des Dienstleistungsabkommens GATS (General Agreement on Trade in Services) verhindert werden, dass durch eine überzogene Liberalisierung existentielle Dienstleistungen wie Wasserversorgung, Bildungswesen und Gesundheitswesen der Logik des freien Marktes überlassen werde. „Wo Wasser nur um des Profits willen fließt, ist es für arme Menschen nicht mehr zugänglich“, befürchtet Barbara Krause. Eine weitere Entstaatlichung würde die Gewährleistung von Grundbedürfnissen nach aller Erfahrung noch mehr erschweren.

Mit Blick auf eine drohende Überforderung der Entwicklungsländer in den WTO-Verhandlungen forderte Barbara Krause die Verantwortlichen der Industrieländer auf, die finanziellen und personellen Möglichkeiten der Entwicklungsländer zu berücksichtigen. Es sei eine ungerechte Strategie, mehrere Einzelverhandlungen oder „informelle Runden“ parallel zu veranstalten, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, dass den Entwicklungsländern dafür die personellen Möglichkeiten fehlen. „Ein in dieser Form gefundener Kompromiss ist ein fauler Kompromiss“, so Barbara Krause. Die personelle Ausstattung der Entwicklungsländer lasse es zudem nicht zu, dass die Verhandlungsführer der Delegationen aus den Entwicklungsländern mit immer mehr Themen überschüttet würden. Diese Vorgehensweise der Industrieländer zeige, so Barbara Krause, dass die Entwicklungsländer offensichtlich als ernst zu nehmende Partner auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung der Menschheit nicht respektieren werden. Deshalb dürften ihnen nicht zusätzlich neue Themen aufgezwungen werden. Vielmehr müsse dringend ihrem Wunsch nach Transparenz der laufenden Verhandlungen und nach Berücksichtigung ihrer Interessen entsprochen werden.

Quelle: Homepage der Katholischen Kirche, www.katholischekirche.de


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