Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Der Norden zeigt Schwäche

UN-Bericht: China, Indien und Brasilien überholen alte Industriestaaten

Von Martin Ling *

In Mexiko, in Genf und in Berlin wurde gestern der »Bericht über die menschliche Entwicklung« 2013 präsentiert. Seine zentrale These: Der »Aufstieg des Südens verschiebt die globalen Machtverhältnisse unaufhaltsam.«

An diesem Trend kommt keiner vorbei: Die rasante wirtschaftliche Entwicklung großer Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien hat die globale Ordnung in Bewegung gebracht. Für die Autoren des seit 1990 erscheinenden »UN-Berichtes über die menschliche Entwicklung« Grund genug, diese globale Dynamik 2013 ins Zentrum zu stellen. Laut der Zukunftsprognose des Berichtes wird bis 2020 die gesamte Wirtschaftsleistung der drei Schwergewichte China, Indien und Brasilien die Gesamtproduktion von Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien und den USA übersteigen. Das ist nicht weniger als eine epochale Verschiebung der globalen wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse.

Sowohl China als auch Indien hätten es in nicht einmal 20 Jahren geschafft, das Pro-Kopf-Einkommen zu verdoppeln, hob Richard Dictus gestern in Berlin die wirtschaftlichen Musterschüler aus dem Globalen Süden hervor. Auch wenn die großen Fortschritte in China und Indien, wo Hunderte Millionen Menschen über die Schwelle der absoluten Armut von 1,25 US-Dollar pro Tag gehoben wurden, positiv zu bewerten seien, benannte der Leiter des UN-Freiwilligenprogramms in Bonn auch die Negativtrends: Der vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) herausgegebene Bericht hätte festgestellt, dass bis auf Subsahara-Afrika alle Weltregionen eine zunehmende Ungleichheit in Bezug auf Einkommen zu verzeichnen hätten und sowohl im Süden als auch im Norden die Umweltprobleme wachsen. Doch abgesehen von diesen zu Besorgnis Anlass gebenden Parallelen sei die Entwicklung im Süden weit vielversprechender als die im Norden. Während es im Süden ermutigende Zeichen in der Armutsbekämpfung gebe, würden im Norden mit den Austeritätsprogrammen soziale Probleme verschärft.

Die Fortschritte im Süden führte Dictus auf eine pragmatische Politik zurück, in der Regierungen proaktiv handeln, statt sich von den Marktkräften das Geschehen diktieren zu lassen. Als besonders zielführend sieht der Bericht entschlossene sozialpolitische Reformen und die Investitionen in Menschen vor allem durch die Förderung der Bildungschancen insbesondere für die nach wie vor im Schnitt benachteiligten Frauen.

Anhand des Indexes für menschliche Entwicklung (HDI) auf den drei Gebieten Gesundheit, Bildung und Lebensstandard stuft die UNDP die Länder ein. Laut dem aktuellen Index leben nach wie vor die Menschen in Norwegen am besten. Australien liegt auf dem zweiten Rang, dahinter folgen die USA, die Niederlande und Deutschland auf dem fünften Rang. Die Schlusslichter sind zehn Länder in Afrika südlich der Sahara. Den letzten Platz teilen sich die Demokratische Republik Kongo und Niger.

* Bericht online: www.dgvn.de

* Aus: neues deutschland, Freitag, 15. März 2013


Zurück zur Globalisierung-Seite

Zur Entwicklungspolitik-Seite

Zurück zur Homepage