Globalisierung und Krieg
Ein neues Buch von Claudia Haydt, Tobias Pflüger, Jürgen Wagner
Claudia Haydt, Tobias Pflüger, Jürgen Wagner: Globalisierung und Krieg
Hamburg 2003, AttacBasisTexte 5, 100 Seiten, 6.50 EUR (sFr 12.00); ISBN 3-89965-004-2
Mit dem soeben in der Reihe ATTAC-Basistexte bei VSA erschienenen Bändchen haben Claudia Haydt, Tobias Pflüger und Jürgen Wagner - alle Informationsstelle Militarisierung (IMI), Tübingen - eine zwar äußerlich schlanke, inhaltlich aber äußerst gehaltvolle Übersicht zum Thema >Globalisierung und Krieg< vorgelegt. Nach Michel Chossudovskys >Global brutal< (erschienen 2002 bei Zweitausendeins) handelt es sich um die erste im normalen Buchhandel erhältliche deutschsprachige Publikation, in der enge Verflechtung zwischen unserem westlich-marktwirtschaftlichen Gesellschaftsmodell und der Dynamik von Gewalt und Krieg beleuchtet wird. Bedeutsam erscheint dies insbesondere deshalb, weil diese Dynamik seit Ende des Kalten Krieges ja stark voranschreitend anstatt rückläufig ist.
Positiv hervorzuheben am Ansatz der AutorInnen sind mehrere Dinge:
Zum einen ein angenehm sachlicher Stil sowie die zahlreichen und zT. sehr hochkarätigen Quellen, mit denen die Ausführungen belegt werden (etwa die neue Weltbank-Studie >Breaking the Conflict Trap<).
Zum zweiten die Umfassendheit des Ansatzes, der sich (wie Chossudovsky) nicht damit begnügt, Krieg als notwendiges Mittel wirtschaftlicher Expansion und Herrschaftsstrebens darzulegen, sondern der v.a. auch die viel weniger bekannten destabilisierenden und gewaltfördernden Effekte neoliberaler Globalisierung INNERHALB der betroffenen Gesellschaften beleuchtet.
Und letzteres ist schon bedeutsam, weil ja die beängstigend steigende Zahl instabiler und zerfallender Dritte-Welt-Länder ("Versager-Staaten" - R. Cooper) eine wichtige Rolle für die Propagierung des zunehmenden Militärinterventionismus just seitens der Apologeten jenes Gesellschaftsmodelles spielt. Einer Rhetorik, in deren Sog mehr und mehr auch die NGO-Gemeinde gerät - einschließlich der Friedensbewegung selbst.
Hinzu kommt die in einem eigenen Kapitel beleuchtete kulturelle Ebene - incl. wichtiger Details wie der Hinterfragung des Begriffes der sog. "ethnischen Kriege" - sowie Kapitel zum Rüstungsexport der Industrieländer samt wichtigen Finanzierungsstrukturen wie EKAs (schon mal gehört?), Öl und der Rolle von USA, EU und Deutschland.
Es gibt auch Dinge, die mE. zu kurz kommen - oder zu kurz greifen: Bspw. ist ist zu fragen, ob wirklich Armut an sich Bürgerkriegsgrund Nr. 1 ist - und nicht eher VER-Armung und soziale Kluft. Im US-Kapitel ist für das PNAC nur Raum in einer Fußnote. Und im Öl-Kapitel fehlt die explizite Nennung des Stichwortes "Fatal Resources". Das schmälert aber keineswegs das Verdienst des Buches, sondern unterstreicht nur die Dimension der Thematik, zu deren Bearbeitung es einen wertvollen Beitrag leistet.
Ich habe es bereits vielen meiner IPPNW-KollegInnen empfohlen und kann den AutorInnen nur zu der prägnanten, inhaltsreichen und gleichzeitig übersichtlichen Darstellung gratulieren!
Christoph Krämer
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