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Faires Ende im Bananenstreit?

BanaFair: Abkommen löst die zentralen Herausforderungen nicht

Rudi Pfeifer ist Geschäftsführer des hessischen BanaFair e.V., der fair gehandelte Bananen importiert.



ND: Die EU und die Bananen exportierenden Staaten Lateinamerikas haben sich auf ein Abkommen zur Beilegung des langjährigen Streits um den Bananenimport geeinigt – ein Durchbruch?

Pfeiffer: Sicher – diese Lösung im längsten vor der WTO je ausgetragenen Handelskonflikt war überfällig. Die Einigung bedeutet aber keine grundsätzliche Änderung der EU-Einfuhrregelung. Es bleibt bei der zollfreien Einfuhr von Bananen aus den afrikanischen, karibischen und pazifischen (AKP) Staaten und beim Zollsatz auf Bananen aus Lateinamerika, auch wenn dieser nun stufenweise abgesenkt werden soll.

Die Zolltarifierung orientiert sich also an der geografischen Herkunft der Bananen, nicht etwa an ihrer Produktionsweise. BanaFair und das europäische NGO-Netzwerk EUROBAN fordern dagegen seit Jahren gestaffelte, herkunftsunabhängige Einfuhrzölle, bei denen nach sozialen und ökologischen Mindeststandards produzierte Bananen bevorzugt werden.

Welche Auswirkungen hat das Abkommen für Anbieter und Produzenten?

Vor allem karibische Kleinproduzenten, die im Vergleich zu lateinamerikanischern Großplantagen relativ hohe Produktionskosten haben, fürchten weitere Exporteinbußen, wenn der bisher zum Preisausgleich dienende hohe Zoll auf lateinamerikanische Bananen nun gesenkt wird. Zwar sind den AKP-Staaten Unterstützungszahlungen zugesprochen worden, aber auch hier besteht die Befürchtung, dass die Millionen nicht bis zu den Kleinbauern durchdringen werden.

Der Einfuhrzoll der Europäischen Union soll von 176 Euro auf 114 Euro pro Tonne bis 2017 sinken. Ist das ein Erfolg für den Verbraucher?

Wohl kaum. Die Bananenpreise in der EU, vor allem in Großbritannien und Deutschland, sind bereits auf einem historischen Tief. Eine weitere Absenkung der Verbraucherpreise wäre das falsche Signal. Dafür bezahlen letztlich tausende Plantagenarbeiter, dazu kommen die negativen ökologischen Effekte.

Man darf zudem den möglichen Preiseffekt nicht überschätzen: Rein rechnerisch läge er hier bei gerade mal 2,8 Cent pro Kilo.

Mit dem Abkommen wird der seit 1993 schwelende Streit zwischen der EU und den großen Bananenexportnationen beigelegt. Was war die Ursache des Konflikts?

1993 musste mit dem Beginn des europäischen Binnenmarktes eine neue Einfuhrregelung für den Bananenimport gefunden werden. Dabei kam ein kompliziertes Quotensystem heraus, das feste Liefermengen für die AKP-Staaten, EU-Produzenten aus den Kanaren, Madeira und den französischen Überseegebieten sowie lateinamerikanische Anbieter festlegte. Zusätzlich wurden lateinamerikanische Bananen mit einem hohen Zoll belegt, um die kostspieligere Produktion im AKP-Raum und in der EU selbst zu schützen. Dagegen haben die lateinamerikanischen Länder mit Unterstützung der US-Multis geklagt. Die EU wurde fünfmal zu Anpassungen verurteilt.

Das neue Abkommen sorgt nun für das Ende der Prozesse.

Gibt es einen Sieger?

Nein, es scheint eins der typischen Abkommen zu sein, wo Verbesserungen an einer mit Zugeständnissen an anderer Stelle erkauft werden. Die zentralen Herausforderungen – nachhaltige Produktionsweise, anständige Arbeitsbedingungen, Verwirklichung eines gerechteren Handels – bleiben weiter bestehen.

Die EU hätte mit gestaffelten Einfuhrzöllen die Worthülse »Nachhaltigkeit« in praktische und zielführende Politik umsetzen können. Diese Chance wurde erneut vertan.

Fragen: Knut Henkel

* Aus: Neues Deutschland, 19. Dezember 2009


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