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BND-Affäre: Gysi spricht von Landesverrat

Fall für Bundesanwaltschaft: Behörde prüft mögliche Unterstützung von US-Spionage / Linkenpolitiker Hahn: Schwer vorstellbar, dass Kanzlerin Merkel von Vorgängen nichts gewusst hat *

Linksfraktionschef Gregor Gysi hat die BND-Aktivitäten als »Landesverrat« kritisiert. Es sei »ein Skandal, dass der BND für die USA bis in die höchsten Spitzen und in Unternehmen in ganz Europa spioniert hat«, sagte er dem »Mannheimer Morgen«. Zeitungen hatten berichtet, dass der US-Geheimdienst NSA über den BND offizielle Stellen und Unternehmen in Europa ausspioniert habe. »Das ist politische Spionage und Wirtschaftsspionage und als Landesverrat strafbar«, so Gysi.

Der Linkenpolitiker André Hahn, Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums und stellvertretendes Mitglied im NSA-Untersuchungsausschuss, sagte, »wenn es schon keine Mehrheit für die Abschaffung von Geheimdiensten gibt, dann müssen zumindest die parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten deutlich gestärkt und das entsprechende Gesetz grundlegend geändert werden«. Hahn machte dazu eine Reihe von Vorschlägen, unter anderem verlangte er, die Sitzungen des PKGr komplett aufzuzeichnen, »um später feststellen zu können, ob die Regierungsvertreter oder die Vertreter der Nachrichtendienste wirklich korrekt informiert haben«.

Auf die Frage nach Konsequenzen der jüngsten Enthüllungen über illegale Praktiken des Geheimdienstes sagte Hahn, es sei »kaum vorstellbar«, dass der Kanzleramtschef von solchen Vorgängen wusste und die Bundeskanzlerin darüber nicht unterrichtet habe. Angesichts der Dimension der Vorwürfe müsse »es auch personelle Konsequenzen geben, an der Spitze des BND ebenso wie im Kanzleramt«. Derzeit stehe Bundesinnenminister und Ex-Kanzleramtschef Thomas de Maizière in der Kritik, aber auch sein Vorgänger Frank-Walter Steinmeier und sein Nachfolger Roland Pofalla seien »längst nicht aus dem Schneider«.

Die BND-Affäre um eine Unterstützung des US-Geheimdienstes NSA wird derweil ein Fall für die Bundesanwaltschaft. Die Behörde leite einen Prüfvorgang dazu ein, wie ein Sprecher am Freitag in Karlsruhe zu AFP sagte. Geprüft werde, ob der Anfangsverdacht für eine Straftat vorliegt, die in die Zuständigkeit der Behörde fällt. Von den Spionageaktivitäten waren möglicherweise neben der EU und Frankreich auch Österreich betroffen. Die von der US-Seite an den BND übermittelten Suchbegriffe für die Abhörstation in Bad Aibling hätten auch den Begriff »Bundesamt« enthalten, der sich auf österreichische Einrichtungen beziehe, berichtete die »Bild am Sonntag«.

Wie der »Spiegel« meldet, wurden bei einer Untersuchung der am BND-Horchposten Bad Aibling verwendeten und von der NSA vorgegebenen Suchbegriffe im Jahr 2013 zahlreiche so genannte Selektoren gefunden, die auf eine Spionage von Diplomaten und Mitarbeitern von Regierungen in Europa hindeuteten. Auf die Frage eines BND-Sachbearbeiters, was er mit seiner Entdeckung machen solle, habe der örtliche BND-Verantwortliche erklärt: »Löschen.«

Der Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus will wegen des Verdachts, ebenfalls ausgespäht worden zu sein, Strafanzeige erstatten. Diese richte sich gegen Unbekannt, wie ein Sprecher erklärte. Außerdem habe der Konzern die Bundesregierung um Auskunft gebeten. Das Unternehmen habe keine eigenen Erkenntnisse oder Informationen zu den Vorwürfen gegen die NSA und den Bundesnachrichtendienst.

Nach Angaben des »Spiegel« erhärtet sich der Verdacht, dass der Airbus-Konzern ein langjähriges Ausspähziel der Geheimdienste der sogenannten Five Eyes war. Bei der Suche nach neuen Observationszielen wurde ein deutscher Mitarbeiter von Airbus als Treffer markiert, wie das Magazin berichtete. Sein Name sei zusammen mit einer saudi-arabischen Telefonnummer aufgeführt worden.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi warf dem Kanzleramt vor, in der Aufsicht über den BND »kläglich versagt« zu haben. Die aktuellen Vorwürfe »erschüttern das Vertrauen der Politik in die Arbeit unserer Geheimdienste«, sagte Fahimi der »Passauer Neuen Presse«. »Es hat fast den Anschein, als sei der BND zu einem willfährigen Werkzeug der NSA geworden.«

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter äußerte die Erwartung, dass sich die Spähaffäre noch ausweitet. »Es steht zu befürchten, dass da noch weitaus mehr Dinge ans Tageslicht kommen als bisher bekannt«, sagte er der »PNP«.

Auch die Europäische Kommission, die möglicherweise ebenfalls ausspioniert wurde, erhöhte den Druck. »Das muss von den deutschen Behörden, einschließlich dem Parlament, gelöst werden«, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 2. Mai 2015


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