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Dollars für die CIA

Edward Snowden legt Etat der US-Geheimdienste offen. Milliarden für paramilitärische Kriegführung und Spionage

Von Philipp Schläger, New York *

Der US-Geheimdienst CIA erhält aus dem Staatshaushalt deutlich mehr Geld, als bisher bekannt gewesen ist. Das belegt ein 178seitiges Dokument, das die Washington Post von dem Whistleblower Edward Snowden erhalten und Ende vergangener Woche in Teilen veröffentlicht hat. Dem vertraulichen Budgetentwurf zufolge haben die Geheimdienste für das aktuelle Haushaltsjahr, das am 30. September endet, 54,6 Milliarden US-Dollar beantragt. Mit 14,7 Milliarden Dollar entfällt der größte Anteil, knapp ein Drittel, auf die CIA. Vor den Anschlägen vom 11. September 2001 hatte sie nur rund zehn Prozent der Gesamtmittel erhalten. Neben ihren klassischen Aufgaben der Spionage und der Nachrichtenauswertung ist die ursprünglich als Auslandsgeheimdienst gegründete Central Intelligence Agency auch wegen der Bespitzelung von US-Bürgern in die Schlagzeilen geraten und seit Jahren zunehmend auch paramilitärisch aktiv. So verantwortet die CIA die Drohnenangriffe in Ländern wie Jemen oder Pakistan, in denen die USA zumindest offiziell keinen Krieg führen. Die NSA, die mit ihren Schnüffelprogrammen zur Erfassung des weltweiten Datenverkehrs bislang als der Gigant unter den Geheimdiensten galt, verfügt demgegenüber »nur« über ein Budget von 10,8 Milliarden Dollar. Das National Reconnaissance Office, das für die Überwachungssatelliten zuständig ist, beantragte 10,3 Milliarden Dollar. Die Summen sind jedoch nur begrenzt aussagekräftig, da etwa die Kosten der Zuarbeit durch das Militär bei der Überwachung der elektronischen Kommunikation durch die NSA nicht mit eingerechnet sind.

Der Budgetentwurf spiegelt zunächst nur die Anforderung von Geldern für das Haushaltsjahr 2013 wider, nicht die Summe, die die Geheimdienste letztlich erhielten. Aufgrund der Ausgaben der vergangenen Jahre ist jedoch davon auszugehen, daß die tatsächlichen Beträge sehr nahe an den beantragten liegen. Die US-Administration veröffentlicht erst seit 2007 die Gesamtausgaben für das sogenannte »Black Budget«, gibt allerdings keinen Überblick darüber, wie das Geld verteilt und verwendet wird. Experten gehen davon aus, daß die Regierung seit dem 11. September 2001 rund 500 Milliarden Dollar für die Geheimdienste ausgegeben hat, ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den neunziger Jahren.

Neben der wachsenden Bedeutung der CIA zeige das Dokument erstmals in der Geschichte der USA auch im Detail, wie die Milliarden ausgegeben werden und welche Schwächen trotz dieses »Spionageimperiums« bleiben, so die Washington Post. Der Haushaltsantrag listet fünf Schwerpunkte der geheimdienstlichen Tätigkeit auf: den »Kampf gegen den Terrorismus«, das Vorgehen gegen die Weiterverbreitung unkonventioneller Waffen, die Warnung von US-Führungspersönlichkeiten vor drohende Gefahren, Cyberoperationen und Spionageabwehr. Die Geheimdienste würden zudem ihre »Bemühungen« fortsetzen, damit Libyen nicht zu einem »sicheren Hafen« für Terroristen wird, schrieb der Direktor der US-Geheimdienste, James R. Clapper, in seiner Einleitung zum Budgetantrag. Zudem werden in dem Papier die Schwachstellen der Geheimdienstarbeit benannt. So seien die Regierungen von China, Rußland und Iran schwer zu infiltrieren. Das härteste Ziel von allen sei jedoch Nordkorea. Im Zusammenhang mit der Spionageabwehr nennt das Dokument auch Israel, da dieses Land eine Geschichte von Spionageversuchen gegen die USA habe.

Die insgesamt 16 staatlichen US-Geheimdienste beschäftigen rund 107000 Menschen. Bei dieser Zählung werden allerdings Zehntausende Angestellte privater Unternehmen, die im Auftrag der Geheimdienste tätig sind, nicht mitgezählt. Schon in einer Serie der Washington Post aus dem Jahre 2010 unter dem Titel »Top Secret America« hatten Reporter die zunehmend außer Kontrolle geratene Geheimdienstindustrie der USA unter die Lupe genommen. Danach arbeiteten 45 Regierungsbehörden in 1271 Abteilungen und 1931 private Unternehmen an rund 10000 Orten in den USA auf dem Gebiet der Spionage. Edward Snowden selbst war beispielsweise für ein solches privates Unternehmen tätig.

* Aus: junge Welt, Montag, 2. September 2013


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