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Akribisch

Gabriele del Grande / Der Italiener erhält den Menschenrechtspreis von Pro Asyl

Von Christian Klemm *

Über Flüchtlinge, die versuchen, Europa zu erreichen und bei der Fahrt über das Mittelmeer umkommen, wird heute kaum noch berichtet. Zu viele Tote waren es in den vergangenen Jahren, so dass ein gekentertes Boot heute nur wenigen Zeitungen noch eine Schlagzeile wert ist. Gabriele del Grande, ein Journalist aus Rom, kämpft gegen die Verdrängung des Flüchtlingselends an. Sein Internetblog »Fortress Europe« ist zu einer wichtigen Dokumentationsstelle von Menschenrechtsverletzungen an den europäischen Außengrenzen geworden. Für seine Arbeit erhält er nun den Menschenrechtspreis der Frankfurter Stiftung Pro Asyl. »Mit seinen akribischen Recherchen macht del Grande die menschlichen Tragödien sichtbar, die hinter den Meldungen von Schiffbrüchen und Zurückweisungen stehen«, sagte Stiftungsvorstand Günter Burkhardt zur Begründung.

Der studierte Orientalist macht auf die Folgen der Kooperation Italiens mit der libyschen Staatsregierung aufmerksam. So hat er dokumentiert, wie die italienische Küstenwache seit Mitte Mai vergangenen Jahres etwa 1400 Bootsflüchtlinge nach Libyen gebracht hat. Dort seien sie nach Zeugenaussagen inhaftiert und gefoltert worden. Die Flüchtlinge kommen vorwiegend aus Staaten wie Somalia oder Eritrea, in denen viele Jahre Bürgerkrieg herrschte oder noch herrscht. Trotz der Misshandlungen strebt die Europäische Union eine Zusammenarbeit im Bereich der Flüchtlingsverhinderung mit Libyen an. Mit Italien hat das nordafrikanische Land bereits ein Abschiebeabkommen geschlossen.

Gabriele del Grande wurde 1982 im toscanischen Lucca geboren und arbeitet für die italienische Nachrichtenagentur »redattore sociale«. Vor ungefähr zwei Jahren sorgte er auch in Deutschland für Aufsehen. Damals veröffentlichte del Grande das Buch »Mamadous Fahrt in den Tod«, ein Reisebericht der ganz besonderen Art: Auf eigene Rechnung und eigene Faust ist der Toskaner durch Afrika gefahren, sprach mit Migranten und dokumentierte ihre Routen.

Der Menschenrechtspreis wird von Pro Asyl seit 2006 jährlich an Personen und Organisationen verliehen, die sich besonders für die Achtung der Menschenrechte und den Schutz von Flüchtlingen einsetzen.

* Aus: Neues Deutschland, 26. August 2010

Menschenrechtspreis 2010: PRO ASYL zeichnet den italienischen Journalisten Gabriele del Grande aus

Presseerklärung, 24.08.2010

Die STIFTUNG PRO ASYL verleiht ihren Menschenrechtspreis, die PRO ASYL-Hand, in diesem Jahr an den italienischen Journalisten Gabriele del Grande für seine mutigen Recherchen zur Situation von Flüchtlingen an Europas Außengrenzen sowie in Transitländern wie Libyen, Tunesien und Mali.

Del Grande dokumentiert wie kein anderer die dramatischen Folgen der Kooperation Italiens mit dem Diktator Gaddafi. Die italienische Küstenwache hat seit Mitte Mai 2009 über 1400 Bootsflüchtlinge in die "libysche Hölle" (O-Ton eritreische Flüchtlingsfrau) zurückverfrachtet. In Libyen werden Schutzsuchende inhaftiert, misshandelt, gefoltert und Flüchtlingsfrauen vergewaltigt. Dennoch strebt die Europäische Union mit diesem Regime eine umfassende Kooperation im Bereich der Fluchtverhinderung an.

Günter Burkhardt, Vorstand der STIFTUNG PRO ASYL: "Gabriele Del Grandes Dokumenta-tionen sind ein Appell an alle politisch Verantwortlichen endlich hinzusehen, Verantwortung zu übernehmen und die skandalöse Zusammenarbeit mit dem libyschen Regime einzustellen."

Del Grandes Blog "Fortress Europe" ist zu einer der wichtigsten Dokumentationsstellen von Menschenrechtsverletzungen an den europäischen Außengrenzen geworden. Mit seinen akribischen Recherchen macht del Grande die menschlichen Tragödien sichtbar, die hinter den Meldungen von Schiffbrüchen und Zurückweisungen stehen. Er trägt maßgeblich dazu bei, dass die Opfer des europäischen Grenzregimes nicht nur abstrakte Zahlen bleiben und zu Statistiken verkommen.

Der Menschenrechtspreis der STIFTUNG PRO ASYL wird seit 2006 jährlich verliehen. Aus-gezeichnet werden Personen und Organisationen, die sich in herausragender Weise für die Achtung der Menschenrechte und den Schutz von Flüchtlingen einsetzen.

Die Preisverleihung findet am 4. September 2010 um 14.00 Uhr im Ka Eins/Ökohaus, Kasseler Str. 1a in Frankfurt statt. Die Laudatio hält Ilija Trojanow, ein Schlusswort spricht Tom Koenigs, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe.

Quelle: Website von pro asyl; www.proasyl.de




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