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Geheime Militärhaushalte

Kriegerische Einsätze der EU werden teilweise aus zivilen Töpfen finanziert. Die Union verstärkt Investitionen in Rüstung und benötigt dafür eine Verfassung

Von Martin Hantke *

Eine neue Aufrüstungswelle rollt durch Europa. Während die nationalstaatlichen Militäretats nur geringfügig wachsen, wird der EU-Haushalt immer öfter für Rüstungsvorhaben aller Art genutzt. Gleichzeitig werden Ad-hoc-Mittelplanungen für den militärischen Kernbereich von EU-Militärmissionen erstellt. Auf diese Weise entstehen, weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, geheime EU-Militärbudgets, die Frieden und Sicherheit weltweit, aber auch in Europa gefährden.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier ist trotzdem voll des Lobes über die rasante Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), mit der zahlreiche Aufrüstungsvorhaben verknüpft sind: Sie »ist ein wichtiges Instrument, um dieses Ziel zu erreichen. 1999 wurde sie beim Europäischen Rat in Köln aus der Taufe gehoben, heute – nach sieben Jahren und 16 erfolgreichen Missionen– ist sie nicht mehr wegzudenken. Allein im letzten Jahr gab es zehn ESVP-Operationen (...). Dabei haben etwa 10000 Europäer in zivilen und militärischen Einsätzen auf drei Kontinenten dazu beigetragen, Krisen zu bewältigen, Frieden zu sichern und Konflikte zu verhüten« (Süddeutsche Zeitung vom 8.2.2007). Doch diese Einsatzintensität reicht noch nicht aus. So klagt der Verantwortliche für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Javier Solana, beständig über zu geringe Rüstungsausgaben zur Verwirklichung der ambitionierten Ziele der EU als Global Player. Ganz offen erklärte er auf der Berliner Konferenz zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik am 29. Januar 2007: »Wir müssen mehr und effizienter Geld ausgeben. Nur eine Handvoll Mitgliedstaaten geben über zwei Prozent des Bruttosozialprodukts für Verteidigung aus.«

Militarisierung von Steuergeldern

Im gültigen EU-Vertrag ist die Finanzierung von Militär- und Verteidigungsausgaben ausgeschlossen. Bei den »operativen« Ausgaben im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) gilt die »Ausnahme der Ausgaben aufgrund von Maßnahmen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen«. Zugleich ist festgelegt, daß Militärinterventionen »nach dem Bruttosozialproduktschlüssel zu Lasten der Mitgliedstaaten« (EU-Vertrag, Artikel 28 Absatz 3) finanziert werden müssen. Das heißt konkret: Zum einen werden die Kosten für Militärinterventionen nach dem NATO-Prinzip »Cost lie where they fall«, also nach dem Verursacherprinzip von den an Militärmissionen teilnehmenden Staaten übernommen, zum anderen wird direkt auf die Haushalte der Mitgliedstaaten zugegriffen, und darüber werden die restlichen Kosten finanziert.

Um auf diese Weise EU-Militäroperationen finanzieren zu können, schufen die Staats- und Regierungschefs am 23. Februar 2004 den sogenannten Athena-Mechanismus (Beschluß 2004/197/GASP des Rates). Er soll »zur Verwaltung der gemeinsamen Kosten der Operationen der Europäischen Union mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen« dienen. Bei der Benennung stand wie schon öfter die Antike Pate. Auf den Schulungsmaterialien des EU-Rates zu diesem Finanzierungsmechanismus erscheint das Konterfei der griechischen Göttin der Weisheit und Kriegskunst, Pallas Athene, in voller Rüstung.

Der Athena-Mechanismus der EU birgt ein ganz entscheidendes Problem, denn die Finanzierung bleibt weiterhin anteilig Sache der Mitgliedstaaten und kann nicht aus dem EU-Haushalt bestritten werden. Der Athena-Mechanismus dient unter anderem dazu, EU-Mittel für die Nutzung von NATO-Strukturen bei Militäroperationen der Europäischen Union an den Nordatlantikpakt zu überweisen. Damit kann zwar die Verwendung dieser Mittel, deren Höhe unbekannt ist, verschleiert werden und tendenziell der Haushaltskontrolle entzogen werden. Allein, es können nicht zusätzliche Gelder für neue Kriege und deren Vorbereitung akquiriert werden. Diese Beschränkungen wären durch das Inkrafttreten des EU-Verfassungsvertrages aufgehoben worden, da hier die Schaffung eines eigenständigen EU-Militärfonds, »Anschubfonds« (Artikel III-313) genannt, vorgesehen war. Aber seit Franzosen und Niederländer ihr deutliches Nein zur EU-Verfassung zu Protokoll gegeben haben, geht in dieser Hinsicht derzeit nichts mehr.

Gerade für die deutsche Regierung stellt sich die Frage, wie sie auch ohne eine Ratifizierung des Verfassungsvertrages eine deutliche Erhöhung der Militär- und Rüstungsausgaben bewerkstelligen kann. Denn der deutsche Militärhaushalt steigt in diesem Jahr zwar um 500 Millionen Euro, mit einem Anteil von 1,4 Prozent am Bruttosozialprodukt (BSP) bleibt er aber weiter hinter den Anforderungen einer intensiveren Vorbereitung für die neuen Kriege zurück. »Verteidigungs«minister Franz-Josef Jung beklagt deshalb öffentlich, daß eine Aufrüstungsverpflichtung – wie in den neuen NATO-Staaten, offiziell zwei Prozent des BSP für die Streitkräfte auszugeben – zur Zeit in Deutschland einfach nicht machbar sei. Deshalb bleibt allein der Weg zur Erhöhung der Militärausgaben über den EU-Haushalt.

Deutschland ist mit Abstand der größte Einzahler in das Brüsseler Budget. Es handelt sich bei diesen Beträgen durchgängig um Gelder, die aus nichtmilitärischen Haushaltstiteln stammen und die nicht in die Berechnung der deutschen Militärausgaben ausgehen. Die heimliche Militarisierung via EU-Haushalt ist also der Königsweg, um möglichst ohne jede öffentliche Debatte die eigenen militärischen Fähigkeiten massiv auszubauen. Bei solchem Vorgehen kann sich die Bundesregierung auf die Brüsseler EU-Rats- und Kommissionsbürokratie verlassen, die mit ihren Finanzierungstricks ein hohes Maß an Kreativität an den Tag legt.

Finanzierung militärischer Einsätze

Während also die Finanzierung militärischer Einsätze der ESVP aus dem EU-Budget verboten ist, sieht es bei zivilen Missionen anders aus. Diese kann die EU-Kommission aus dem Haushalt finanzieren. Darunter können per definitionem aber auch militärische Maßnahmen wie Entwaffnungsoperationen, Rettungsaktionen, Beobachtermissionen oder paramilitärische Polizeientsendungen fallen (Kommission der Europäischen Gemeinschaften, 28.11.2001, Nr. 647). Dies führt dazu, daß immer mehr militärische Einsätze im Rahmen der ESVP zivil ummantelt werden, damit sie aus dem EU-Budget finanziert werden können. Jüngste Beispiele sind die eingeleitete Polizeimission in Afghanistan und die geplante Stationierung von robusten Polizeikräften im Kosovo. Für die Entsendung von 160 Polizeiausbildern nach Afghanistan wurde beschlossen, 40 Millionen Euro im Jahr 2007 einzusetzen. Alles natürlich aus den zivilen Haushaltstiteln. Bei der ESVP-Mission in Aceh in Indonesien vom 9. September 2005 bis zum 15. März 2006 trugen die EU-Militärbeobachter, obwohl mit militärischen Dienstgraden unterwegs, zivile Hemden –dies auch, damit ihre Mission zusätzlich zu den Beiträgen der Mitgliedstaaten mit neun Millionen Euro aus dem Gemeinschaftshaushalt finanziert werden konnte. Auch die paramilitärische EU-Unterstützungsmission für die palästinensische Polizei in Rafah an der Grenze des Gaza­streifens nach Ägypten wurde mit 7,6 Millionen Euro aus dem EU-Budget versorgt.

Wenn sich eine militärische Aktion nur schlecht als zivile Maßnahme deklarieren läßt, verfällt man auf den Trick der Mischfinanzierung, um so beispielsweise den Aufbau afrikanischer Streitkräfte doch aus einem zivilen Haushaltstopf bezahlen zu lassen. Für die AMIS-II-Mission im Sudan wurden so immerhin 212 Millionen Euro aus dem Europäischen Entwicklungsfonds (EDF) bezahlt. Auch bei der ESVP-Mission in Mazedonien wurden 1,5 Millionen Euro aus dem Gemeinschaftshaushalt finanziert. Die operationellen Kosten werden dann aus dem EU-Kommissionsbudget genommen und die sogenannten Verwaltungskosten unter der Rubrik »EU-Rat« beglichen.

Selbst bei offiziell militärischen Interventionen werden nur die operationellen Kosten von den Mitgliedstaaten übernommen. Die als Verwaltungskosten bezeichneten Beträge belasten auch hier den EU-Haushalt. Unter dem Titel »Rat des EU-Haushaltes« verbergen sich mittlerweile reihenweise Budgetlinien mit militärischen Bezügen. Allein 2005 wurden so 39 Millionen Euro für die Bestellung von Infrastruktur im Zusammenhang mit der ESVP ausgegeben. Für die Bezahlung u. a. von Militärberatern fielen im selben Jahr 9,3 Millionen Euro an. Diese von den Verantwortlichen selbst geschaffene Komplexität und Unübersichtlichkeit trägt dazu bei, eine wirksame demokratische Haushaltskontrolle unmöglich zu machen. Sie dienen der Schaffung von militärischen Schattenhaushalten. Dies geht so weit, daß schon die Verwaltung des Europäischen Parlaments Alarm schlägt. Beinahe verzweifelt erinnert sie EU-Rat und EU-Kommission daran, daß »die Europäisierung der Verteidigungspolitik dazu tendiert die Fähigkeit der nationalstaatlichen Parlamente, eine effektive Kontrolle auszuüben, [zu] unterminieren«. Sie fordert deshalb eine Haushaltskontrolle des Europäischen Parlaments in diesen Bereichen. Außerdem empfiehlt sie für künftige ESVP-Missionen »die Einhaltung des Völkerrechts«, denn »wie sich gezeigt hat, fehlt militärischen Operationen ohne Mandat des UN-Sicherheitsrats die Legitimität« (European Parliament, Budgetary Support Unit, 6.10.2006, S. 35).

Für ein friedliches Europa sieht die Zukunft düster aus. Für die Haushaltsperiode 2007 bis 2013 sollen von der EU insgesamt rund 50 Milliarden Euro für die Sicherheits- und Außenpolitik ausgegeben werden, was einer Steigerung von 29 Prozent entspricht. Unter der Ausgabenrubrik »Die Europäische Union als globaler Partner« wurden folgende finanziellen Instrumente geschaffen: ein Instrument für Heranführungshilfe (10,2 Milliarden Euro), ein europäisches Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (10,6 Milliarden Euro); Entwicklungszusammenarbeit und wirtschaftliche Zusammenarbeit (15,1 Milliarden Euro), ein Stabilitätsinstrument (2,5 Milliarden Euro) und die Budgetlinie Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) (1,7 Milliarden Euro) (siehe SWP-Aktuell vom Juli 2006: swp-berlin.org/de/common/get_document.php?asset_id=3115). Aus all diesen Töpfen sollen Maßnahmen mit militärischen Bezügen bezahlt werden.

Die Finanzierung der EU-Militärmissionen bleibt hingegen offen. Es ist mit Blick auf den Haushalt völlig unklar, wie ESVP-Einsätze finanziert werden sollen. Allerdings ist aufgrund der bisherigen Praxis und der inhaltlichen Ausrichtung der finanziellen Instrumente anzunehmen, daß die Entscheidungsträger verstärkt eine Mischfinanzierung anstreben. Besonders geeignet dafür ist das ganz im Orwellschen Sprachduktus benannte, »Stabilitätsinstrument«. Zusätzlich zur bisherigen Kofinanzierung aus dem Europäischen Entwicklungsfonds läßt sich mit dem Stabilitätsinstrument nahezu jede mögliche militärische EU-Aktion mitfinanzieren. Für seine Einrichtung hatte sich insbesondere die Grünen-Politikerin Angelika Beer, Berichterstatterin des Europäischen Parlaments zu diesem Thema, zusammen mit dem christdemokratischen Vorsitzenden des Unterausschusses Sicherheit und Verteidigung des Europäischen Parlaments, Karl von Wogau, stark gemacht.

Eine weitere nicht ausgewiesene Erhöhung der Militär- und Rüstungsausgaben ist im EU-Forschungshaushalt vorgesehen. Für die neue Förderperiode werden für die sogenannte Sicherheits- und Rüstungsforschung bis 2013 1,6 Milliarden Euro eingeplant. Zu den Vorhaben, die aus diesem Topf finanziert werden, zählt unter anderem die Entwicklung von sogenannten Raketenabwehrsystemen. Zusätzlich werden diese Projekte aus den Forschungshaushalten der großen Mitgliedstaaten gesponsert. Von 2004 bis 2006 hatte die Europäische Kommission erstmals in der Geschichte der EU einen Pilothaushalt für Rüstungsforschungsprojekte angelegt. Mit der Realisierung letzterer wurden fast ausschließlich die großen europäischen Rüstungsunternehmen wie BAE Systems, EADS und Thales betraut. Bei EADS soll so auch ein Teil der Verluste aus dem Airbusgeschäft abgefangen werden. Im Vergleich zu 2005 erhöhte sich das Unternehmensergebnis vor Zinsen und Steuern im Verteidigungsbereich von 201 Millionen auf 348 Millionen Euro, auch in der Geschäftssparte Hubschrauber und Militärtransporter ist 2006 ein starker Gewinnanstieg zu verzeichnen (FAZ vom 10.3.2007).

Star Wars auf europäisch

Gegenüber den Militärprojekten in der Raumfahrt und Satellitentechnik nehmen sich die Kosten für die laufenden Militäroperationen geradezu als Peanuts aus. Bei ersteren geht es zum einen um militärisch nutzbare Raumfahrtforschung in Zusammenarbeit mit der European Space Agency (ESA). Dazu werden im siebten EU-Forschungsrahmenprogramm rund 100 Millionen Euro für die Entwicklung von Satellitenkommunikation zur Verfügung gestellt. Weitere 100 Millionen Euro kommen für unterstützende Maßnahmen im Sicherheitsbereich hinzu. Das eigentliche militärische Leuchtturmprojekt heißt aber GMES (Global Monitoring for Environment and Security). Ursprünglich für Umweltbeobachtungen konzipiert, soll GMES bis 2008 Entscheidungsträgern die Möglichkeit geben, Krisensituationen im Bereich Umwelt und Sicherheit besser vorhersehen und auf diese besser reagieren zu können. Der Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) ist ausdrücklich in die Nutzeranwendungen eingeschlossen. GMES wird durch Beiträge der EU, der ESA, der Mitgliedstaaten und des Privatsektors finanziert. Von 2007 bis 2013 sollen aus dem EU-Budget nahezu vier Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Dazu kommt eine Finanzierung in Höhe von 253 Millionen Euro durch die ESA aus einem veranschlagten Budget von insgesamt 8,2 Milliarden Euro bis zum Jahr 2013.

Unter dem Haushaltstitel »Energie und Transport« wird des weiteren das Projekt Galileo gefördert. Hier soll ein globales Navigationssystem mit 30 Satelliten entstehen. Als EU-Finanzierung schlugen dabei bis 2005 schon für die Entwicklungsphase 1,1 Milliarden Euro zu Buche. Für die Fortentwicklung bis 2007 werden weitere 700 Millionen Euro von der EU-Kommission bezahlt werden. Der Rest von 1,4 Milliarden Euro kommt aus der Privatwirtschaft. Für Wartungskosten werden rund 220 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt, die aus dem EU-Budget finanziert werden sollen.

Aus Kommissionskreisen ist jetzt zu erfahren, daß zur Zeit neue Verhandlungen über Galileo laufen. Die Firmen des federführenden Industriekonsortiums – unter ihnen die britische Immarsat, die französische Thales und der deutsch-französische Konzern EADS – wollen die Bestimmungen der Verträge neu aushandeln, damit die Rüstungskonzerne in Zukunft nicht mehr für die Infrastruktur bezahlen, aber im Gegenzug alle Rechte auf die Systemnutzung erhalten. Das geht selbst EU-Rat und EU-Kommission zu weit. Intern wird sogar überlegt, das ganze Projekt platzen zu lassen und nicht länger als Public Private Partnership weiterzuführen.

Hintergrund ist eine Kostenexplosion bei Galileo aufgrund der gewollten verstärkten militärischen Nutzung. Bisher wurde seitens der EU-Verantwortlichen immer der zivile Charakter des Projekts betont, nun setzt aber auch EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot selbst erklärtermaßen auf eine Militarisierung. Dazu kommt, daß die Europäische Rüstungsagentur (EDA) ein Mandat erhalten hat, an den militärischen Aspekten von Galileo zu arbeiten. Ein erster Schritt war die Beauftragung der EDA mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie über Satcom, das deutsche militärische Satellitenkommunikationssystem, das für 2008 geplant ist. Die Gefährlichkeit dieser Entwicklung kann gar nicht hoch genug eingestuft werden. Denn zum einen wird die Militarisierung der GASP extrem beschleunigt werden, zum anderen geht es den beteiligten Firmen darum, mit Hilfe ihres Galileo-Engagements eine industrielle Grundlage aufzubauen, um für die Erstellung eines »US-Raketenabwehrschilds« in Polen und Tschechien Angebote abgeben zu können. Dies wäre dann der europäische Beitrag zur atomaren Entwaffnung Rußlands zugunsten der USA – finanziert aus den militärischen Geheimhaushalten der EU.

Verfassungsvertrag für Militär

Um gemeinsame militärische Projekte voranzubringen, soll jetzt die Zusammenarbeit zwischen EU und NATO intensiviert werden. Außenminister Steinmeier fordert deshalb, daß eine »echte strategische Partnerschaft, bei der sich die EU und die NATO in ihren jeweiligen Stärken klug ergänzen«, entwickelt wird (Süddeutsche Zeitung vom 8.2.2007). Der EU-Verfassungsvertrag, der eigene EU-Militärfonds ermöglichen würde, soll auch deshalb schnell kommen. Denn, so Steinmeier weiter: »All dies wird nicht gelingen, wenn nicht auch die ESVP entwickelt wird. Mit dem Verfassungsvertrag würden wichtige Schritte getan – ein Grund mehr, weswegen wir ihn brauchen.«

Jetzt haben sich die EU-Staats- und Regierungs­chefs darauf verständigt, daß die Berliner Erklärung zum 50. Jahrestag der Römischen Verträge zur Beförderung der EU-Verfassung genau diesen Begriff vermeidet. Mit der Betitelung des neuen EU-Vertrages als »europäische Verfassung« war zuviel Widerstand geweckt worden. Am Vorhaben, Substanz zu erhalten, wird allerdings auch eine Umbenennung in »Grundlagenvertrag« durch die Staats- und Regierungschefs nichts ändern – insbesondere nicht im militärischen Bereich. Die Verankerung eines EU-Militärfonds und eine besser abgesicherte Fortführung der EU-Schattenmilitärhaushalte sind für die künftigen Aufrüstungsvorhaben an der Seite der NATO für Merkel und Co. einfach zu wichtig.

* Martin Hantke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Europaabgeordneten Tobias Pflüger, arbeitet im Beirat der Informationsstelle Militarisierung und ist aktiv im Netzwerk europeanwatch

Aus: junge Welt, 7. April 2007



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