EU-Streitmacht: Bis 2003 soll schnelle Eingreiftruppe Kriege führen können
Von Ein paar "operative Fragen" bleiben aber noch offen - "Bremsklotz" Griechenland
Beim EU-Gipfel in Laeken am 14. und 15. Dezember ging es auch um die weiteren Festlegungen für den Aufbau der schon früher beschlossenen EU-Einsatzkräfte. In der Internetzeitung ngo-online (immer lesenswert!) fanden wir am 14. Dezember folgenden Bericht über die Ergebnisse der Beratungen.
Im Jahr 2003 soll eine 60.000 Soldaten umfassende schnelle
Eingreiftruppe der Europäischen Union einsatzbereit sein. Mit der
Eingreiftruppe möchte die EU weltweit Kriege führen können, um eigene
Interessen durchzusetzen. Die erste Runde des Treffens der Staats- und
Regierungschefs der 15 EU-Mitglieder im belgischen Königsschloss
Laeken brachte am Freitag allerdings noch nicht den erwarteten
Durchbruch für die Bildung der Truppe. Für Außenminister Joschka
Fischer (Grüne) geht es nur noch um "operative Fragen". Zu Details der
schwierigen Gespräche mochte sich der deutsche Minister nicht äußern.
Aber aus der niederländischen Delegation hieß es, dass grundsätzlich
geklärt werden muss, ob es nicht eines förmlichen Vertrages zwischen
EU und NATO bedürfe.
Immerhin haben die Europäer sich darauf verständigt, keine
Parallelstrukturen zur NATO zu schaffen, sondern im Krisenfall auf die
Fähigkeit und Möglichkeiten der Allianz zurückzugreifen.
Auf dem EU-Gipfel von Helsinki wurde im Dezember 1999 beschlossen,
dass unter Rückgriff auf vorhandene Streitkräfte Truppen bis Korpsstärke
in einer Größenordnung von 50.000 bis 60.000 Mann - lageabhängig um
Luftwaffen- und Marineeinheiten verstärkt - innerhalb von 60 Tagen
verlegt werden und mindestens ein Jahr durchhalten können sollen. Bei
einer so genannten Beitragskonferenz im November 2000 wurden von
den EU-Mitgliedstaaten nationale Beiträge zum militärischen Planziel
gemeldet. Dieser im "Helsinki Force Catalogue" zusammengefasste
Pool soll spätestens ab 2003 verfügbar sein.
Kurz vor Vollendung der Planungs- und Kommandostrukturen stellte sich
die Türkei quer - strategische Südostflanke der NATO aber eben kein
Mitglied der EU. Erst nach längerem Handel willigte die Türkei ein, ihre
NATO-Einrichtungen auch EU-geführten Operationen zur Verfügung zu
stellen. Nun, so wird aus Delegationskreisen berichtet, wollen die
Griechen ihren Widerstand gegen eine engere Einbindung der Türkei
"durch die Hintertür" nicht mittragen. Ganz vergessen wird dabei, dass
bereits seit vorigem Jahr ein Beschluss existiert, wonach "Staaten, die
beträchtliche Streitkräfte zu einer EU-geführten Operation beisteuern, bei
ihrer laufenden Durchführung dieselben Rechte und Pflichten wie die
teilnehmenden EU-Staaten" haben werden.
Dennoch bleibt der EU-Zugang zu NATO-Mitteln und -Fähigkeiten eine
offene Flanke, die auch Laeken noch nicht schließen wird. Schließlich
geht es um einen "gesicherten ständigen Zugang zu den
Planungskapazitäten der NATO sowie Annahme der Verfügbarkeit vorab
identifizierter Mittel und Fähigkeiten für EU-geführte Operationen". Der
EU-Beauftragte für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Javier
Solana, wollte am Freitag nicht von "Problemen" sprechen. Es werde an
entsprechenden Vereinbarungen gearbeitet, "dafür werden wir aber noch
einige Zeit brauchen".
Fischer sagte am Freitag, es sei noch offen, wann es zu einer ersten
"Operation" dieser Eingreiftruppe komme. Für die
Afghanistan-Friedenstruppe, bei der die EU bereits "Gesicht zeigen"
wolle, wäre es ohnehin zu spät. "Selbst wenn wir wollten, wir könnten gar
nicht. Uns fehlen einfach noch die Strukturen."
Text unter Verwendung von Material von ddp, in: www.ngo-online.de, 14. 12. 2001
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