"...die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik zügig weiter voranzubringen"
Die deutsch-französische Erklärung von Freiburg im Wortlaut
Am 12. Juni tage in Freiburg der deutsch-französische Sicherheitsrat, die politischen Spitzen also der beiden Länder. Am Ende der Gespräche gab es eine gemeinsame Erklärung, die in nur leicht verklausulierter Form die Aufrüstungspläne der beiden größten westlichen Kontinentalmächte offenlegt. Hübsch, wie aus der "deutschen Leitkultur" in dem Kommuniquee eine "europäische Sicherheits- und Verteidigungskultur" entstanden ist. Von da ist es nicht mehr weit bis zu einer "Kultur des Krieges". Sehr verhalten fällt die Kritik an den US-Raketenabewehrplänen aus. Da hat sich wohl die weiche Linie Schröders durchgesetzt. Chirac liebt da schon eher deutliche Worte gen Bush. Wir dokumentieren die Erklärung in der Fassung des Bundespresseamtes.
Deutsch-französischer Verteidigungs- und Sicherheitsrat
Erklärung von Freiburg, 12 June 2001
1. Deutschland und Frankreich bekräftigen ihre Entschlossenheit, die
Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik zügig weiter
voranzubringen, damit die Europäische Union im internationalen Rahmen
ihre Rolle in vollem Umfang spielen kann. Die Europäische Union muss
in die Lage versetzt werden, über die gesamte Bandbreite des zivilen und
militärischen Instrumentariums zur Verhinderung und Bewältigung von
Krisen zu verfügen. Die ausgewogene Entwicklung ziviler und
militärischer Fähigkeiten verleiht der EU ihren besonderen Charakter auf
dem Gebiet der Krisenbewältigung. Deutschland und Frankreich werden
sich bei den weiteren Schritten zur Erreichung einer raschen
Einsatzbereitschaft der Union eng abstimmen. In Übereinstimmung mit
dem in Nizza vorgegebenen Ziel wird ein entsprechender Beschluss
spätestens auf dem ER von Laeken gefasst werden. Das Vorgehen der EU
bei der Entwicklung der ESVP ist offen und transparent. Deutschland und
Frankreich bekräftigen die große Bedeutung, die sie dem Dialog, der
engen Konsultation und der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den
europäischen Verbündeten und anderen Beitrittkandidaten sowie der
Konsultation und der Zusammenarbeit mit der NATO beimessen. In
dieser Hinsicht befriedigt uns die Umsetzung der in Nizza
verabschiedeten Vereinbarungen in besonderem Maße, auf deren
Grundlage sich insbesondere die Zusammenarbeit in der Balkanregion
fortentwickelt hat. Deutschland und Frankreich setzen sich dafür ein, die
beim Washingtoner Gipfel gefassten Beschlüsse bezüglich des Zugriffs
der EU auf Fähigkeiten und Mittel der NATO ohne weitere Verzögerung
umzusetzen.
2. Deutschland und Frankreich sind überzeugt, dass es keine europäische
Sicherheits- und Verteidigungspolitik ohne die Entwicklung einer echten
europäischen Sicherheits- und Verteidigungskultur geben kann. Dazu ist
eine gemeinsame Ausbildung des zivilen und militärischen
Führungspersonals erforderlich. Deutschland und Frankreich werden
daher ihren Partnern in der Europäischen Union die Errichtung eines
Europäischen Sicherheits- und Verteidigungskollegs vorschlagen. Die
Ausbildung stützt sich auf ein Netzwerk, das sowohl von dem Kolleg,
aber auch den bestehenden nationalen Einrichtungen gebildet wird.
3. Deutschland und Frankreich begrüßen den am 7. Juni 2001 in Berlin
gefassten Beschluss der in der European Air Group vertretenen Länder,
im September 2001 eine europäische Koordinierungszelle für
Lufttransport im niederländischen Eindhoven aufzustellen. Sie stellt
einen bedeutenden Meilenstein für eine verstärkte und effizientere
Zusammenarbeit in Europa auf dem Gebiet des militärischen
Lufttransportes dar. Deutschland und Frankreich betrachten die
Einrichtung der Koordinierungszelle als einen ersten Schritt auf dem
Weg zu einem europäischen Lufttransportkommando. (..)
4. Deutschland und Frankreich, die anlässlich der Luftfahrtausstellung in
Le Bourget ihre Beschaffungsabsicht bzgl. des gemeinsamen
Lufttransportflugzeuges Airbus A-400M bestätigen werden, sind sich
darin einig, ein gemeinsames Konzept für die Zusammenarbeit bei der
Einführung und bei dem Betrieb des A-400M zu entwickeln. (..)
5. Deutschland und Frankreich messen der Entwicklung einer
europäischen Fähigkeit zur satellitengestützten Aufklärung als einem
herausragenden Beitrag für präventive militärische und zivile
Krisenbewältigung hohe Priorität bei. Sie haben ein gemeinsames
bedarfsbegründendes Dokument erarbeitet. Damit ist ein erster wichtiger
Schritt zur Schaffung eines europäischen satellitengestützten
Aufklärungsverbundes vollzogen. Deutschland und Frankreich wollen die
diesbezüglichen Gespräche mit Italien und Spanien fortsetzen und sie auf
andere interessierte europäische Partner ausdehnen.
6. Wir haben auch die Vorstellungen der USA über eine neue
Verteidigungsstrategie und Raketenabwehr erörtert, die sie den
europäischen Bündnispartnern bei hochrangigen Konsultationen und bei
den Tagungen der Außen- und Verteidigungsminister der NATO in
Budapest und Brüssel vorgetragen haben. Deutschland und Frankreich
messen der Weiterverfolgung dieses Konsultationsprozesses mit allen
seinen Aspekten hohe Bedeutung zu. Er sollte in enger Abstimmung mit
den Mitgliedstaaten der Europäischen Union fortgesetzt werden.
7. Deutschland und Frankreich sind der Auffassung, dass die Risiken der
Verbreitung von Raketentechnik und von Massenvernichtungswaffen eine
Verstärkung der multilateralen Instrumentarien zur Verhinderung der
Proliferation notwendig machen. Sie stimmen darin überein, dass die
europäische Union eine Initiative auf der Grundlage einer weltweiten
Beachtung des Verhaltenskodexes des Missile Technology Control
Regime ergreifen sollte. Die Einnahme einer gemeinsamen Position der
EU zum Kampf gegen die Verbreitung der Raketentechnik würde diese
Initiative untermauern und könnte darauf hinzielen, zum geeigneten
Zeitpunkt eine internationale Konferenz zu dieser Thematik abzuhalten.
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