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Weltweite "Ertüchtigung"

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit stellte in Berlin ihren Jahresbericht vor. Kooperation mit Bundeswehr verschwiegen

Von Roland Zschächner *

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist ein Unternehmen der Bundesrepublik. 2011 ging sie aus dem Zusammenschluß der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, des Deutschen Entwicklungsdienstes und der gemeinnützigen GmbH Internationale Weiterbildung und Entwicklung hervor. Das Geschäftsmodell besteht darin, Gelder aus staatlichen und zum geringeren Teil auch privaten Aufträgen und Projekten der sogenannten Entwicklungshilfe, Politikberatung und Studien zu erwirtschaften. Das politische Ziel der GIZ ist die weltweite Durchsetzung von deutschen Interessen – auf nicht-militärischem Weg. Vorstandssprecherin Tanja Gönner versteht die GIZ als »den Dienstleister für die ganze Bundesregierung«.

Am Donnerstag fand in Berlin die Jahrespressekonferenz der Staatsfirma statt. Für Gönner war »das Geschäftsjahr 2013 sehr erfolgreich«. Das freute auch den anwesenden Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und GIZ-Aufsichtsratsvorsitzenden Friedrich Kitschelt. Er lobte den »vorbildlichen Einsatz« des Unternehmens. Und Gönner unterstrich, daß die Entwicklungsagentur eines der »global attraktivsten Unternehmen Deutschlands« sei, sozusagen ein »Global Player der internationalen Zusammenarbeit«.

Die Geschäftszahlen des »Global Players« für das vergangene Jahr sind bestens: Insgesamt hat die GIZ Aufträge in Höhe von 2,3 Milliarden Euro akquiriert, Hauptauftraggeber war mit 1,5 Milliarden Euro das BMZ, gefolgt vom Auswärtigen Amt und dem Umwelt- sowie dem Wirtschaftsministerium. Daneben gab es Aufträge von der Europäischen Union, Stiftungen, Privatunternehmen und anderen Staaten wie den Niederlanden oder Australien. Mit Saudi-Arabien wurde das erste Tochterunternehmen der GIZ gegründet, das Berufsschullehrer ausbildet.

In den Präsentationen von Kitschelt und Gönner fand ein Posten im Unternehmensbericht keine Erwähnung: Rund sechs Millionen Euro kamen 2013 vom Verteidigungsministerium – 2012 waren es noch 2,4 Millionen. Der ehemalige Entwicklungsminister und Reserveoffizier Dirk Niebel (FDP) hat bereits im Januar 2010 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verlautbaren lassen, daß »die Aktivitäten unserer Hilfsorganisationen dort konzentriert werden sollen, wo die Bundeswehr aktiv ist«. 2011 wurde dazu zwischen GIZ und Bundeswehr eine »Kooperationsvereinbarung« unterzeichnet (siehe jW-Thema vom 11.7.2013).

Auf Nachfrage von junge Welt waren weder Gönner noch Kitschelt diese Ideen geläufig. Die Vorstandssprecherin verwies lieber auf die »vernetzte Sicherheit« in Afghanistan. Zu dieser gehöre beispielsweise, daß Bauten für die Bundeswehr errichtet wurden. Und auch nach dem Abzug der Militärs aus Faisabad und Kundus, »setzen wir unsere Arbeit fort«, sagte Gönner. Um auszuführen, daß für die GIZ »jede Form des Militärischen« eine Grenze sei. Und Kitschelt versicherte, daß kein Cent in Rüstung fließen würde. Braucht es auch nicht, denn die »Entwicklungshilfe ›Made in Germany‹«, wie Kitschelt sie nannte, setzt nicht auf Waffen: »Es geht um Ertüchtigung.« Wie diese aussieht, beschrieb Gönner an Griechenland, das »ein Beispiel für die gestiegene Nachfrage unserer Leistungen in neuen Märkten ist«. Dort arbeitet die GIZ seit dem Zusammenbruch des Landes mit Mitteln der Weltgesundheitsorganisa­tion an einer Reform des durch das Diktat von EU und Internationalen Währungsfonds kaputtgesparten Gesundheitswesens. Außerdem werden mit Geldern der EU-Kommission in ausgewählten Kommunen Modelle für Budgetplanung nach neoliberalen Prämissen entwickelt. »Wertorientierte Entwicklungspolitik« nennt das Kitschelt.

* Aus: junge Welt, Freitag 13. Juni 2014


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