F: Die PDS hat gestern (8. Februar 2001) im Bundestag die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zur DU-Muntion gefordert. Hat so eine Forderung denn Erfolgsaussichten?
Es wäre außerordentlich wünschenswert, daß es Erfolg hat. Tatsache ist aber, daß dazu 25 Prozent der Stimmen erforderlich sind und fraktionsübergreifend nicht gestimmt werden kann. Und PDS und Grüne zusammen kommen nicht auf 25 Prozent. Zudem würden die Grünen im Konflikt mit ihrem Koalitionspartner SPD geraten. Wünschenswert wäre ein Untersuchungsausschuß unter allen Umständen, denn die Informationspolitik der Bundesregierung ist absolut unzulänglich.
F: Nun hat Verteidigungsminister Scharping schon eine Expertenkommission zur Sache eingerichtet. Warum genügt das nicht?
Eine Expertenkommission ist im Prinzip gut. Aber nicht, wenn dieser Expertenkommission nur Persönlichkeiten angehören, die sich nicht zu der Thematik DU geäußert haben. Alle diese Mitglieder sind sicherlich hochrangige Experten, keiner ist mir aber als DU-Fachmann bekannt. Geschweige denn als Kritiker. Dadurch wird das Ergebnis vorwegbestimmt.
F: Sie haben für das Anti-Diskriminierungsnetzwerk und zwei weitere Organisationen schon im April 2000 eine Resolution zur Ächtung des Gebrauchs von DU-Munition veröffentlicht. Was ist mit dieser Resolution bis heute geschehen?
Diese Resolution ist die weltweit weitestgehende, denn sie schließt den zivilen Gebrauch ein. Sie ist an 100 Regierungen gegangen. Die Antworten waren sehr unbefriedigend. Vor allem in Anbetracht dessen, daß über zwei UN-Resolutionen hinweggesehen wird, die die Ächtung von DU beinhalten.
F: In dieser Resolution werden auch mögliche Folgen von einem DU-Einsatz genannt.
Die DU-Munition ist tödlich für Mensch, Tier und Pflanze. Das zeigen die Ergebnisse des Einsatzes im zweiten Golfkrieg, in Bosnien und in Jugoslawien. 67 Prozent der amerikanischen Golfkriegs-Veteranen haben genetisch mißgebildete Kinder. Das gleiche gilt für die irakische, kuweitische und in Teilen auch die saudi-arabische Zivilbevölkerung. Es kommt praktisch zu einer Unbewohnbarmachung des Landes, denn Uran hat eine Halbwertzeit von viereinhalb Milliarden Jahren. Auf diese Weise werden langfristig die Menschen ausgerottet. Denn der Stoff gelangt in den ökologischen Kreislauf und führt dann zu den bereits jetzt bekannten genetischen Schäden.
F: Das würde auch das Zögern auf Regierungsebene erklären. Denn wenn die toxischen Folgen anerkannt würden, wären Entschädigungen fällig.
Es geht um Milliardenbeträge an Entschädigung. Es gibt Tausende von Opfern. Nur Dänemark stellt eine Ausnahme dar, indem es die Golfkriegsopfer anerkannt und sie zum Teil entschädigt hat. In allen anderen Ländern wird zum Teil mit kriminellen Methoden versucht, diese Leute abzuweisen. Es gibt auch Urkundenfälschungen bei der Festsetzung des Beschädigungsgrades. Unabhängig davon, daß DU als Verursacher nicht anerkannt wird. Hinzu kommt, daß diese Menschen in qualvoller Weise sterben. Die Menschen wissen das genau. Was sich in den letzten zehn Jahren nach dem Golfkrieg im Jahr 1991 abgespielt hat, wiederholt sich jetzt in Jugoslawien, in Bosnien und im Kosovo. Offene Forschung ist deshalb elementar wichtig, denn die Opfer finden sich heute auch in den USA, in Kanada, in Australien und in allen europäischen Ländern.
Interview: Harald Neuber