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"Nicht vergleichbar"

Von der Leyen weist Krim-Kosovo-Parallelen zurück *

Gibt es Parallelen zwischen der Krim-Krise und dem Kosovo-Konflikt? Von der Leyen betont bei die Unterschiede – und widerspricht Altkanzler Schröder.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat eine Gleichsetzung der russischen Annexion der Krim mit dem Kosovo-Konflikt zurückgewiesen. Bei einem Truppenbesuch in Kosovo widersprach sie am Donnerstag Altkanzler Gerhard Schröder, der das militärische Eingreifen der NATO auf dem Balkan vor 15 Jahren als völkerrechtswidrig bezeichnet hatte. »Diese Auffassung teile ich nicht«, sagte von der Leyen. Im Gegensatz zur Krim habe es in Kosovo »deutliche Hinweise, Beweise und Berichte gegeben, von schweren Menschenrechtsverletzungen, von einem drohenden Völkermord«.

Schröder hatte vor einigen Wochen gesagt, dass er mit der Entsendung von Tornado-Kampfflugzeugen in den Kosovo-Konflikt ohne UN-Mandat selbst gegen das Völkerrecht verstoßen habe. Russland und China hatten sich damals im Sicherheitsrat gegen ein Eingreifen gestemmt. Den NATO-Luftangriffen waren Berichte über Gräueltaten von Serben an der albanischen Bevölkerungsmehrheit in Kosovo vorausgegangen.

Der russische Präsident Wladimir Putin vergleicht die Annexion der Krim mit der Abspaltung Kosovos. Von der Leyen sagte, auf der Krim sei die Ausgangslage eine völlig andere gewesen: »Wo waren die Anrufungen der Vereinten Nationen? Wo war die Bitte an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, tätig zu werden? Wo war der Aufruf an die Völkergemeinschaft? All das hat nicht stattgefunden. Und deshalb sind die beiden Situationen nicht miteinander vergleichbar.«

* Aus: neues deutschland, Freitag 16. Mai 2014


Nicht zu vergleichen

Uwe Kalbe über hartnäckige Fehldeutungen zu Kosovo und Krim **

Ursula von der Leyen findet den Kosovo-Konflikt nicht vergleichbar mit dem um die Krim. Sie widerspricht damit Altkanzler Gerhard Schröder, der eingeräumt hatte, dass es für das Eingreifen der NATO 1999 kein UNO-Mandat gab und deshalb nachträglich von einem völkerrechtswidrigen Einsatz sprach. Von der Leyen will diesen Einsatz und die Beteiligung Deutschlands daran nachträglich rechtfertigen; was will man von einer Bundesverteidigungsministerin anderes erwarten? Und darin dürfte sie auch Schröders Zustimmung haben. Der allerdings sieht eine machtpolitische Parallele zwischen NATO und Russland – quasi nach dem Motto: Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Das entlastet Putin nach seiner Ansicht offenbar.

Doch es ist schwer erträglich, wenn die Zerstörung ziviler Gebäude, Brücken und Industrieanlagen, wenn die Ermordung Tausender am Kosovo-Konflikt unbeteiligter Menschen in Jugoslawien für legitim gehalten würde ab dem Moment, wenn das Okay der Vereinten Nationen vorläge. Und das ist der entscheidende Unterschied zwischen der Lostrennung der Krim von der Ukraine und der Abtrennung Kosovos von Serbien. Russland hat keineswegs eine völkerrechtswidrige Abtrennung der Krim durch völkerrechtswidrige Bombardements der Ukraine erzwungen. Es muss sich weder für das gewissenlose Herbeilügen von Kriegsgründen rechtfertigen noch für Massenmord.

** Aus: neues deutschland, Freitag 16. Mai 2014 (Kommentar)


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