18 Milliarden Euro für "Bundeswehr-Reisen"
LINKE kritisiert Ausgaben für Krieg und Militär und fordert, sich Auslandseinsätze "im Wortsinn" zu sparen
Von René Heilig *
Allein 2013 Jahr gab die Bundeswehr für ihre Auslandsmissionen 1,0817 Milliarden Euro zusätzlich aus. Damit erhöhen sich die einsatzbedingten Zusatzausgaben seit 1992 auf rund 18 Milliarden Euro.
Die Bundeswehr – und so steht es im Grundgesetz – ist eigentlich eine Truppe zur Verteidigung des eigenen Territoriums. Doch seit 1992 beteiligt sie sich an unterschiedlichen Auslandseinsätzen und seit 1994 an bewaffneten Missionen, die per Mandat vom Bundestag abgesegnet werden.
Derzeit sind 4700 Soldatinnen und Soldaten in solchen Einsätzen. Die können natürlich nicht aus dem normalen »Heimatbudget« bestritten werden. Also erdachte man den Begriff »einsatzbedingte Zusatzkosten« und richtete einen Haushaltstitel ein.
Der umfasst nur jene Kosten, die unmittelbar durch die deutsche Beteiligung an den Auslandseinsätzen entstehen. Also nicht die Gehälter der eingesetzten Soldaten, wohl aber sind die gezahlten Auslandsverwendungszuschläge enthalten. Nicht die Uniformen, wohl aber bestimmte »Accessoires«, die der Soldat in der Ferne braucht.
Im Ministerium, dem Einsatzführungskommando, aber auch in den Einheiten hat man zwar vielfältige Erfahrungen bei der Kostenplanung, doch kann es vorkommen, dass man beispielsweise in Afghanistan feststellt: Hoppla, wir haben nicht die richtigen Zielfernrohre für die G 22- und die G 24-Gewehre. Um die Aufständischen richtig ins Visier nehmen zu können, muss man also solche Einrichtungen beschaffen. Die kosten ja nur 100 000 Euro.
Und natürlich braucht man Munition. Viele Kämpfe, viel Verbrauch. Schon wieder sind 100 000 Euro weg. Dann mussten 2013 am Schützenpanzer Fenneck eine nachtsichtfähige Rückfahrtsichteinrichtung und noch ein paar andere Dinge nachgerüstet werden. Das läppert sich – weg ist die Million.
Man fährt sicherer in Afghanistan, wenn ein Störsender im Transportpanzer installiert ist, die Luna-Drohne sieht mehr, wenn man ein Bauteil für 400 000 Euro beschafft und dann noch ein anderes für 1,7 Millionen. Damit es im gepanzerten »Eagel«-Fahrzeug nicht aussieht wie bei »Hempels unterm Sofa«, braucht man Waffenhalterungen. Und ehe man sich versieht, sind für den ISAF-Einsatz am Hindukusch 82,4 Millionen Euro im Bereich Beschaffung ausgeben. Dagegen sind die Materialeinkäufe für die anderen Einsätze geradezu bescheiden: Der EU-Marineeinsatz zur Vertreibung der somalischen Piraten rechnete 1,3 Millionen ab, KFOR in Kosovo genehmigte sich 100 000 Euro weniger. Unterm Strich entfielen für alle Einsätze 87,5 Millionen Euro auf militärische Beschaffungen und 39,8 Millionen Euro gab man für militärische Anlagen aus.
Zugegeben, manches ist nicht nur eigennützig. 16,1 Millionen Euro hat die Truppe für bauliche Veränderungen im Stützpunkt Kundus ausgegeben. Dort zog die Bundeswehr im vergangenen Jahr ab. Ob und wie die nachrückenden afghanischen Sicherheitskräfte dankbar sind, steht nicht in dem Bericht. Wohl aber weiß man, dass es da nicht zum Besten bestellt ist.
Den Bericht hat der Haushaltspolitiker der Bundestagslinken Michael Leutert vom Verteidigungsministerium erbeten. Er hofft, dass die baulichen Einrichtungen in Afghanistan für die Zivilgesellschaft genutzt werden. Insgesamt jedoch betont er die Ansicht seiner Partei, »dass man sich Auslandseinsätze im Wortsinn sparen sollte«. Für die über eine Milliarde Euro, die pro Jahr für Kriege und Militär ausgegeben werden, könnte man wahrlich solide Entwicklungshilfe leisten.
Um beim »Spiel« der Millionen gründlich zu sein. Der ursprüngliche Plan sah für 2013 Ausgaben in Höhe von 900 Millionen Euro vor. Da der Plan jedoch fortlaufend den Realitäten angepasst wird, erhöhte sich die Summe auf 1,31 Milliarden Euro. Real ausgegeben wurden besagte rund 1,082 Millionen Euro. Es gibt dennoch keinen Grund für das Verteidigungsministerium, sich ob der eingesparten 230 Millionen Euro als Hort der Sparsamkeit zu feiern. Gegenüber dem ursprünglichen Ansatz steht man mit fast 200 000 Euro im Minus. Zudem ist festzuhalten, dass bestimmte Kosten noch nicht im Bericht für 2013 »kassenwirksam« wurden, weil Instandsetzungsarbeiten nicht rechtzeitig erledigt werden konnten. Man wird die Summe auf die 2014er Rechnung draufschlagen.
Mitte letzten Jahres hat die Bundesregierung die einsatzbedingten Zusatzkosten seit 1992 zusammengerechnet. Es waren 17,0525 Milliarden Euro. Mit den im vergangenen Jahr aufgelaufenen Zusatzkosten dürfte die 18 Milliarden-Grenze für »Bundeswehr-Reisen« überschritten sein.
* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 21. Mai 2014
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