Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Neue Waffen für weniger Soldaten

Parlamentarier segnen Rüstungswünsche ab

Von René Heilig *

Im Auftrag des Bundeswehrverbandes hat die TU Chemnitz Soldaten vom Kompaniefeldwebel aufwärts mit einem Fragebogen beglückt. 2223 militärische und 93 zivile Führungskräfte antworteten und bekannten sich mehrheitlich zu ihrer Unzufriedenheit. 52,5 Prozent bezeichneten den sogenannten Umsteuerungsbedarf bei den Streitkräften als groß, 22,9 Prozent als sehr groß.

Wichtigster Kritikpunkt ist die fehlende berufliche Planungssicherheit. Durch die Umstrukturierung fehlten vor allem Mannschaften. Zwar stünden auf vielen Kompanie-Sollstärke-Papieren 150 Frauen und Männer, doch beim Antreten stünden nicht selten nur 40 Leute im Glied. Verbandschef Oberst Ulrich Kirsch forderte eine Art Anschubfinanzierung, damit vorübergehend bis zu 10 000 Mannschaftssoldaten eingestellt werden.

Darüber beraten die Mitglieder des Haushalts- und des Verteidigungsausschusses, die sich heute zu den letzten Sitzungen vor der Sommerpause treffen, nicht. Die Regierung will noch rasch vor dem Ende der Legislatur ein paar wichtige Rüstungsvorhaben durchbringen. Rund 800 Millionen Euro werden für das neue Satellitenaufklärungssystem SARah bereitgestellt. Damit will die Truppe die offensichtlich ertragreichen SAR-Lupen-Satelliten ersetzen.

Eurocopter-Hubschrauber des 145er Typs fordern die Spezialkräfte der Bundeswehr. Das KSK in Calw soll nun die ersten 15 bekommen. Kostenpunkt: 194 Millionen Euro. Behandelt wird die neu zwischen dem Verteidigungsministerium und dem europäischen Rüstungsriesen EADS ausgehandelte Vertragsreduzierung bei den NH-90- und die Tiger-Hubschrauber. Weniger Gerät kostet jedoch fast gleich viel: Statt 8,3 Milliarden Euro sind nun 8,1 Milliarden veranschlagt.

Auf der Wunschliste des Militärs stehen 12 733 Maschinengewehre. Doch man ist im Haus de Maizière vorsichtig geworden angesichts der Kritik an den G36-Sturmgewehren, mit denen Heckler&Koch satte Profite macht. Vom neuen MG 5 will man zunächst nur 65 Nachweismuster im Wert von 2,76 Millionen bestellen.

* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 26. Juni 2013


Null-Bock-Harmonie

Von René Heilig **

Heute will der Verteidigungsausschuss mal wieder zum Untersuchungsausschuss mutieren. Es geht um die leidige Drohnen-Beschaffungsgeschichte. Nachdem die SPD mit grüner Schützenhilfe das Feuer auf Minister de Maizière eröffnet hatte und dieser nur ziemlich angeschossen dem Scharmützel entkommen konnte, herrscht nun eine seltsame Null-Bock-Mentalität bei den Kontrahenten. Die Union scheint bereit für maximale Transparenz in Sachen »Euro Hawk«. Die SPD ist zufrieden, dass ihr Kanzlerkandidat Steinbrück, der als Haushälter einen Anteil an der dreistelligen Millionenverschleuderung hat, nicht als Zeuge geladen wird. Auch die drei kleinen Parteien FDP, LINKE und Grüne sind – obgleich doch Wahlkampf ist und die Medien sich für die Saure-Gurken-Zeit wappnen – noch nicht beim Wetzen verbaler Messer beobachtet worden. Harmonie kann hilfreich sein, wenn man tatsächlich um gemeinsame Aufklärung bemüht ist – oder wenn man das Gegenteil anstrebt. Bis Ende August – so viel Zeit bleibt dem Untersuchungsausschuss, um Fehler zu erkennen und zu benennen – ist ohnehin nicht viel zu reißen. Lohnt da das stupide Studieren von Akten? Zumal die Alternative verlockend ist. Sie lautet: Genieß' den Urlaub!

Was die Sache mit den Drohnen insgesamt betrifft, so sind sich Union, SPD und FDP einig: Ohne sie sei auf Dauer keine Bundeswehr im Einsatz denkbar. Den Robotern gehört die Zukunft, nicht nur bei der strategischen Aufklärung, sondern auch beim Kampf im Lande Irgendwo.

* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 26. Juni 2013 (Kommentar)

De Maizière agiert als trojanisches Pferd der Rüstungsindustrie

"Der Verteidigungsminister agiert als trojanisches Pferd der Rüstungsindustrie", kommentiert Inge Höger, abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im deutschen Bundestag, die Kritik des Bundesrechnungshofes an Thomas de Maizières Hubschrauber-Deals.

Höger weiter:

"Wie bereits beim EURO-Hawk-Drohnenskandal scheint Thomas de Maizière bei Rüstungsbeschaffungen allein die Interessen der Rüstungsindustrie zu vertreten. Anstatt die massiven Probleme und Mängel bei der Produktion des Kamphubschraubers TIGER und des Transporthubschraubers NH90 dazu zu nutzen, insgesamt aus diesen Rüstungsdeals auszusteigen, macht er auf Kosten der SteuerzahlerInnen Geschenke an die Rüstungskonzerne. Wer bei einer Reduzierung der Bestellung um über 30 Prozent nur einen Preisnachlass um 2 Prozent verhandelt und das noch als Erfolg verkauft, der sollte seinen Posten wirklich so schnell wie möglich räumen. Anstatt für mehr als 8 Milliarden Kriegsgerät zu kaufen und die Rüstungsindustrie zu stärken, wie es der Minister tut, setzt sich DIE LINKE für eine Konversion der Rüstungsindustrie in zivile Produktion ein."




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