Geheimdienst auf dem Prüfstand
Regierungskommission stellt mehrheitlich den Militärischen Abschirmdienst in Frage
Von Aert van Riel *
Die Bundesregierung hat die sogenannten
Anti-Terror-Gesetze nach den
Anschlägen vom 11. September 2001
prüfen lassen. In dem nun vorliegenden
Bericht konnten sich die Verfasser
bei ihren Empfehlungen allerdings
zumeist nicht einigen.
Der Sicherheitshardliner Hans-
Peter Friedrich (CSU) und die liberalere
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger (FDP) sind selten
einer Meinung. »Die Spannbreite
der Auffassungen ist groß«, beschrieb
der Bundesinnenminister
gestern bei einem gemeinsamen
Pressegespräch blumig den Dissens.
Er hatte Anfang des Jahres
auf Drängen von Leutheusser-
Schnarrenberger gemeinsam mit
ihr eine Kommission eingesetzt,
die die sogenannten Sicherheitsgesetze
seit den Terroranschlägen
vom 11. September 2001 untersuchen
sollte. Nach sieben Monaten
Arbeit wurde nun der Bericht der
sechsköpfigen Kommission in
Berlin präsentiert.
Die Kommission war von beiden
Ministerien paritätisch besetzt
worden. Ihr Auftrag war es, »die
Sicherheitsarchitektur unter dem
Gesichtspunkt des Spannungsfeldes
zwischen Sicherheit und Bürgerrechten
« zu überprüfen, wie es
Leutheusser-Schnarrenberger
formulierte. Ebenso wie zwischen
den beiden Ministern gab es auch
zwischen den Kommissionsmitgliedern
kaum Einigkeit. Eines der
wenigen gemeinsamen Anliegen
von Friedrich und Leutheusser-
Schnarrenberger ist die im Bericht
empfohlene Stärkung des Generalbundesanwalts
bei der sogenannten
Terrorismusbekämpfung.
Wenig begeistert äußerte sich
Friedrich zu der von einigen Kommissionsmitgliedern
angeregten stärkeren Kontrolle des Bundeskriminalamtes
(BKA). Dieses solle
unter die Aufsicht eines Kontrollgremiums
des Bundestags gestellt
werden, weil das BKA quasi geheimdienstliche
Befugnisse habe.
Leutheusser-Schnarrenberger
sprach hingegen von einem »guten
Ansatz«. Außerdem befürwortete
sie eine gesetzliche Grundlage für
die Arbeit des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums
GTAZ und ähnlicher Behörden.
Vier der sechs Mitglieder der
Kommission stellen auch den Sinn
und Zweck des Militärischen Abschirmdienstes
(MAD) in Frage. Es
solle geprüft werden, ob die Aufgaben
des Bundeswehr-Geheimdienstes
nicht besser vom Bundesverfassungsschutz
oder dem
Bundesnachrichtendienst übernommen
werden könnten. Friedrich
lehnt das ab. Laut Medienberichten
hatten Beamte des Verteidigungsministeriums
verlangt, vor
der Veröffentlichung des Berichts
ein kritisches Kapitel über den
MAD nicht in das Gutachten aufzunehmen.
Das Ministerium hatte
den Vorwurf zurückgewiesen, aber
auch betont, dass eine »hervorgehobene
Behandlung« des MAD den
Aufgaben der Kommission widerspreche.
Die LINKE-Politikerin Ulla
Jelpke vermisste in dem Bericht
eine »klare Absage an die freiheitsfeindliche
Tendenz der sogenannten
Sicherheitspolitik seit
2001«. SPD-Parlamentsgeschäftsführer
Thomas Oppermann konstatierte
eine »Blockade der beiden
Koalitionspartner in der Sicherheitspolitik
«. Das Statement zielte
wohl auch auf den schwarz-gelben
Dauerstreit über die Vorratsdatenspeicherung,
die unter Sozialdemokraten
viele Unterstützer hat.
* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 29. August 2013
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