Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Geheimdienst auf dem Prüfstand

Regierungskommission stellt mehrheitlich den Militärischen Abschirmdienst in Frage

Von Aert van Riel *

Die Bundesregierung hat die sogenannten Anti-Terror-Gesetze nach den Anschlägen vom 11. September 2001 prüfen lassen. In dem nun vorliegenden Bericht konnten sich die Verfasser bei ihren Empfehlungen allerdings zumeist nicht einigen.

Der Sicherheitshardliner Hans- Peter Friedrich (CSU) und die liberalere Sabine Leutheusser- Schnarrenberger (FDP) sind selten einer Meinung. »Die Spannbreite der Auffassungen ist groß«, beschrieb der Bundesinnenminister gestern bei einem gemeinsamen Pressegespräch blumig den Dissens. Er hatte Anfang des Jahres auf Drängen von Leutheusser- Schnarrenberger gemeinsam mit ihr eine Kommission eingesetzt, die die sogenannten Sicherheitsgesetze seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 untersuchen sollte. Nach sieben Monaten Arbeit wurde nun der Bericht der sechsköpfigen Kommission in Berlin präsentiert.

Die Kommission war von beiden Ministerien paritätisch besetzt worden. Ihr Auftrag war es, »die Sicherheitsarchitektur unter dem Gesichtspunkt des Spannungsfeldes zwischen Sicherheit und Bürgerrechten « zu überprüfen, wie es Leutheusser-Schnarrenberger formulierte. Ebenso wie zwischen den beiden Ministern gab es auch zwischen den Kommissionsmitgliedern kaum Einigkeit. Eines der wenigen gemeinsamen Anliegen von Friedrich und Leutheusser- Schnarrenberger ist die im Bericht empfohlene Stärkung des Generalbundesanwalts bei der sogenannten Terrorismusbekämpfung.

Wenig begeistert äußerte sich Friedrich zu der von einigen Kommissionsmitgliedern angeregten stärkeren Kontrolle des Bundeskriminalamtes (BKA). Dieses solle unter die Aufsicht eines Kontrollgremiums des Bundestags gestellt werden, weil das BKA quasi geheimdienstliche Befugnisse habe.

Leutheusser-Schnarrenberger sprach hingegen von einem »guten Ansatz«. Außerdem befürwortete sie eine gesetzliche Grundlage für die Arbeit des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums GTAZ und ähnlicher Behörden.

Vier der sechs Mitglieder der Kommission stellen auch den Sinn und Zweck des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) in Frage. Es solle geprüft werden, ob die Aufgaben des Bundeswehr-Geheimdienstes nicht besser vom Bundesverfassungsschutz oder dem Bundesnachrichtendienst übernommen werden könnten. Friedrich lehnt das ab. Laut Medienberichten hatten Beamte des Verteidigungsministeriums verlangt, vor der Veröffentlichung des Berichts ein kritisches Kapitel über den MAD nicht in das Gutachten aufzunehmen. Das Ministerium hatte den Vorwurf zurückgewiesen, aber auch betont, dass eine »hervorgehobene Behandlung« des MAD den Aufgaben der Kommission widerspreche.

Die LINKE-Politikerin Ulla Jelpke vermisste in dem Bericht eine »klare Absage an die freiheitsfeindliche Tendenz der sogenannten Sicherheitspolitik seit 2001«. SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann konstatierte eine »Blockade der beiden Koalitionspartner in der Sicherheitspolitik «. Das Statement zielte wohl auch auf den schwarz-gelben Dauerstreit über die Vorratsdatenspeicherung, die unter Sozialdemokraten viele Unterstützer hat.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 29. August 2013


Zurück zur Bundeswehr-Seite

Zurück zur Geheimdienst-Seite

Zurück zur Homepage